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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Favoritin des Königs. Sie trug, der letzten Mode entsprechend, ein Kleid, dessen Ausschnitt unterhalb der Brüste endete. Das bißchen glitzernde Gaze darüber konnte kaum zum Wärmen oder Verhüllen, sondern lediglich als Schmuck dienen.
    Doch es waren weder das Kleid noch der Ausblick, die mich aus der Fassung brachten. Die fülligen, hübschen Brüste der »Nesle« mit dem großen, braunen Warzenhof wurden von einem Paar diamantener Brustwarzen geschmückt, die ihre Umgebung zur Bedeutungslosigkeit verdammten. Unter gefährlichem Schaukeln streckten sich zwei juwelenbesetzte Schwäne mit Rubinaugen die Hälse entgegen. Die Handarbeit war ausgezeichnet, das Material höchst kostbar, doch was mich überwältigte, war die Tatsache, daß ihre Brustwarzen für die Goldnadel der Fassung durchstochen waren. Sie hatten sich bedenklich kontrahiert, was jedoch durch die großen Perlen, die an einer dünnen Goldkette von der Nadel herabhingen, auf das eleganteste kaschiert wurde.
    Mit rotem Kopf und hustend erhob ich mich, stammelte eine Entschuldigung und hielt mir bei meinem Abtritt höflich ein Taschentuch vors Gesicht. Fast wäre ich über Jamie gestolpert, der die Mätresse des Königs musterte, ohne sein Staunen zu verbergen.
    »Sie hat Marie d’Arbanville erzählt, Maitre Raymond habe ihr die Brustwarzen durchstochen«, flüsterte ich Jamie zu. Dieser staunte immer noch.
    »Soll ich einen Termin ausmachen?« fragte ich. »Im Austausch gegen das Rezept für Kümmeltinktur ist er sicher dazu bereit.«
    Endlich schaute Jamie mich an. Mit einem festen Griff um die Ellenbogen steuerte er mich auf einen Erfrischungsalkoven zu.
    »Wenn du mit Maitre Raymond auch nur sprichst«, zischte er mir aus dem Mundwinkeln zu, »dann durchsteche ich dir deine Brustwarzen selbst - und zwar mit den Zähnen.«

    Der König hatte sich mittlerweile in den Salon d’Apollon begeben, während die anderen Gäste aus dem Speisesaal in den freien Raum nachströmten, den seine Passage hinterlassen hatte. Da Jamie mit Monsieur Genet, dem Oberhaupt einer wohlhabenden Reedersfamilie, in ein Gespräch vertieft war, blickte ich mich suchend nach einem Örtchen um, wo ich mir für einen Moment die Schuhe ausziehen konnte.
    Einer der Alkoven in meiner Nähe schien leer zu sein. Ich schickte den Bewunderer, der sich an meine Fersen geheftet hatte, fort, um mir einen Becher Wein zu holen, und huschte dann in die Nische.
    Angesichts der Couch, des Tischchens und der zwei Stühle, die wohl eher als Kleiderablage denn als Sitzgelegenheit gedacht waren, bestand kaum noch ein Zweifel, welchem Zweck das Kämmerchen dienen sollte. Nichtsdestotrotz ließ ich mich auf einem der Stühle nieder, schlüpfte aus meinen Schuhen und legte die Füße erleichtert auf den anderen Stuhl.
    Das Klimpern der Vorhangringe hinter mir verkündete, daß mein Rückzug doch nicht so unbeachtet geblieben war, wie ich geglaubt hatte.
    »Madame! Endlich sind wir allein!«
    »Und das ist höchst bedauerlich!« erwiderte ich seufzend. Einer der zahllosen Comtes, dachte ich. Dann fiel mir ein, daß man ihn mir als den Vicomte de Rambeau vorgestellt hatte. Er war einer von der kleineren Sorte, denn dunkel erinnerte ich mich, wie mich seine Knopfaugen von unten her bewundernd angefunkelt hatten.
    Er verlor keine Zeit, glitt auf den anderen Stuhl und nahm meine Füße auf den Schoß. Glühend drückte er meine seidenbestrumpften Zehen an seinen Unterleib.
    »Ah, ma petite! Welch zarte Glieder! Ihre Schönheit raubt mir den Verstand!«
    Das mußte sie wohl, denn anders ließ es sich nicht erklären, daß er meine Füße als zart bezeichnete. Jetzt hob er einen an seine Lippen und knabberte an meinen Zehen.
    »C’est une cochon qui vit dans la ville, c’est une cochon qui vit...«
    Hastig entzog ich ihm mein Bein und stand auf, ein Unterfangen, das wegen meiner voluminösen Unterröcke nicht gerade einfach war.
    »Wenn wir schon von Ferkeln reden, die in der Stadt leben«,
bemerkte ich reichlich beunruhigt, »ich glaube nicht, daß mein Gatte entzückt wäre, Sie hier zu finden.«
    »Ihr Gatte? Pah!« Mit einer Handbewegung verdammte er Jamie zur Bedeutungslosigkeit. »Ich bin überzeugt, er ist in der nächsten Zeit vollauf beschäftigt. Und wenn die Katze aus dem Haus ist... komm zu mir, ma petite souris, du sollst quietschen vor Lust!«
    Um sich für den Angriff zu stärken, zog der Vicomte eine emaillierte Schnupftabaksdose aus der Tasche, streute sich eine Spur dunkler Körnchen auf

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