Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gelöschte Welt

Die gelöschte Welt

Titel: Die gelöschte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Harkaway
Vom Netzwerk:
nötig, hätte er auch die Ohrfeige hingenommen. Leah liebt einen Mann, der jedes Patt sofort auflöst.
    Gonzo.
    Und was bin ich? Wo endet Gonzo, wo beginne ich? Wir sind beide hier. Ich frage sie direkt. Was bin ich für dich? Und dann wünschte ich, ich hätte nicht gefragt.
    »Angenommen«, murmelt Leah, und sie will mich nicht ansehen, während sie mich vernichtet, »angenommen, Gonzo hätte einen Schlag auf den Kopf bekommen. Vielleicht nach einem Sturz vom Dach. Sein Gehirn wäre geschädigt, er hätte sich verändert und könnte sich nicht mehr erinnern. Angenommen, er bräuchte meine Hilfe, um sich zu erholen und wieder ganz der Alte zu werden. Angenommen, es hätte nichts mit dem Zeug und Monstern zu tun. Er wäre einfach nur verletzt. Er würde mich brauchen, mehr denn je. Er würde Liebe brauchen.« Sie zuckt mit den Achseln, sie ist unbeteiligt. Klinisch. Es ist eine Lüge. Sie legt sich die Wahrheit zurecht. »Das hier ändert nichts. Es ändert nichts zwischen ihm und mir.«
    Die Krankenschwester Leah sieht mich an und erkennt eine Verletzung. Ich liebe sie. Sie glaubt, ich sei eine Aphasie auf zwei Beinen. Ich sage ihr, dass ich das nicht bin.
    »Erinnerst du dich denn, wie du mich gebeten hast, dich zu heiraten?«
    Natürlich. Das war im Dachgarten der Piper 90.
    »Nein«, sagt sie. »Das erste Mal.«
    In der Krankenstation. Ich weiß, dass ich es getan habe. Ich könnte lügen.
    Ich kann nicht lügen.
    Leah nickt.
    »Es tut mir so leid«, sagt sie. »Das muss unendlich wehtun.«
    Ja.
    »Aber du und ich …« Dennoch spricht sie weiter. Entschlossen. »Du erinnerst dich daran, mich geliebt zu haben. Aber liebst du mich auch jetzt in diesem Augenblick? Spürst du es? Nein. Deine Sache«, sagt Leah, »deine Angelegenheit hat mit Gonzo zu tun. Nicht mit mir. Wir sind Fremde.«
    Ja. Du bist eine Krankenschwester. Ich bin die Krankheit.
    »Es tut mir so leid.«
    Ich empfinde Qualen, doch ich habe keine Ahnung, ob ich auch Liebe empfinde. Ich habe nicht viel Erfahrung darin, Erinnerungen einzuordnen. Ist dies Liebe? Wirklich? Was ist das für ein nervöses Gefühl? Vielleicht hat sie Recht. Qualen sind keine Liebe. Nicht für sich genommen. Es sei denn, Liebe käme in verschiedenen Schattierungen vor, und dies hier wäre diejenige, die wehtut. Könnte sein. Vielleicht ist die Liebe wie die Hölle. Und jede Hölle ist anders.
    Tränen schießen mir in die Augen. Sie lässt meine Hand nicht los. Wir sitzen einander gegenüber, und sie wartet, dass ich schluchze. Na schön. Ich habe mit Gonzo zu tun. Wir sind Fremde. Es auszusprechen bedeutet, es wahr zu machen. Meine Leah würde mir dies niemals antun. Und verdammt sollst du sein, Gonzo. Du hättest dir doch auch ein Traummädchen für mich ausdenken können. Hättest du das getan, dann wären wir nicht hier.
    Leah hat eine Frage. Sie wartet, bis ich wieder zu mir komme. Ich nicke.
    »Gonzo … hat über Sally Scherze gemacht.« Scherze. Ja. Natürlich hat er das getan. Darüber, dass er eine Nacht mit ihr verbracht hätte. Über das, was sie getan haben. Alles nur ein Scherz.
    »Er macht wohl nur Witze«, antworte ich ihr. Es könnte sogar wahr sein.
    Sie lässt mich los, ich gehe.
     
    Ike Thermite liegt im Wohnzimmer auf dem Sofa und lässt sich von Ma Lubitsch mit Kuchen und irgendeinem trüben grünen Aufguss abfüllen, den sie aus ihren Blumenkästen bezieht und der (wie ich) keinen Namen hat. Ihr Mann ist im Garten und beerdigt die Ninjas. Dabei unterstützt ihn das Matahuxee Mime Combine, was gut oder vielleicht auch nicht gut ist. Ich gehe hinaus und helfe.
    Leichen sind totes Gewicht. Haha. Der alte Lubitsch hat eine raffinierte Technik entwickelt. Er schiebt ein Brett unter eine kalte Schulter und stößt mit der Harke nach. Die Pantomimen, mit Pfählen und Stöcken aus dem Garten bewaffnet, stoßen ebenfalls. Die Reibung zwischen Leiche und Brett ist geringer als die zwischen Leiche und Gras, also bleibt die Leiche, wo sie ist, und das Brett gleitet recht weit darunter. Wenn die Leiche zu rutschen beginnt, eilen einige Schauspieler herum und halten sie fest. Dann geht der alte Lubitsch zum anderen Ende und tritt die Leiche, bis sie fast vollständig auf dem Brett liegt. Schließlich klemmt er kleine Schubkarrenräder an die Ecken und hat so ein winziges Gokart gebaut, auf dem er die Leiche zur westlichen Wiese ziehen kann, die jetzt zur Beseitigung der Ninjas dient. Die Tritte sind der anstrengendste Teil der Prozedur, den er aber offenbar am

Weitere Kostenlose Bücher