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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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seine Behinderung mit einem wahrhaft machiavellistischen Intellekt.
    Jamie stand auf und löste sein Schwertgehenk. Wütend funkelte er mich an. »Glaub bloß nicht, du kannst mich für dumm verkaufen. Du lenkst mich mit deinen Fragen ab und gehst mir um den Bart wie einer dieser Höflinge. Habe ich dich nicht vor den Alkoven gewarnt?«
    »Doch, aber du hast auch gesagt, du würdest mich nicht schlagen«, erinnerte ich ihn, während ich in meinem Sessel ein wenig nach hinten rutschte, um ganz sicherzugehen.
    Er schnaubte erneut, warf sein Schwertgehenk auf die Kommode und ließ den Kilt neben dem nassen Hemd zu Boden fallen.
    »Sehe ich so aus, als würde ich eine Schwangere schlagen?«
    Ich musterte ihn mißtrauisch. Splitternackt, mit dem roten Haar, das ihm in feuchten Löckchen auf die Schultern fiel, und den Narben, die seinen Körper überzogen, wirkte er wie ein Wikinger, der gerade von seinem Schiff gesprungen war und nichts anderes im Sinn hatte als Plündern und Frauenschänden.
    »Wenn man dich so sieht, könnte man dir alles zutrauen«, entgegnete ich. »Na gut, du hast mich vor den Alkoven gewarnt. Wahrscheinlich hätte ich nach draußen gehen sollen, um mir die Schuhe auszuziehen. Aber wie hätte ich denn wissen können, daß dieser Idiot mir folgt und anfängt, an meinen Zehen zu knabbern? Und wenn du mich nicht schlagen willst, was hast du dann im Sinn?« Ich klammerte mich an den Armlehnen meines Sessels fest.
    Jamie streckte sich auf dem Bett aus und grinste mich an.
    »Zieh dieses Hurengewand aus und komm ins Bett.«

    »Warum?«
    »Nun, da ich dir weder den Hintern versohlen noch dich im Brunnen ertränken darf, wollte ich dir eigentlich eine saftige Strafpredigt halten.« Bedauernd zuckte er die Achseln. »Aber jetzt kann ich die Augen nicht mehr offenhalten.« Er gähnte ausgiebig, dann blinzelte er und grinste mich an. »Erinnere mich daran, daß ich es morgen früh nachhole.«
     
    »Ist es jetzt besser?« Jamies blaue Augen waren dunkel vor Sorge. »Ist das in Ordnung, wenn dir ständig so übel ist, Sassenach?«
    Ich strich mir das Haar aus der feuchten Stirn und tupfte mir das Gesicht mit einem nassen Handtuch ab.
    »Ob es in Ordnung ist, weiß ich nicht«, erklärte ich matt. »Aber zumindest ist es normal. Manchen Frauen geht es die ganze Zeit so.« Im Augenblick nicht gerade eine berauschende Vorstellung.
    »Fühlst du dich in der Lage, zum Frühstück nach unten zu gehen, Sassenach? Oder soll ich das Zimmermädchen bitten, uns etwas heraufzubringen?«
    »Nein, es geht mir wieder gut.« Und das war nicht gelogen. Wie es so üblich war, fühlte ich mich, nachdem die Übelkeit ihr Recht gefordert hatte, wieder pudelwohl. »Ich will mir nur noch rasch den Mund ausspülen.«
    Als ich mich über die Waschschüssel beugte und mir kaltes Wasser ins Gesicht spritzte, klopfte es an der Tür. Wahrscheinlich der Dienstbote, den wir zu unserem Haus nach Paris geschickt hatten, um frische Kleidung zu holen.
    Zu meiner Überraschung war es jedoch ein Höfling mit einer schriftlichen Einladung zum Mittagessen.
    »Seine Majestät diniert heute mit einem Herrn aus dem englischen Adel«, erklärte der Höfling, »der gerade erst in Paris eingetroffen ist. Aus diesem Grund hat Seine Majestät einige der wichtigsten englischen Kaufleute aus der Cite zum Mittagessen gebeten, denn er möchte dem Herzog die Gesellschaft seiner Landsleute bieten. Jemand hat Seine Majestät darauf hingewiesen, daß Madame, Ihre Frau, gleichfalls englischer Herkunft ist und eingeladen werden sollte.«
    »Vielen Dank«, sagte Jamie, nachdem er mir einen kurzen Blick zugeworfen hatte. »Sagen Sie Seiner Majestät, daß es uns eine Ehre ist zu bleiben.«

    Kurz darauf traf, mürrisch wie immer, Murtagh ein und brachte uns ein großes Bündel sauberer Kleider und meinen Medizinkasten, um den ich gebeten hatte. Jamie ging mit ihm in den Salon, um ihm Anweisungen für den Tag zu geben, während ich mich hastig in mein Kleid zwängte und zum ersten Mal bedauerte, keine Kammerzofe engagiert zu haben. Meinem ohnehin schon widerspenstigen Haar hatte eine Nacht in engster Umarmung mit einem großen feuchten Schotten nicht gerade zum Vorteil gereicht. In wilden Büscheln stand es nach allen Seiten ab und widersetzte sich hartnäckig jedem Angriff mit Kamm und Bürste.
    Schließlich stellte ich mich, rot und erschöpft, doch mit halbwegs frisiertem Haar den Augen der Öffentlichkeit. Jamie sah mich an und murmelte leise etwas von

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