Die Geliehene Zeit
Schotten eine stattliche Summe wert wäre, wenn die Stuarts nicht zurückkämen - obwohl es mir widerstrebt, das zu sagen.«
»Ja, du mußt wirklich diskret sein«, gab ich ihm recht. »Sonst hetzt Bonnie Prince Charles noch die Hunde auf dich, wenn du ihn das nächstemal aufsuchst.« Da Jamie ein Auge auf Charles und seine Aktivitäten haben wollte, hatte er dem jungen Prinzen in der letzten Zeit einmal wöchentlich seine Aufwartung gemacht.
Auf Jamies Gesicht zeigte sich die Andeutung eines Lächelns. »Aye. Soweit es Seine Hoheit und seine Anhänger betrifft, bin ich der Sache der Stuarts treu ergeben. Und solange ich bei Hof empfangen werde und Charles nicht, besteht wenig Gefahr, daß er erfährt, was ich dort sage. Grundsätzlich bleiben die Jakobiten in Paris unter sich. Unter anderem, weil sie nicht die Mittel haben, sich in den feinen Kreisen zu bewegen. Wir hingegen schon, Jared sei Dank!«
Jared hatte - aus völlig anderen Gründen - in Jamies Vorschlag eingewilligt, die geschäftlichen Unternehmungen seiner Firma auszudehnen, damit der französische Adel und die wohlhabenden Bankiersfamilien den Weg zu uns fanden, wo sie mit Rheinwein, angenehmer Unterhaltung, allerlei Kurzweil und großen Mengen schottischen Whiskys verwöhnt und umgarnt werden sollten. Den Whisky hatte Murtagh in den vergangenen zwei Wochen über den Kanal bis in unsere Keller gebracht.
»Du kannst sie nur locken, wenn du ihnen Unterhaltung bietest«, hatte Jamie erklärt, während er auf der Rückseite einer der Balladentexte, die Bänkelsänger verkaufen - dieser befaßte sich mit der Affäre zwischen dem Comte de Sevigny und der Frau des Ministers
für Landwirtschaft -, seinen Plan entwarf. »Der Adel schert sich nur um Äußerlichkeiten. Deshalb müssen wir ihnen zuerst etwas bieten, was sich anzusehen lohnt.«
Seinem verblüfften Ausdruck nach zu urteilen, war mir der Anfang gelungen. Ich tänzelte auf der Stelle, so daß der weite Rock hin und her schwang.
»Hübsch, nicht wahr?« fragte ich. »Zumindest ist es auffällig.«
Endlich fand Jamie seine Stimme wieder.
»Auffällig?« krächzte er. »Himmel, man kann jeden Zentimeter deiner Brust bis hinunter zur dritten Rippe sehen!«
Ich blickte an mir hinunter.
»Nein, kann man nicht. Das unter der Spitze, das bin nicht ich, das ist eine Unterlage aus weißem Stoff.«
»Mag schon sein, aber es sieht nicht danach aus.« Er trat auf mich zu, um das Mieder des Kleides zu inspizieren. Dann spähte er in mein Dekollete.
»Himmel, man sieht deinen Nabel! Du hast doch wohl nicht etwa vor, dich so in der Öffentlichkeit zu zeigen?«
Das ärgerte mich. Die Offenherzigkeit des Kleides hatte auch mir ein gewisses Unbehagen bereitet, obwohl mich die Näherin davon überzeugt hatte, daß es in jeder Hinsicht der Mode entsprach. Doch Jamies Bemerkung trieb mich in die Enge, worauf ich von jeher widerborstig reagierte.
»Du hast mir doch selbst gesagt, ich soll auffallen!« erinnerte ich ihn. »Und im Vergleich zum letzten Schrei am Hofe ist dies noch gar nichts. Glaub mir, gegen Madame de Perignon und die Duchesse de Rouen wirke ich wie die Sittsamkeit in Person.« Ich stemmte die Hände in die Hüften und musterte ihn kalt. »Oder soll ich etwa in meinem grünen Samtkleid bei Hofe erscheinen?«
Jamie wandte seinen Blick von meinem Dekollete ab und preßte die Lippen zusammen.
»Mmmmpf«, murmelte er und schaute höchst schottisch aus.
Zum Zeichen der Versöhnung trat ich näher an ihn heran und legte ihm die Hand auf den Arm.
»Komm«, sagte ich, »du warst doch schon früher am Hof. Du weißt, was die Damen dort tragen. Nämlich Kleider, gegen die dieses hier geradezu zugeknöpft wirkt.«
Mit einem beschämten Lächeln blickte er auf mich herab.
»Aye«, sagte er. »Aye, du hast recht. Es ist nur... du bist meine
Frau. Und ich mag es nicht, wenn andere Männer dich so ansehen, wie ich die Damen dort angesehen habe.«
Ich lachte, schlang ihm die Arme um den Hals und zog ihn zu mir herab, so daß ich ihn küssen konnte. Er faßte mich um die Taille, und ohne es zu merken, strich er mit dem Daumen über die weiche Seide meines Mieders. Seine Hand fuhr über den glatten Stoff hinauf zu meinem Nacken. Mit der anderen umfaßte er meine runde Brust, die sich oberhalb des engen Mieders unter der üppigen Freiheit einer einfachen Lage Seide wölbte. Dann ließ er sie los, richtete sich auf und schüttelte zweifelnd den Kopf.
»Wahrscheinlich mußt du es anziehen, Sassenach, aber,
Weitere Kostenlose Bücher