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Die gelöschte Welt

Die gelöschte Welt

Titel: Die gelöschte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Harkaway
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berüchtigten Uranschieberin. Jede Untersuchung derselben Zusammenhänge erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Erschreckendes gefunden wird – oder vielmehr etwas, das für erschreckend gehalten wird. Am Ende ist dann allein schon die Tatsache, dass jemand elfmal überprüft worden ist, ein Verdachtsmoment.«
    »Was wird deshalb mit der Zahl der vermuteten Feinde des Volkes geschehen?«
    »Sie wird explodieren. Die Regierungsmaschine betrachtet sich dabei jedoch nur selbst im Spiegel und untersucht das Abbild ihrer eigenen Schwächen.«
    »Was wäre dann praktisch gesprochen die letzte Konsequenz von alledem?«
    »Am Ende haben Sie eine Maschine, die weiß, dass schon den vorsichtigsten Schätzungen nach ringsherum und in ihrem Innern ungeheuer viele schreckliche Feinde lauern, die sie aber nicht finden kann. Daraus folgert sie, dass es sich um gut getarnte und gut ausgebildete Feinde handelt, etwa um professionelle Agitatoren und Terroristen. Deshalb müssen strengere und tiefer greifende Ermittlungsmethoden eingeführt werden. Wer auch nur geringfügig abweicht oder wer auch nur im leisesten Verdacht steht, muss als schrecklicher Feind behandelt werden. Viele gewöhnliche Leute werden wiederholt und immer schärfer überprüft, bis die Regierungsmaschine entweder auf Feinde stößt oder bis jemand, der hoch genug steht, den Kurs ändert … die Leute, die unter die Lupe genommen werden, sind aber eigentlich nur Positionen im numerischen Modell der Maschine. Kurz und gut, unschuldige Leute werden wie erfindungsreiche, bösartige Schwerverbrecher behandelt, weil zwischen den Zahlen Lücken klaffen. Die Lücken in den Statistiken werden gefüllt mit … oh. Crispin?«
    »Pont.«
    »Haben Sie diesen ganzen Tanz hier etwa aufgeführt, nur um eine Erklärung dafür zu bekommen, was ein statistischer Blindgänger ist, weil einer Ihrer Kumpel einen verschlüsselten Anhang hat?«
    »Unsere kleinen Plaudereien machen mir immer Spaß.«
    Pont seufzt schwer.
    »Crispin und Begleitung, bitte lassen Sie mich allein. Ich habe eine durch Sinnlosigkeit ausgelöste Migräne.«
    »Danke, Pont.«
    Crispin Horton führt mich in sein Büro zurück. Ich setze mich.
    »Ist das wahr?«, frage ich.
    »Weitgehend«, bestätigt Crispin Horton. »In Wirklichkeit ist es natürlich komplizierter. Das System ist selbstkritischer. Die Leute genießen ein gewisses Maß an Freiheit und dürfen ihre Meinung sagen. Normalerweise hört die Hexenjagd nach ein paar Durchläufen auf, und wir kehren zu den Alltagsgeschäften zurück. Abgesehen von Pont natürlich.«
    »Warum er nicht?«
    »Oh, habe ich das nicht erwähnt?« Crispin Horton lächelt schmal, und in seinem freundlichen Gesicht flackert ein warnender Funke. »Unser Freund Pont ist der Meisterhexenjäger. Der echte und einzige. Er sammelt alles und liest die Geständnisse. Er verfolgt die Leute, spürt sie auf und vergisst nichts. Ein sehr kluger Mann. Er findet die wirklich gefährlichen Übeltäter und ergreift Maßnahmen.«
    »Wie findet er sie denn, wenn alles ein solches Durcheinander ist?«
    »Durch Sympathie, natürlich. Pont stimmt mit ihnen überein. Er hasst und verachtet die Regierungsmaschine. Pont ist ein Anarchist. Aber … Gewalt hasst er noch mehr, verstehen Sie? Er glaubt, sie pflanze sich unendlich fort und verselbstständige sich. Gewalt ist keine Antwort auf Gewalt, denn sie führt zu nur noch mehr Regeln, die er natürlich ebenfalls hasst. Deshalb ist Pont … nun ja. Von unserem Standpunkt aus gesehen, denkt er wie der Feind. Von seinem Standpunkt aus gesehen schnappt er Feinde der Nation, die wie wir denken, und wir befassen uns dann mit ihnen. Wenn Sie jemals mit dem Gedanken spielen sollten, einen echten Aufstand zu wagen – keine Studentengeschichte –, dann sollten Sie große Angst vor Pont haben. Er irrt sich nie.«
    Brrr.
    »Wir haben Ihren Kumpel Sebastian aufgespürt und ihm einen Job in Ponts Büro angeboten. Keine Chance. Er und seine Frau – ich glaube, Sie kennen sie auch – sind mit ihrem beruflichen Werdegang zufrieden. Na ja, jeder eben so, wie er will.« Er zuckt mit den Achseln. Ich stelle mir vor, Sebastian und Aline haben einen Antiquitätenladen eröffnet oder verkaufen handgewebte Leinenwaren.
    »Unterschreiben Sie.« Crispin Horton schiebt mir ein Formular über den Schreibtisch. Es ist lang, ziemlich kompliziert und bereits ausgefüllt. Die Überschrift, ebenso pompös wie überflüssig, lautet: »Formular«. Unten ist ein Raum für die

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