Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
obwohl dieses Fleisch eigentlich trockener ist als zum Beispiel Schweinefleisch. Es sollte sich genügend Fett in der Pfanne befinden, denn das Schnitzel kühlt sonst das Fett ab, und die Temperatur sinkt unter 140 °C. Dadurch würde sich das Fleisch mit Fett vollsaugen.
Wenn Sie viele Schnitzel etwa für eine Kinderparty zubereiten sollten, so fehlt Ihnen vermutlich eine ausreichend große Pfanne. Man bringt höchstens drei bis vier kleine Schnitzerl (Kinderportionen) in die Pfanne. Während die Kleinen dann schon quengeln, sind Sie leider immer noch nicht fertig. Der Schweiß rinnt Ihnen von der Stirn, und meist sollen auch noch Pommes frites her. Natürlich haben Sie die Möglichkeit, die Schnitzerl der Reihe nach in der Pfanne zuzubereiten und dann im Backrohr warm zu halten. Das Backrohr sollte eine Temperatur von rund 80 °C haben, und die Schnitzerl sollten direkt auf den Rost gelegt werden. Unter gar keinen Umständen dürfen sie in einem Topf mit Deckel gelagert werden. Aber bitte bewahren Sie die Schnitzerl nicht zu lange im Backrohr auf – sie werden sonst hart.
Eine ganz andere Möglichkeit, bei der sich wahrscheinlich beide Großmütter im Grab umdrehen würden, ist das Herausbraten der Schnitzerl direkt im Backrohr. Die Schnitzerl werden genauso wie bisher gesalzen und paniert. Aber zum Schluss werden sie auf beiden Seiten noch mit etwas Öl bestrichen. Auf ein Backblech legt man etwas Backpapier und darauf die panierten, eingeölten Schnitzerl. Das Backrohr auf 180 °C Ober-und Unterhitze vorheizen, und das Backblech einfach hineinschieben. Nach rund zehn Minuten sollte man das Fleisch einmal wenden, und nach weiteren 20 bis 30 Minuten sind die Schnitzerl fertig – alle gleichzeitig. Das bedeutet keinen Stress, und die Wiener Schnitzerl können Sie auch schon ein paar Stunden vorher vorbereiten. Die genaue Zeit hängt aber vom Backrohr und der Dicke der Schnitzerl ab. Ich stelle immer ein hitzebeständiges Gefäß mit Wasser zusätzlich in den Backofen, damit das Fleisch nicht austrocknet. Bei mir werden sie genauso knusprig wie in der Pfanne. Vielleicht möchten Sie das einmal ausprobieren.
Nun wird gerne, vor allem in Wien, behauptet, dass das Wiener Schnitzel eigentlich aus Mailand stammt. Aber die haben ihr eigenes Schnitzel – das Mailänder Schnitzel, bei dem etwas Parmesan zu den Bröseln gegeben wird. Wo kommt das Wiener Schnitzel nun wirklich her? Dem Kaiser von Konstantinopel, oder um historisch exakter zu sein, dem Basileus in Byzanz wurden die erlesensten Fleischstücke mit Blattgold überzogen serviert. Man glaubte damals noch, dass Gold sich positiv auf die Gesundheit auswirkt. Dem Kaiser wurde goldenes Fleisch gereicht – die reichen Bürger wollten dies ihren Gästen ebenfalls bieten. Da aber Blattgold auch damals schon sehr teuer war, wurden die Köche beauftragt, eine billigere Lösung zu finden. Die Idee des Ausbackens einer Panier war erfunden. Man spricht auch heute noch davon, ein Wiener Schnitzel goldgelb herauszubacken. Damit wissen wir, dass das Wiener Schnitzel aus Byzanz stammt. Die Methode des Panierens wanderte mit den byzantinischen Juden nach Marokko, mit arabischen Händlern zu den Mauren und dann nach Spanien. Dort konnten sie damit aber nichts anfangen. So wanderte das Rezept weiter nach Norditalien, wo es von Feldmarschall Radetzky für die Habsburger „entdeckt“ wurde – obwohl es eigentlich aus Byzanz stammte.
Interessanterweise findet man in der Mongolei auch das klassische Wiener Schnitzel – allerdings nicht unter diesem Namen. Die mongolische Küche ist bekannt für ihre gefüllten Teigtaschen. Oft wird gewürztes, faschiertes Hammelfleisch von einem Teig umhüllt und dann in einer Suppe oder in heißem Fett herausgebacken. Es gibt auch die Variante, dass Kalbfleisch von einem Eier-Brösel-Teig umhüllt und in Fett herausgebraten wird. Das wäre eigentlich ein Wiener Schnitzel.
Damit stellt sich die Frage: Wo ist das Wiener Schnitzel wirklich entstanden? In Byzanz, von wo es mit der Völkerwanderung nach Wien und in die Mongolei kam, oder entstand es vielleicht schon früher in der Mongolei und gelangte erst mit der Völkerwanderung nach Byzanz? Oder entstanden beide Wiener Schnitzel unabhängig voneinander in der Mongolei und in Byzanz? Spannende Fragen, die einer Antwort harren ...
Wenden wir uns einer anderen Art der Zubereitung zu: dem Dünsten und dem Schmoren von Speisen. Beim Dünsten geht es darum, Fleisch, Fisch oder Gemüse bei
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