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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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bald nach, und als ich einen Topf mit Wasser und einer Handvoll Pfefferminzblätter und schwarzen Johannisbeeren aufsetzte, hatte Jamie schon aufgehört zu zittern.
    »Was ist das?« fragte er argwöhnisch und schnupperte, als ich ein weiteres Gefäß aus meinem Korb zog und öffnete. »Du willst hoffentlich nicht, daß ich das trinke? Es riecht wie eine zu lange abgehangene Ente.«
    »Du hast es fast erraten«, sagte ich. »Das ist Gänseschmalz, mit Kampfer vermischt. Damit reibe ich dir jetzt die Brust ein.«
    »Nein!a Mit einem Ruck zog er die Decke schützend bis zum Kinn hoch.
    »Doch«, sagte ich, keinen Widerspruch duldend.
    Während der Einreibeprozedur merkte ich plötzlich, daß wir einen Zuschauer hatten. Fergus stand am anderen Ende des Bettes
und beobachtete fasziniert, was ich tat. Seine Nase triefte. Ich nahm mein Knie von Jamies Magengrube und streckte ihm ein Taschentuch entgegen.
    »Was machst denn du hier?« fragte Jamie und versuchte sein Nachthemd herunterzuziehen.
    Fergus schien durch diese wenig freundliche Begrüßung nicht besonders irritiert. Ohne das ihm angebotene Taschentuch zu beachten, wischte er sich die Nase an seinem Hemdsärmel ab und starrte weiter mit unverhohlener Bewunderung auf Jamies fettglänzende muskulöse Brust.
    »Der dünne Milord schickt mich, ein Päckchen zu holen, das Sie angeblich für ihn bereitgelegt haben. Haben alle Schotten so viele Haare auf der Brust, Herr?«
    »Um Himmels willen! Die Berichte habe ich ja ganz vergessen! Warte, ich bringe sie Cameron selbst!««rief Jamie und wollte sich im Bett aufsetzen. Dabei kam er mit der Nase beinahe an die Brust, um die ich mich eben so bemüht hatte.
    »Puh!« Er fächelte sich mit seinem Nachthemd Luft zu, um den durchdringenden Geruch zu verscheuchen, und wandte sich anklagend an mich: »Wie soll ich diesen Gestank bloß wieder loswerden? Soll ich vielleicht so unter die Leute, stinkend wie eine tote Gans, Sassenach?«
    »Ganz bestimmt nicht«, erwiderte ich. »Du bleibst ruhig im Bett liegen und rührst dich nicht, sonst bist du eine tote Gans.« Ich setzte meine allerstrengste Miene auf.
    »Ich kann das Päckchen hinbringen, Herr«, versicherte Fergus.
    »Das wirst du nicht«, sagte ich, als ich die geröteten Wangen und die glänzenden Augen des Jungen sah. Ich legte ihm eine Hand auf die Stirn.
    »Jetzt sag bloß nicht«, bemerkte Jamie sarkastisch, »daß er Fieber hat.«
    »Doch.«
    »Ha«, wandte er sich an Fergus mit einem Ausdruck düsterer Genugtuung. »Jetzt bist du an der Reihe. Mal sehen, wie es dir gefällt, wenn sie dich einseift.«
    Kurze Zeit später lag auch Fergus auf seinem Strohsack am Feuer, dick in Decken eingepackt, mit Gänseschmalz eingerieben und mit Kräutertee versorgt. Beiden Patienten hatte ich ein sauberes Taschentuch in Reichweite gelegt.

    »Und jetzt«, verkündete ich und wusch mir dabei ausgiebig die Hände, »werde ich dieses wertvolle Päckchen mit Berichten zu Mr. Cameron bringen. Ihr beide bleibt brav im Bett liegen, trinkt heißen Tee, ruht euch aus und putzt euch die Nase - in dieser Reihenfolge. Verstanden, die ganze Kompanie?«
    Jamies gerötete Nasenspitze bewegte sich langsam hin und her, als er seinen Kopf schüttelte.
    »Machtbesessen«, seufzte er mißbilligend und blickte zur Zimmerdecke. »Eine sehr unweibliche Haltung.«
    Ich drückte ihm einen Kuß auf die heiße Stirn und nahm meinen Umhang vom Kleiderhaken.
    »Wie schlecht du die Frauen kennst, mein Lieber«, erwiderte ich.
     
    Bei Ewan Cameron liefen die Fäden dessen zusammen, was man den Geheimdienst von Holyrood nennen könnte. Sein Quartier befand sich an einem Ende des Westflügels in der Nähe der Küche. Wohl nicht ganz zufällig, wie ich mutmaßte, als ich einmal den Appetit dieses Mannes aus der Nähe beobachten konnte. Vermutlich hat er einen Bandwurm, dachte ich, als ich sein ausgemergeltes Gesicht sah, während er das Päckchen öffnete und die Berichte herausnahm.
    »Alles in Ordnung?« fragte ich nach einer Weile.
    Er zuckte zusammen, hob den Kopf und blinzelte mich an.
    »Hm? Oh!« Hastig entschuldigte er sich: »Verzeihung, Mistress Fraser. Wie unhöflich von mir, Sie einfach hier stehenzulassen. Ja, es scheint alles in Ordnung zu sein - höchst interessant. Würden Sie bitte so freundlich sein und Ihrem Gemahl ausrichten, daß ich diese Angelegenheit so bald wie möglich mit ihm besprechen möchte? Ich habe gehört, daß er sich im Augenblick nicht wohl fühlt«, fügte er taktvoll hinzu und

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