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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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eine der Frauen aus dem Spital?«
    Ich schüttelte den Kopf und leckte mir die trockenen Lippen.
    »Nein. Ich glaube... ich glaube nicht, daß man etwas dagegen machen kann.« Gerade das hatte ich nicht sagen wollen. Mehr als alles in der Welt wünschte ich, es gäbe jemanden, der die Sache in Ordnung bringen konnte. Aber ich erinnerte mich an die Anfangszeit meiner Schwesternausbildung, an die paar Tage, die ich in der Entbindungsstation gearbeitet hatte, an das Achselzucken eines Arztes, der vom Bett einer Frau kam, die eine Fehlgeburt gehabt hatte. »Im Grunde kann man nichts machen«, hatte er gesagt. »Wenn Mütter ein Kind verlieren, ist man machtlos, ganz gleich, was man versucht. Bettruhe ist wirklich das einzige, und selbst das reicht oft nicht.«
    Vielleicht hat es ja nichts zu bedeuten«, versuchte ich, uns beiden Mut zuzusprechen. »Es ist nicht außergewöhnlich, wenn während der Schwangerschaft leichte Blutungen auftreten.« Es war nicht außergewöhnlich, nicht während der ersten drei Monate. Ich war aber bereits im sechsten Monat, und da war es durchaus außergewöhnlich. Dennoch konnte eine Blutung durch ganz verschiedene Faktoren ausgelöst werden, und nicht alle waren besorgniserregend.
    »Vielleicht ist ja alles in Ordnung.« Ich legte die Hand auf den Bauch und drückte sanft. Sofort bekam ich Antwort, einen trägen Knuff des Babys, und gleich ging es mir besser. Ich verspürte eine so innige Dankbarkeit, daß mir die Tränen in die Augen traten.
    »Sassenach, was kann ich tun?« flüsterte Jamie. Seine Hand legte sich schützend auf meine.
    »Einfach beten«, sagte ich. »Bete für uns, Jamie.«

23
    Wer zuletzt lacht ...
    Am nächsten Morgen hatte die Blutung aufgehört. Ich stand vorsichtig auf, aber alles ging gut. Dennoch lag auf der Hand, daß ich meine Tätigkeit im Hôpital des Anges nun einstellen mußte, und ich schickte Fergus mit einem kurzen erklärenden Brief zu Mutter Hildegarde. Als er wiederkam, brachte er neben ihren Segenswünschen und Grüßen ein bräunliches Elixier mit, das sich - dem beiliegenden Briefchen zufolge - bei den maitresses sage-femme höchster Wertschätzung erfreute, da es Fehlgeburten verhinderte. Nach der Erfahrung mit Monsieur Forez’ Salbe war ich nicht geneigt, irgendwelche Heilmittel zu nehmen, die ich nicht selbst zubereitet hatte, aber durch vorsichtiges Schnuppern überzeugte ich mich, daß zumindest die Zutaten rein botanischen Ursprungs waren.
    Zögernd versuchte ich einen Teelöffel voll. Die Medizin war bitter und hinterließ einen üblen Nachgeschmack, aber allein dadurch, daß ich etwas tat - auch wenn es höchstwahrscheinlich nichts half -, ging es mir besser. Den Großteil des Tages verbrachte ich nun auf der Chaiselongue, wo ich las, döste, nähte oder einfach Löcher in die Luft starrte.
    Das heißt, solange ich allein war. Wenn Jamie daheim war, verbrachte er die meiste Zeit mit mir, und wir besprachen die Tagesgeschäfte oder die neuesten Briefe der Jakobiten. König James hatte offenbar von der beabsichtigten Investition seines Sohnes gehört und begrüßte sie als »...sehr vernünftigen Plan, der, wie ich glaube, Beträchtliches dazu beitragen wird, Dich in dem Dir zukommenden Stil zu versorgen«.
    »Offenbar denkt James, das Geld sei nur dazu bestimmt, Charles das Leben eines Edelmanns von Rang zu ermöglichen«, bemerkte ich. »Glaubst du, er hat nur das im Sinn? Heute nachmittag war
Louise hier. Sie sagt, Charles sei letzte Woche bei ihr gewesen - habe darauf bestanden, sie zu sehen, obwohl sie ihn zunächst nicht empfangen wollte. Sie sagt, er sei wegen irgend etwas sehr erregt gewesen. Er wollte ihr aber nicht sagen, weswegen, sondern machte nur mysteriöse Andeutungen über etwas Großartiges, das er in Angriff nehmen wolle. Von einem ›großen Abenteuer‹ hat er gesprochen. Das klingt nicht nur nach einer Investition in Portwein, oder?«
    »Keineswegs.« Jamies Gesicht verdüsterte sich bei dem Gedanken.
    »Hm«, sagte ich. »Alles in allem möchte ich wetten, daß Charles nicht vorhat, sich mit dem Gewinn aus seiner Unternehmung als ehrlicher Pariser Kaufmann niederzulassen.«
    »Wenn ich eine Spielernatur wäre, würde ich meinen letzten Penny darauf verwetten«, meinte Jamie. »Doch jetzt stellt sich die Frage, wie halten wir ihn auf?«
     
    Die Antwort kam ein paar Tage später nach ausgiebigen Diskussionen und zahlreichen nutzlosen Vorschlägen. Murtagh war bei uns im Schlafzimmer, er hatte mir von den Docks mehrere

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