Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
Telefonleitung stand noch immer. Ob Fechner, Jansen, die Techniker oder die Regie, jeder stellte sich in dieser Sekunde mental darauf ein, jeden Moment einen Schuss zu hören, dem Stille folgen würde. Unbewusst hielt sich Thekla Pfaff ihre Ohren zu und saß mit offenem Mund da. Man konnte wohl ohne Übertreibung behaupten, dass bei allen die Nerven blank lagen und eine gewisse Überforderung eintrat.
Stille folgte –, doch niemand hatte einen Schuss gehört. Oder hatten sie ihn nur überhört, da Ruschkow mit Schalldämpfer geschossen hatte? Oder hatte das Gehirn reagiert und ihn einfach ausgeblendet? Alles war möglich in dieser schrecklichen Sekunde, der Millionen Fernsehzuschauer beiwohnten.
Dann fiel offenbar Talerts Handy zu Boden und anschließend unterbrach die Verbindung. Rutschte es ihm aus der Tasche, als er zusammenbrach?
Lena Jansen sah versteinert in die Kamera. Sie wünschte sich eine weitere Werbeunterbrechung, aber dies war nicht der Moment dafür. Trotzdem entschied sie sich zu unterbrechen.
»Wir unterbrechen die Sendung und melden uns wieder, sobald wir in Erfahrung bringen konnten, was im Europa-Center geschehen ist«, sagte sie mit leiser Stimme.
»Tut mir leid, Chef«, sagte sie unter Tränen zu Fechner, »ich kann nicht mehr. Schiebt irgendeinen Spielfilm ein, aber ich bin weg.« Kaum hatte sie dies gesagt, stand sie auf und ging eilig Richtung Studioeingang.
»Lena – wo willst du hin?«, rief er ihr hinterher, aber da war sie schon aus dem Studio verschwunden.
26
Noch immer saß der Schreck tief, nachdem ihr jemand auf die Schulter tippte, während sie über die Brüstung hinwegschaute und beobachtete, was sich auf der Straße vor den Bankgebäuden tat. Als Sandine Dutronc sich umdrehte, stand sie mit weit aufgerissenen Augen dem Mann gegenüber, den sie hier am wenigsten erwartete.
»Was machst du hier?«, fragte sie mit bebender Stimme.
»Es war nicht schwer herauszufinden, wo du bist«, antwortete LeClerc mit ernster Miene. Er kannte die Koordinaten für den Terroranschlag und als er von der Flugsicherung die Auskunft erhielt, dass Dutronc mit dem CERN-Jet nach Frankfurt abgeflogen war, lag es auf der Hand, sie in der Nähe des Bankenviertels zu finden. Eine ganze Zeit schon beobachtete er sie und war ihr nun auf die Aussichtsplattform des Main Tower gefolgt.
Besorgt sah LeClerc in den Himmel.
»Die Bestrahlung hat begonnen, nicht wahr?«, fragte er Dutronc, obwohl sich eine Beantwortung erübrigte, er sie auch gar nicht erwartete. Das Nordlicht sprach für sich.
»Hast du eigentlich den Hauch einer Ahnung, was hier gerade passiert?«, fragte er weiter, wobei sich seine Tonlage erhöhte und er Dutronc am liebsten an ihren Schultern packen und durchschütteln würde.
Als Siegerin fühlend wandte sich Dutronc von LeClerc ab und schaute hinüber zum Tower der Zentralbank.
»Natürlich weiß ich, was gerade passiert«, antwortete sie. »Es läuft alles wie geplant. Die Banker da drüben werden das gesamte Bankvermögen auf ein Schweizer Konto überweisen und alles ist vorbei. Ich habe dort angerufen, mich zu den Bombenanschlägen bekannt und angekündigt, dass der eigentliche Terroranschlag noch erfolgen wird. Natürlich habe ich nicht gesagt, welcher Art dieser Anschlag sein wird. Seit einiger Zeit dringen nun die Strahlen in das Unterbewusstsein der Angestellten ein und suggerieren ihnen, dass sie aufgrund des bevorstehenden Anschlags das gesamte Bankvermögen zur Sicherheit auf ein Schweizer Konto zu überweisen haben. Genial, nicht wahr?«
Für LeClerc klang es sehr naiv, was und vor allem wie sie es sagte. Offenbar wusste Dutronc tatsächlich nicht, was sich in diesem Moment wirklich ereignete. Oder war sie so abgebrüht, dass es ihr egal war? Dann wäre sie eine der gefährlichsten Terroristinnen, die es je gab.
Es war das Nordlicht, das LeClerc zu diesem Gedanken Anlass gab. Stunde für Stunde schien es stärker zu werden und er wusste ganz genau, was dies bedeutete. Die Energiemenge musste bereits im Gigawattbereich liegen. LeClerc bildete sich ein, die Luft knistern zu hören.
»Sandine, du hast keine Wahl mehr«, begann LeClerc auf sie einzureden. »Du musst mit mir zurück nach Berlin fliegen und helfen, Jan Ruschkow aufzuhalten, bevor er seine wirklichen Pläne anfängt umzusetzen.«
»Wovon sprichst du? Die wirklichen Pläne? Was da drüben gerade passiert, das sind die wirklichen Pläne.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher. Ruschkow hat seine ganz eigenen
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