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Die gelöschte Welt

Die gelöschte Welt

Titel: Die gelöschte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Harkaway
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Sprung in der Schüssel hatte, weil er eine allmächtige Regierung für notwendig hielt.«
    »Pont …«
    »Schon gut, schon gut. Ganz abwegig ist diese Position natürlich nicht. Fahren Sie fort.«
    »Ich sollte entzückt sein. So entsteht ein Staat, dessen erste Pflicht darin besteht, die Menschen davon abzuhalten, übereinander herzufallen, ja?«
    »Hrmpffft.«
    »Ich nehme das mal als Zustimmung. Unterscheiden sich nun diejenigen, denen die Regierungsgeschäfte obliegen, in ihrem Wesen irgendwie von denen, die sie regieren?«
    »Ja. Sie sind hochmütig und neigen zu sexuellen Ausschweifungen. Außerdem wird man irre, wenn man in der Regierung sitzt.«
    »Aber sind sie tugendhafter oder intelligenter? Leidenschaftlicher?«
    »Ha!«
    »Das nehme ich mal als Nein. Um die Bevölkerung vor den eigenen Regierenden zu schützen, muss das Gesetz universell sein. Noch mehr, es muss von denen, die zu Herrschern ernannt werden, ein transparentes und konsistentes Verhalten fordern. Daher dürfen die Herrscher nicht als Individuen, sondern müssen als Anwender der vollkommenen Gerechtigkeit funktionieren, als willige Mitwirkende (ich benutze hier den Begriff ›willig‹ im Sinne einer beabsichtigten und bewussten Teilhabe im Gegensatz zu bloßer Hinnahme) einer Maschine, die gut regiert. Persönliche Belange sind hintanzustellen, damit nicht die ganze Struktur durch privi lege, durch private Gesetze, kompromittiert wird. Wir reden über eine Regierungsmaschine, ja?«
    »Ich hoffe, Sie kommen bald zur Sache, Crispin, denn ich muss einen ganzen Stapel aufregender Berichte über Kaliumankäufe durchsehen.«
    »Vertrauen Sie mir, tapferer Pont. Bald bin ich am Ziel.«
    »Dann machen Sie mal weiter.«
    »So ein Mechanismus kann nicht ohne akkurate Informationen funktionieren. Offensichtlich muss bei jeder Unvollkommenheit des Eingangs in gleichem Ausmaß auch der Ausgang fehlerhaft sein, multipliziert allerdings mit den anderen zugehörigen Fehlinformationen, die bereits vorliegen, und verstärkt durch die der Konstruktion selbst innewohnenden Verzerrungen (da es nach den Gesetzen der Thermodynamik unmöglich ist, eine Maschine zu bauen, die ihren Aufgaben ohne Energieverlust nachkommt). Da diese Maschine auf der Ebene von Informationen arbeitet, wird dieser Verlust an Genauigkeit keine Abwärme, sondern Absurditäten produzieren. Einverstanden?«
    »Müll rein, Müll raus. Oder höflicher ausgedrückt: Der Baum des Unfugs wird mit dem Irrtum gewässert, und an seinen Zweigen reifen die Kürbisse der Katastrophe.«
    »Oh, mein lieber Pont, wie treffend!«
    »Kaliumaufkäufe sind so ungeheuer aufregend, Crispin, dass ich mich ab und zu mit ein wenig harter, kreativer Arbeit auf den Boden der Tatsachen zurückholen muss. Bitte fahren Sie fort.«
    Crispin Horton nickt. »Um es zu wiederholen: Es ist möglich, eine Regierungsmaschine mit vernünftigen Informationen zu füttern, das Ding von gewöhnlichen, braven Menschen bedienen zu lassen und ihm einen vernünftigen Platz im System zuzuweisen, um am Ende dennoch etwas Idiotisches herauszubekommen.«
    »Das ist mehr als nur wahrscheinlich. Es ist … zu erwarten.«
    »Dann wollen wir einen konkreten hypothetischen Fall betrachten. Nehmen wir an, die Maschine sucht nach Feinden innerhalb der eigenen Bevölkerung.«
    »Nun, es ist ganz unvermeidlich, dass eine Regierung tatsächlich Feinde hat. Sie ist ungerecht, also werden sich die Leute gegen sie auflehnen. Die Frage ist nur, wie sie diese Feinde wahrnimmt. Anfangs wird sie die Feinde vielleicht als legitime Opposition einordnen, weil so etwas vorgesehen ist. Aber jedes Mal, wenn sie die Feinde beobachtet, wird die schon bei der letzten Untersuchung festgestellte Neigung zu möglichen kriminellen Aktivitäten stärker in Erscheinung treten.«
    »Etwas einfacher ausgedrückt?«
    »Es ist, als würde man ein Foto von einem Foto von einem Foto machen. Was wirklich darauf abgebildet ist, wird jedes Mal undeutlicher dargestellt. Gesichter verschwimmen, und irgendwann ist alles eine Frage der Interpretation – aber die Interpretation wird von Leuten vorgenommen, deren Aufgabe es ist, nach Gefahren zu suchen. Deshalb werden sie sich lieber zur sicheren Seite hin irren. Am Ende ist das Foto eines Kindergeburtstags das verschwommene Bild eines Waffengeschäfts. Das verpixelte Gesicht von Guthrie Jones, dem Luftballonmodelliermeister in der Kategorie der unter Neunjährigen, verwandelt sich in das alte Gesicht von Angela Hedergast, der

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