Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
rinnt es wieder in die Auffangrinne, in der das Wasser wiederum erhitzt wird.
Im Deckel ist ein kleines Loch eingearbeitet, durch das der Dampf, der nicht kondensiert, entweichen kann. Befindet sich kein Wasser mehr im Inneren, so hört der Eierkocher auf zu arbeiten, und die Eier sollten perfekt zubereitet sein.
Darstellung eines Eierkochers: Über das Loch am Deckel kann der Dampf entweichen. Ist kein Wasser mehr vorhanden, so schaltet sich der Wasserkocher aus. Da der Wasserdampf an der Oberfläche der Eier kondensiert, werden die Eier erwärmt. Dieses Kondenswasser rinnt wieder in die Wasserwanne zurück und kann erneut verwendet werden. Deshalb braucht man für mehr Eier weniger Wasser, wie man am Messbecher ganz rechts erkennen kann.
Damit bleibt noch die Frage: Warum weniger Wasser, wenn man mehr Eier „kocht“? Viele glauben, dass es vor allem um das Volumen geht. Mehr Eier nehmen mehr Volumen ein, und so braucht man weniger Wasser. Aber ganz so einfach ist es nicht. Verdampft man einen Liter Wasser, so erhält man rund 1700 Liter Dampf. Also müsste man nur einen kleinen Tropfen Wasser verdampfen, um das „fehlende“ Volumen auszugleichen. Nein, der Grund ist ein anderer. Befinden sich in einem Eierkocher mehr Eier, so gibt es auch mehr kalte Flächen. Dadurch wird mehr Wasser an den Eiern kondensieren. Da das Wasser aber recycelt wird, steht nun mehr Wasser zur Verfügung, als wenn man weniger Eier verwenden würde. Es geht hier um die Oberfläche und nicht um das Volumen der Eier.
Wesentlich für das Funktionieren des Eierkochers ist das Loch in der Abdeckhaube. Wird es verkleinert oder vergrößert, so kann weniger beziehungsweise mehr Dampf entweichen. Dadurch wird der Vorgang verkürzt oder verlängert. Daran sollte man nicht „herumpfuschen“. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber, dass die Skalen der Messbecher der Eierkocher nicht wirklich gut justiert sind. Das hängt damit zusammen, dass nicht berücksichtigt wird, ob das Ei aus dem Kühlschrank kommt oder bei Raumtemperatur gelagert wurde. Auch bleibt die Größe der Eier unberücksichtigt. Hier gibt es noch viel zu tun.
Von Ochsenaugen und Spiegeln
Damit könnten wir einmal über eine andere Art der Eierzubereitung diskutieren: das Braten von Eiern. Wie bereitet man ein perfektes Spiegelei zu?
Nun, die Antwort könnte so einfach sein, aber ich habe in meinem Leben, außerhalb meiner Wohnung, nur ganz selten ein gelungenes Spiegelei gesehen. Nicht einmal in den weltberühmten Wiener Kaffeehäusern durfte ich diese Spezialität in Vollkommenheit erleben. Als ich vor ein paar Jahren im ungarischen Speisewaggon saß und gemütlich meinen Tee trinken wollte, sah ich ein perfektes Spiegelei. Auf einer Skala von eins bis zehn war es eine glatte Zehn. Leider waren damals die Digitalfotoapparate noch nicht so üblich, und ich starrte auf den Teller meines unbekannten Gegenübers. Dem war die Szenerie schon ziemlich peinlich, aber ich war von dem Ei so fasziniert. Nach ein paar Minuten fragte mich mein Gegenüber, ob ich nicht doch einmal kurz kosten wollte – meine Augen dürften wohl zu groß geworden sein. Ich lehnte dankend ab und erklärte, welches Wunderwerk er gerade vor sich hatte und wie wenig er es wohl zu schätzen wusste.
Gehen wir nun so vor, wie es vermutlich die meisten von uns machen würden: Wir erhitzen eine Pfanne mit etwas Butter, warten, bis die Butter geschmolzen ist und schlagen zwei Eier hinein. Das Eiklar wird sich über weite Gebiete der Pfanne verteilen, während die Dotter auf dem zähflüssigen Eiklar draufsitzen. So bald die Pfanne eine Temperatur von rund 100 °C erreicht hat, beginnen sich kleine Dampfbläschen zu bilden. Das Eiklar schlägt kleine Blasen. Dies lässt sich verhindern, indem man mit einer Gabel in das Eiklar hineinsticht. Durch diese Löcher kann der Dampf leicht entweichen, und die Oberfläche bleibt schön flach. Die Temperatur steigt weiter an, und bei rund 160 °C beginnen Teile des Eiklars, meist am Rand, zu verbrennen. Dem Dotter ist aber weiterhin kalt, er wird immer noch nicht von der Flamme geküsst. Natürlich könnte man die Eier weiterbraten, bis der Dotter cremig wird, aber dann ist das dünnflüssige Eiklar endgültig verbrannt. Sie erhalten so eine besonders knusprige Eierspeise. Manche mögen dies, aber einfach so servieren sollte man diese nicht.
Also müssen wir die Pfanne verkleinern. Es gibt eigene kleine Spiegeleierpfannen, sogar mit Deckel. Oder man kauft
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