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Die gelöschte Welt

Die gelöschte Welt

Titel: Die gelöschte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Harkaway
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zu bekommen, in dem sein Gegner besonders leicht angreifen könnte. Schon seine schwächeren Schläge hätten mich umgehauen, und die stärkeren sollten jeden Kampf auf der Stelle beenden. Der Gegner wehrt sie jedoch ab, schlägt mit gleicher Kraft zurück und kann zwei Treffer landen, die tatsächlich eine gewisse Wirkung haben. Schließlich gelingt es Ronnie jedoch, die Arme des Angreifers zu blockieren, und dann prügelt er auf ihn ein, holt aus und stößt mit beiden Händen gleichzeitig zu. Auf mich wirkt es, als wäre ein Gabelstapler mit beiden Trägern gegen eine morsche Wand geprallt. Der schwarz gekleidete Mann fliegt durch die Luft und landet in einer Staubwolke auf dem Rücken. Ronnie watschelt hinüber und starrt ihn an.
    Der Kerl nimmt die schwarze Kapuze ab.
    »Gonzo«, sagt Ronnie Cheung, »das war Mist. Du bist ein Penner.« Er freut sich sehr, weil seine Lippen geschwollen sind und er sogar ein blaues Auge hat. Gonzo grinst, dann hustet er etwas, und Ronnie hilft ihm auf.
    »Ich hätte dich umbringen können, du Idiot«, sagt Ronnie. Aber Gonzo meint, nein, keinesfalls, worauf Ronnie wieder lacht. Dann entdeckt Gonzo mich, und in seinem ramponierten Gesicht entsteht ein Strahlen.
    »He!« Er springt herbei und nimmt mich fest in die Arme. Ich spüre die Muskeln in seinen Schultern und dem Oberkörper. Gonzo war schon vor einem Jahr ein großer Mann. Jetzt ist er ein Riese. »Verdammt auch!«, sagt Gonzo, und weil er Tapferkeit zu würdigen weiß, fügt er hinzu: »Hast du den Kerl hier mal kämpfen sehen? Der Stumme Drache. Leise und tödlich!« Ronnie Cheungs unversehrtes Auge richtet sich voll herzlicher Abscheu auf mich.
    »Behaltet das für euch«, sagt Ronnie Cheung. »Ich dachte, die wären alle fort. Verschwunden.« Als er »verschwunden«, sagt, wackelt er mit der Hand herum, als wollte er Geheimnisse und Nebel andeuten. Gleichzeitig beäugt er mich mit einem Blick, den ich als abschätzend erkenne. Mir werden allerdings weitere Nachfragen seinerseits erspart (Ronnie Cheung ist mit einer Vorliebe für Klatsch gesegnet, bei der jede matronenhafte Herzogin erröten würde), da es Riley Tench für nötig hält, sich mit Gonzo bekannt zu machen.
    »Verdammter alter Ninja, Mann«, ruft Riley Tench und klopft Gonzo auf die Schulter. Er grinst, und es entsteht ein Schweigen, das sehr nach au, verdammt klingt und bei dem sich alle wünschen, sie wären woanders. Gonzo schneidet eine Grimasse, und Ronnie Cheung verstummt völlig. Er ist nicht angespannt, kein Anzeichen von blinder Aggressivität ist zu erkennen. Er wirkt völlig entspannt und locker, das gockelhafte Gehabe fällt von ihm ab und weicht einer vollkommenen Ruhe. Das ist wirklich übel. Es bedeutet, dass er kurz davorsteht, jemanden zu töten. Er ist fünf Meter von Riley Tench entfernt, als er sagt: »Ich trainiere keine …« Und dann auf einmal steht er ganz dicht vor ihm und sagt: »Ninjas«, nachdem er den Raum zwischen ihnen überwunden hat, ohne, wie es scheint, die auf dem Weg liegenden Punkte berührt zu haben. Er sagt es ganz ruhig und ohne besondere Betonung aus einer Entfernung von ungefähr fünfzehn Zentimetern. Nun wird deutlich, dass sich Ronnie Cheung sogar bei Gonzo noch zurückgehalten hat. Er ist schneller und gefährlicher, als man es sich überhaupt vorstellen kann. Er wiederholt seine Bemerkung, und Riley Tench hält den Atem an und starrt ihn nur an. Ronnie Cheung sagt es sogar noch ein drittes Mal und dreht dabei langsam den Kopf herum. Als er den Satz beendet, sieht er mich an.
    »Ich trainiere keine Ninjas.«
    Er nickt einmal, ganz leicht, und mir wird bewusst, dass er sich bei mir für Riley Tench entschuldigt. Ich nicke ebenfalls.
    »Also gut«, sagt Ronnie Cheung schließlich und deutet auf mich. »Du und die Luftblase hier«, er zeigt auf Riley Tench, der gerade erkannt hat, dass er an diesem Tag doch nicht sterben wird, und diese gute Nachricht gegen die Erkenntnis abwägt, dass er fortan und für immer nur noch »Luftblase« genannt werden wird, »ihr zwei werdet jetzt einen kleinen Trainingskampf machen, bei dem du ihm zeigen wirst, warum die weichen Formen das einzig Wahre und die harten Formen gerade gut genug sind, um einer Kuh mit Durchfall den Hintern zu wischen. Macht Platz, Jungs und Mädchen, denn nun sehen wir Kraft und Raffinesse in einem Ausmaß, das nur noch mit meiner Erektion in Gegenwart einer sehr teuren Schnecke zu vergleichen ist. Achtung … fertig … los!«
    Verdammt.
    Also kämpfe

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