Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
mit welcher Wut sie auf das Display des Notebooks starrte.
»Ja, ja, entschuldige. Ich war gerade etwas abwesend«, antwortete Lena, ohne LeClerc anzusehen. Sie wollte ihm nicht offenbaren, in welcher Verfassung sie sich befand. Die ganze Sache nahm sie mehr mit, als sie zugeben wollte. Vielleicht wäre sie gelöster, wüsste sie, dass es LeClerc kein bisschen anders ging.
In einer besseren Verfassung befand sich Jan Ruschkow auch nicht, denn sein Vorhaben funktionierte nicht ganz so, wie er es sich vorstellte. Gut eine Stunde war es her, als er das Restaurant betrat, dicht neben ihm Axel Talert, dem er den Lauf seiner Pistole in die Rippen presste. Sie setzten sich an einen Tisch am Fenster, den Ruschkow am Morgen für sich reserviert hatte. Es waren nur wenige Tische besetzt, worüber er nicht unglücklich war. Er musterte alle Gäste, niemand schien verdächtig.
Auch Talert traute sich zu dem ein oder anderen Blickkontakt, aber er wollte nichts riskieren, was auch nur einen Gast hätte gefährden können. Zumindest wollte er nichts Unüberlegtes tun. Außerdem vergaß er nicht, dass Ruschkow eine schussbereite Waffe besaß, die er griffbereit verborgen hielt.
Ruschkow startete sein Notebook, steckte einen Internetstick ein, verband sich mit der Webseite einer Schweizer Bank und loggte sich ein. Die Zeit, die es dauerte, bis er Zugriff auf das Konto bekam, welches auf Dutroncs und seinen Namen bei dieser Bank eingerichtet war, nutzte er mit seinem Mini-Notebook, mit dem er sich per Internet auf dem Server in Falkensee einloggte.
Talert beobachtete ihn, konnte jedoch nicht sehen, was auf den Displays angezeigt wurde, da er Ruschkow gegenübersaß.
»Läuft alles nach Plan?«, wagte er zu fragen, der es als zermürbend empfand, machtlos diesem Terroristen zuschauen zu müssen, so wie damals im Verhörraum der Stasi. Es war für Talert eine unerträgliche Situation. Wenn er wenigstens sehen könnte, was auf den Monitoren angezeigt wurde.
Talerts Blick ließ Ruschkow nicht mehr los, der sich dadurch jedoch nicht aus der Ruhe bringen ließ. Er überlegte, welchen Fluchtweg sich Ruschkow zurechtgelegt haben könnte. Das Europa-Center war umstellt, er liefe unweigerlich der Polizei in die Arme, egal, welchen Ausgang er nehmen würde. Zu gern hätte Talert in Ruschkows Tasche gesehen, die neben ihm auf dem Fußboden stand. Vielleicht wäre darin etwas zu finden, was seine Pläne durchleuchten ließe. Aber Ruschkow hatte sie zu gut platziert, um unbemerkt an sie heranzukommen.
Talert sah aus dem Fenster hinüber auf die Dächer, wo unzählige SEK-Beamte in Stellung lagen. Er hatte sie längst entdeckt und wusste, dass jeder dieser Scharfschützen seine Waffe auf Ruschkow richtete und auf einen Schießbefehl wartete. Was ging Talert alles durch den Kopf? Wussten die Schützen überhaupt, wer von ihnen beiden Ruschkow war? Vielleicht war er es auch, dessen Stirn im Visier der Präzisionsgewehre zu sehen war? Er versuchte, sich selbst zu beruhigen. Solange Gäste im Restaurant waren, würde kein Schießbefehl erteilt werden, hoffte er zumindest.
Talert wünschte, er könnte mit der Polizei Kontakt aufnehmen, doch sein Handy hatte er verloren, als Ruschkow ihn in den Fahrstuhl gezerrt hatte. Ihm musste etwas anderes einfallen, wie er den Beamten ein Signal geben könnte. Zweifellos waren mehrere Ferngläser auf die Fenster im zwanzigsten Stockwerk gerichtet.
In einem unbeobachteten Moment blickte Talert zum Nachbartisch, an dem zwei junge Frauen saßen. Mit Handzeichen versuchte zu signalisieren, in welcher Lage er sich befand. Doch die Frauen verstanden ihn nicht, sondern sahen darin den plumpen Versuch, mit ihnen anzubändeln. Entrüstet wandten sie sich ab. Auch andere Gäste reagierten nicht auf seine verzweifelten Versuche, auf sich aufmerksam zu machen.
Unterdessen wurde Ruschkow immer unruhiger, was Talert nicht verborgen blieb. Wer nervös wird, ist unaufmerksam und macht Fehler, dachte sich Talert und riskierte etwas, was man durchaus als Kurzschlusshandlung betrachten konnte. Blitzartig griff er zum Notebook und drehte dies zu sich her.
»Lass' doch mal sehen, was du da hast«, sagte er gleichzeitig und fast genauso schnell zerrte Ruschkow den Computer wieder zu sich.
»Versuch' das nie wieder – verstanden? Denk' an meine Waffe!«
Es bestand auch kein Grund, es noch einmal zu versuchen, denn Talert hatte gesehen, dass es sich um einen Kontoauszug handelte, der auf dem Notebook angezeigt wurde. Er
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