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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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keine andere Wahl, als zu bleiben, Sassenach. Sobald wir ihm Einhalt geboten haben, könnte es eine Möglichkeit geben zurückzugehen - vielleicht aber auch nicht. Doch im Augenblick muß ich das Angebot Seiner Hoheit dankend ablehnen.«
    Ich tätschelte seinen Schenkel. »Ich habe mir schon gedacht, daß du das sagen würdest.«
    Er lächelte mich an, dann beäugte er stirnrunzelnd die gelbliche Creme, die an meinen Fingern haftete. »Was ist das eigentlich für ein Zeug?«
    »Monsieur Forez hat es mir gegeben. Er hat nicht gesagt, wie es heißt. Ich glaube zwar nicht, daß es wirksame Substanzen enthält, aber es ist eine schöne Fettsalbe.«
    Jamies Körper versteifte sich, als er auf das blaue Töpfchen sah. »Monsieur Forez hat es dir gegeben?« murmelte er voll Unbehagen.
    »Ja«, entgegnete ich überrascht. »Was ist denn los?« Er schob meine cremeverschmierten Hände weg, schwang die Beine von der Chaiselongue und griff nach einem Handtuch.
    »Hat der Tiegel eine Lilie auf dem Deckel, Sassenach?« fragte er, während er sich die Salbe vom Bein wischte.
    »Ja«, sagte ich. »Jamie, was ist denn so schlimm an der Salbe?« Sein Gesichtsausdruck, zwischen Entsetzen und Heiterkeit schwankend, war äußerst merkwürdig.
    »Oh, ich würde nicht sagen, daß sie schlimm ist, Sassenach«, antwortete er schließlich. Er hatte sich das Bein so fest abgerieben, daß sich die lockigen Härchen auf der geröteten Haut sträubten, dann warf er das Handtuch beiseite und betrachtete nachdenklich das Töpfchen.
    »Monsieur Forez muß eine hohe Meinung von dir haben, Sassenach. Das Zeug ist ziemlich teuer.«
    «Aber...«
    »Nicht, daß ich es nicht zu schätzen wüßte«, versicherte er mir eilig. »Es ist nur, daß ich selbst schon mal kurz davor war, zu einem
Bestandteil dieser Salbe verarbeitet zu werden. Deshalb ist mir ein bißchen mulmig zumute.«
    »Jamie!« rief ich. »Was ist das für ein Zeug?« Ich griff nach dem Handtuch und wischte mir hastig die Hände ab.
    »Das Fett von Gehenkten«, sagte er widerstrebend.
    »G-g-g...« Ich brachte das Wort nicht über die Lippen und setzte noch einmal an. »Du meinst...« Ich bekam eine Gänsehaut; die Härchen standen ab wie Nadeln im Nadelkissen.
    »Äh, aye. Das ausgelassene Fett von gehenkten Verbrechern«, erwiderte er fröhlich. Er gewann seine Fassung ebensoschnell wieder, wie ich meine verlor. »Gut gegen Rheumatismus und Gelenkschmerzen, sagt man.«
    Ich entsann mich, wie sorgfältig Monsieur Forez jene Teile einsammelte, die bei seinen Operationen im Höpital des Anges übrigblieben, und an den merkwürdigen Blick, den mir Jamie zugeworfen hatte, als mich der große chirurgien nach Hause gebracht hatte. Meine Knie wurden weich, und mir wurde flau im Magen.
    » Jamie, wer in drei Teufels Namen ist Monsieur Forez ?« schrie ich.
    Nun gewann die Heiterkeit eindeutig die Oberhand.
    »Er ist der Henker des Fünften Arrondissements, Sassenach. Ich dachte, du wüßtest es.«
     
    Feucht und durchgefroren kehrte Jamie aus dem Hof zurück, wo er sich abgeschrubbt hatte, da dort etwas großzügigere sanitäre Einrichtungen vorhanden waren, als ihm die Waschschüssel in unserem Schlafzimmer bieten konnte.
    »Keine Sorge, ich hab alles abgekriegt«, versicherte er mir, zog das Hemd aus und schlüpfte nackt unter die Decke. Er hatte eine Gänsehaut und fröstelte, als er mich in die Arme nahm.
    »Was ist denn, Sassenach? Ich rieche doch nicht danach, oder?« fragte er, da ich mich unter das Bettzeug verkroch und die Arme über der Brust kreuzte.
    »Nein«, sagte ich. »Ich habe Angst, Jamie. Ich blute.«
    »Lieber Gott«, sagte er leise. Ich spürte, wie ihn bei meinen Worten die Furcht packte, so wie sie mich gepackt hatte. Er zog mich an sich, liebkoste mein Haar und meinen Rücken, aber wir empfanden beide dieselbe entsetzliche Hilflosigkeit. So stark er war, er konnte mich nicht beschützen; sosehr er mir auch helfen
wollte, es gab nichts, was er tun konnte. Zum erstenmal war ich in seinen Armen nicht sicher, und dieses Wissen jagte uns beiden Angst ein.
    »Glaubst du...«,begann er, dann hielt er inne und schluckte. Ich spürte, wie er das Schaudern und seine Angst hinunterschluckte. »Ist es schlimm, Sassenach? Was bedeutet das?«
    »Ich weiß nicht.« Ich klammerte mich an ihn, um Halt zu finden. »Es blutet nicht stark, bis jetzt noch nicht.«
    Die Kerze brannte noch. Mit sorgenvollem Blick sah er mich an.
    »Soll ich nicht lieber jemanden holen, Claire? Eine Heilerin,

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