Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
gegeben. Bei einer Eierspeise darf dann nicht mehr Hand angelegt werden, bis auch der obere Bereich durch ist. Das führt dazu, dass der untere Bereich fast schon verbrannt sein kann, und oben ist die Eierspeise noch leicht glibberig. Bei einem Rührei kann das nicht passieren. Auch hier werden die Eier verrührt, aber in der Pfanne wird dann die „Eierspeise“ in kleine Flocken zerrissen. Diese Flocken sollte man hin und wieder wenden. Hier besteht kaum die Gefahr, dass die Eier verbrennen, allerdings werden die Eier auch nicht ganz so flaumig. Aber es gibt ja noch Pfannkuchen, Palatschinken und Omeletts, von denen in einem anderen Kapitel die Rede sein wird.
Apropos Salz: Welches sollen Sie Ihren Gästen zum Spiegelei anbieten? Meersalz, Himalajasalz oder das gewöhnliche, billige Salz aus der Saline? Betrachten wir einmal, woraus Salz besteht: aus Natriumchlorid (NaCl) und einigen Verunreinigungen. Den salzigen Geschmack verursacht das Natrium. Die Verunreinigungen können etwas Gips oder Eisenoxidverbindungen sein. Zusätzlich wird manchen Salzen noch eine Rieselhilfe beigemengt. Dafür verwendet man Kalk (Calciumcarbonat), Magnesiumcarbonat oder Silikate. Ohne diese Rieselstoffe würde das Salz an der Luft verklumpen. Es nimmt gerne Flüssigkeit auf, und die dadurch neu entstandenen Kristalle lassen sich nicht mehr ganz so gut verwenden. Diese Zusatzstoffe sind gesundheitlich völlig unbedenklich: Kalium-, Calcium-und Magnesiumionen sind wichtige Bestandteile des Trinkwassers, in Mineralwässern finden sich auch gelöste Silikate. Alle Salzsorten weisen ein paar Verunreinigungen auf – aber das erklärt den Preisunterschied nicht. Woran liegt es also, dass es ein enormes Preisgefälle bei Salz gibt? Manche Köche würden nun sagen, dass die Salze teilweise unterschiedlich schmecken, teilweise auch anders. Wie kann man sich diesen Unterschied erklären – Salz ist doch Salz, oder?
Der unterschiedliche Salzgeschmack hängt ausschließlich vom Mahlgrad beziehungsweise von der Korngröße der Salzkörner ab. Je feiner das Salz gemahlen ist, umso mehr Moleküle können sich auf der Zunge gleichzeitig lösen, und umso aggressiver erscheint uns das Salz. Sind die Körner aber um einiges größer, so dauert es etwas länger, bis das Salz auf der Zunge zergeht, und es erscheint uns daher deutlich milder. Erlauben Sie sich doch einmal den Spaß und geben Sie die gleiche Menge (wichtig ist das Gewicht, nicht das Volumen) Meersalz und Salinensalz in warmes Wasser. Wenn sich das Salz aufgelöst hat, lassen Sie doch jemanden kosten, welches Salzwasser besser schmeckt. Sie sollten jemand anderen kosten lassen, denn selber ist man voreingenommen (Doppelblindversuch).
Viele glauben auch, dass sich im Meersalz zusätzliche Stoffe befinden, die der Gesundheit dienen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Meere auch nicht immer so sauber sind, wie uns die Urlaubsprospekte weismachen wollen. In den Meeren, an den Küsten finden wir Ölverschmutzungen, Tierfäkalien, Abwässer aus Großstädten und Industrie und sonst noch so einigen Unrat. Und aus diesen Meeren wird das teure Meersalz bezogen.
Salz hingegen, das in Bergwerken gewonnen wird, ist natürlich nicht von der südlichen Sonne beschienen. Es kommt aus dumpfen, traurigen Höhlen und hat ein schlechtes Image. Aber wie kam das Salz eigentlich in diese Höhlen beziehungsweise unter die Erde? Tja, früher gab es an ganz anderen Stellen große Meere, die im Laufe der Jahrtausende eingetrocknet sind. Die Kontinente verschoben sich, manch eingetrocknetes Salz wurde von anderem Gestein überdeckt, und Jahrmillionen später konnte der Mensch durch Bergbau das Salz wieder gewinnen. Das Salz der Salinen ist genau genommen prähistorisches Meersalz. Wie wird es gewonnen? Man leitet Wasser in die Stollen, dabei löst sich das Salz auf. Danach wird das salzhaltige Wasser, die Sole, in die Saline geleitet und dort „getrocknet“, genauso wie Meersalz. Es gibt keinen Unterschied zwischen Meersalz und dem Salz der Salinen vom Standpunkt der Physik und Chemie – außer beim Preis.
Was ist nun am Himalajasalz so besonders? Erstens der famose Preis und zweitens, dass dieses rosa getönte Speisesalz im Wesentlichen in der pakistanischen Provinz Punjab abgebaut wird. Der Himalaja ist zwar in der Nähe, aber das ist auch schon alles. Rund 30 Prozent dieses teuren Salzes werden übrigens in Polen abgebaut. Die rosa Farbe erhält das Salz durch Eisenoxidverbindungen. Die
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