Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
ich.

    »... und Fleisch von meinem Fleische«, antwortete er leise. Keiner von uns beiden war in der Lage, den Schwur mit den Worten »bis wir unser Leben aushauchen« zu vollenden, doch mit schmerzhafter Deutlichkeit hingen sie im Raum. Schließlich lächelte er wehmütig.
    »Über den Tod hinaus«, sagte er fest und zog mich wieder an sich.
     
    »Frank«, sagte er irgendwann seufzend. »Ich überlasse es dir, was du ihm von mir erzählst. Wahrscheinlich wird er nichts hören wollen. Wenn doch, und wenn du in der Lage bist, so mit ihm zu reden, wie du mit mir über ihn gesprochen hast, dann sage ihm... sage ihm, daß ich ihm danke. Und daß ich ihm vertraue, weil ich keine andere Wahl habe. Und sage ihm...«, fest schlossen sich seine Finger um meinen Arm, und er klang zugleich amüsiert und bitterernst, »sag ihm, daß ich ihn hasse bis ins Mark.«
    Wir hatten uns angekleidet, und die Morgendämmerung war dem hellen Tag gewichen. Ein Frühstück, mit dem wir den Tag beginnen konnten, gab es nicht. Es war alles gesagt... und es blieb nichts mehr zu tun.
    Um rechtzeitig am Moor von Drummossie einzutreffen, mußte Jamie mich jetzt verlassen. Der Augenblick des Abschieds war gekommen, doch wir wußten beide nicht, wie wir Abschied nehmen sollten.
    Schließlich lächelte er traurig, beugte sich zu mir herab und küßte mich sanft.
    »Man sagt...«, setzte er an, hielt jedoch inne, um sich zu räuspern. »Früher hieß es, wenn ein Mann auszieht, um Heldentaten zu vollbringen, solle er eine weise Frau aufsuchen und um ihren Segen bitten. Er muß in die Richtung blicken, in die er aufbrechen will. Sie stellt sich hinter ihm auf und spricht für ihn ein Gebet. Wenn sie geendet hat, muß er geradewegs weggehen und darf sich nicht umsehen, denn das bringt Unglück.«
    Er strich mir noch einmal über das Gesicht und wandte sich dann ab, so daß er durch die offene Tür nach draußen blickte. Die Morgensonne schien herein und ließ sein Haar in tausend Funken aufleuchten. Rasch straffte er die Schultern, die sich breit unter seinem Plaid abzeichneten, und holte tief Luft.
    »Segne mich, weise Frau«, sagte er, »und dann geh!«

    Ich legte ihm die Hand auf die Schulter und suchte nach Worten. Jenny hatte mich einige der alten gälischen Bittgebete gelehrt, und jetzt kramte ich in meiner Erinnerung nach ihrem Wortlaut.
    »Heiliger Herr Jesus«, stammelte ich heiser, »ich rufe dich an. Heiliger Apostel Johannes, ich rufe dich an und alle Heiligen. Sie mögen dich schützen im Kampf, der dir bevorsteht...«
    Weiter kam ich nicht. Von unten drangen Geräusche in die Kate. Stimmen und Schritte.
    Jamie erstarrte. Dann wirbelte er zu mir herum und schob mich zu der eingefallenen Rückwand des Häuschens.
    »Da lang«, raunte er mir zu. »Das sind Engländer. Lauf, Claire!«
    Mit zugeschnürter Kehle lief ich zu der Öffnung in der Wand, während Jamie zur Tür zurückkehrte, die Hand am Schwertgriff. Ich blieb stehen, um noch einen letzten Blick auf ihn zu werfen. Er wandte sich um, sah mich und war plötzlich bei mir. In einem Aufwallen der Verzweiflung drängte er mich gegen die Wand. Stürmisch zog er mich an sich, so daß ich seine Erektion an meinem Bauch und den Griff seines Dolches an meiner Hüfte spürte.
    »Einmal noch. Es muß sein! Aber rasch!« flüsterte er heiser in mein Ohr. Er drückte mich an die Wand, und als er seinen Kilt hochzog, raffte ich meine Röcke. Es war keine liebevolle Umarmung, er nahm mich hastig und brutal, und in Sekundenschnelle war es vorüber. Mittlerweile schienen die Stimmen nur noch wenige hundert Meter entfernt.
    Er küßte mich noch einmal, so hart, daß ein salziger Blutgeschmack in meinem Mund zurückblieb. »Nenne ihn Brian«, flüsterte er, »nach meinem Vater.« Mit einem Stoß schob er mich zur Maueröffnung. Als ich darauf zulief, blickte ich mich noch einmal um. Jamie stand mit halb gezogenem Schwert in der einen und gezücktem Dolch in der anderen Hand in der Tür.
    Da die Engländer damit gerechnet hatten, daß die Kate unbewohnt war, hatten sie keinen Fährtensucher ausgesandt. Der Hang hinter dem Häuschen war menschenleer, und so überquerte ich ihn im Laufschritt, bis mich der Erlenhain unterhalb der Bergkuppe vor allen Blicken verbarg.
    Keuchend kämpfte ich mich durch die Zweige und das Unterholz, und blind vor Tränen stolperte ich über Wurzeln und Steine. Von der Kate drangen Rufe und das Klirren von Waffen zu mir herauf. Meine Schenkel waren glitschig und feucht von

Weitere Kostenlose Bücher