Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
Verkehrsunfalls verstorben war, also nichts mit den Vorfällen zu tun hatte.
»Sie wollen mich auf den Arm nehmen, nicht wahr?«, schimpfte der Mann und richtete seine Waffe auf Morgenthal.
»Hören Sie schon auf! Ich bin genauso überrascht wie Sie. Also nehmen Sie dieses Ding da herunter. Wenn ich bedroht werde, kann ich nicht nachdenken.«
Wo befanden sich die Leichen? Auf gar keinen Fall konnten sie bereits abgeholt worden sein. Da war sich Professor Morgenthal absolut sicher, denn bei jedem Abtransport musste er als Klinikchef gegenzeichnen. Und dies war bisher nicht passiert.
5
Der Tag begann wie jeder andere. LeClerc frühstückte mit seiner Familie, verabschiedete seine Tochter in die Schule, fuhr ins Institut und machte dort seinen täglichen Rundgang durch die gigantische Anlage des Teilchenbeschleunigers. Zu dieser Zeit dachte er nicht im Entferntesten daran, dass dieser Tag eine unerwartete Wendung nehmen könnte. Doch nun saß er im firmeneigenen Learjet, der mit achthundert Kilometern pro Stunde Richtung Norden schoss. Er saß angeschnallt auf dem ersten Platz rechts, links neben ihm seine Kontrahentin Dutronc, die sich zu seiner Verwunderung als Agentin des französischen Geheimdienstes ausgewiesen hatte. Die Tür zum Cockpit stand offen, sodass er den Flugkapitän sehen konnte.
Was wurde hier gespielt? Dutronc hätte es viel einfacher haben können, LeClerc vom begehrten Chefsessel bei CERN zu verdrängen. Einer Intrige hätte es nicht bedurft. Erst recht nicht einer derart profanen Behauptung, er sei Mitglied einer terroristischen Vereinigung. Oder war alles nur ein großes Missverständnis? War Dutronc tatsächlich Agentin des französischen Geheimdienstes und in dieser Funktion bei CERN eingeschleust worden? LeClerc suchte verzweifelt nach Antworten, die ihn vielleicht dabei helfen würden, sich aus dieser Lage zu befreien. Er hatte nicht die Absicht, irrtümlich als Terrorist verurteilt zu werden und in einem der Hochsicherheitstrakts für den Rest seines Lebens zu verschwinden.
Dutronc musste ihn schon sehr lange beobachtet haben, nur so konnte sie auf diese absurde Idee gekommen sein. Zweifellos hatte sie gesehen, wie er in Genf das Gebäude an der Rue Eaux-vives betreten hatte, in dem das Centre Islamique residierte. Völlig abwegig, dort eine terroristische Keimzelle zu vermuten. Mit seinem Besuch wollte LeClerc lediglich seiner Tochter helfen, die in der Schule an einem Lernprojekt über den Islam teilnahm.
LeClerc kam zu dem wenig verheißungsvollen Schluss, dass es nur einen einzigen Menschen gab, der wusste, dass der Verdacht gegen ihn absolut haltlos war: er selbst. Er musste es dringend beweisen.
Er sah aus dem Fenster und beobachtete die weißen Wolken unterhalb des Jets, die wie schneebedeckte Berggipfel idyllisch aussahen. Er dachte an das world-wide-web, das keine Grenzen kannte, ebenso wenig, wie die Wolken unter ihm.
Seit Jahren gab es einen Streit darüber, ob das amerikanische Militär der Erfinder des weltumspannenden Computernetzwerks war oder nicht. Glaubte man den Schweizern, war CERN der Urheber, um den weltweit zwanzigtausend Mitarbeitern einen leichten Zugriff auf sämtliche Forschungsdaten zu ermöglichen.
Wie auch immer. LeClerc war es egal. Er hatte ganz andere Probleme. Im weitesten Sinne hatten diese allerdings etwas mit der modernen Vernetzung zu tun. Die Schweizer und französischen Geheimdienste konnte er abschütteln, doch ihm war klar, dass seine Maschine auf sämtlichen Radarschirmen der Welt mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt wurde und hunderte E-Mails um den Erdball rasten, in dem sein Name stand. Egal, auf welchem Flughafen auch immer der CERN-Jet landen würde, ein Aufgebot an Polizeikräften würde ihn in Empfang nehmen. Keine sehr aussichtsreiche Position, in der er sich befand. Nur in der Luft würde er frei sein, doch früher oder später musste die Maschine irgendwo landen.
Seit dem 11. September war man sensibel geworden. Er dachte an Afghanistan, wo die Nato gegen die Taliban kämpfte, ohne wirkliche Erfolge verzeichnen zu können. War hier ein Grund für den plötzlichen Rücktritt der deutschen Regierung zu suchen? Die politische Rechtfertigung des Nato-Einsatzes war längst in Frage gestellt worden.
»Wie soll es jetzt weitergehen?«, fragte LeClerc. Dutronc sah ihn lächelnd an, als hätte sie mit alledem nichts zu tun und wäre gerade dabei, ihm die Freiheit zu retten.
»Ich bin auf deiner Seite«, antwortete Dutronc
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