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Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Titel: Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Gruber
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Fleisch testen. So arbeiteten Spitzenköche mit dem gesprengten Fleisch, und alle waren von dem besonders mürben Fleisch begeistert.
    Durch die Explosion entsteht im Inneren der Wassertonne eine Druckwelle. Sie breitet sich in kürzester Zeit auch im Fleisch aus und sorgt dafür, dass die zähen Kollagenfasern ganz leicht reißen. Leider gibt es noch große Probleme bei der Industrialisierung dieser Methode. Wenn dies gelingen sollte, hätte es große Vorteile in mehrfacher Hinsicht. Das Rind wird in der Früh geschlachtet, grob zerlegt, gesprengt, paketiert und kann schon am Abend verkauft werden. Damit entfallen die Kosten für die Kühlhäuser. Dass das Ganze auch energiesparend und damit im Kampf gegen den Treibhauseffekt eine sinnvolle Möglichkeit ist, sollte nicht außer Acht gelassen werden. Kühlhäuser benötigen enorme Mengen an Strom.
     
     

     
    Aber bitte machen Sie zu Hause mit einem Schweizer Kracher oder einem Piraten und zähem Fleisch keine Experimente. Es bringt nichts und ist obendrein gefährlich.
    Das Wiener Schnitzel und die Völkerwanderung
    Natürlich kann man das Fleisch nicht nur einfach anbraten. Es hat auch Sinn, das Fleisch „einzupacken“ und erst dann zu braten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Fleisch mit etwas zu umgeben.
    Als Basisvariante kann man das Fleisch würzen. Dabei muss man aber aufpassen. Nicht alle Gewürze eignen sich zum Braten. Gerade gemahlener Pfeffer bei einem Pfeffersteak sollte nicht vor dem Braten auf das Fleisch. Das Piperin, das Molekül, das für das Aroma zuständig ist, würde nämlich verbrennen, und es bliebe nur ein scharfes Aroma übrig.
     
    Sie können das Fleisch auch mit Senf bestreichen. Vom Standpunkt der Physik spricht nichts dagegen, außer dass auch hier einige Aromen zerstört werden können. Es stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, dann gleich mit den Bratenrückständen eine eigene Sauce und im Bedarfsfall eine Senfsauce anzubieten.
    Dann besteht die Möglichkeit, das Fleisch, insbesondere ein Schweinsschnitzel in Mehl zu wälzen und herauszubraten. Diese Vorgehensweise wird uns besonders viele zusätzliche Aromastoffe liefern. Gerade durch das Mehl und die hohen Temperaturen können leicht Maillard-Reaktionen ausgelöst werden. Achten Sie aber unbedingt darauf, dass sich während der gesamten Bratdauer genügend Fett in der Pfanne befindet und eine ausreichend hohe Temperatur herrscht. Gibt es Bereiche auf dem Schnitzel, die bemehlt wurden, aber nicht einer ausreichend hohen Hitze ausgesetzt wurden, so schmecken sie bloß nach Mehl.
    Damit sind wir auch gleich bei der Frage, welches Fett man für das Braten verwenden sollte. Ich persönlich bin ein Anhänger von ganz gewöhnlichem Maiskeimöl. Es ist praktisch geschmacksfrei und hält auch hohen Temperaturen stand. Das bedeutet, es verbrennt nicht so schnell. Somit stellt es auch einen guten Schutz für das Fleisch dar – das Fett kühlt während des Bratvorgangs durch sein Verdampfen. Aber es existieren verschiedenste Fette, die sich durch den Geschmack, den Rauchpunkt, den Preis und auch durch die gesundheitliche Wirkung unterscheiden.
    Zuerst sollte man erklären, woraus Fette eigentlich bestehen, denn es gibt nicht das Fett schlechthin. Fette bestehen aus Molekülen und sind aus den gleichen Bausteinen wie alle andere Materie im Universum aufgebaut. Diese Moleküle sind lang gestreckt und bestehen aus 6 bis 26 Kohlenstoffatomen. Manche dieser Kohlenwasserstoffverbindungen haben einen Knick. Das bedeutet, dass es am Knick eine doppelte Verbindung gibt. Damit unterscheidet man zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren. Einfache ungesättigte Fette weisen nur einen Knick auf, mehrfach ungesättigte Fette dagegen mehrere Knicke. Gesättigte Fette haben überhaupt keinen Knick – sie sind gerade. Die geraden Moleküle können sich leichter nebeneinander anordnen. Es gibt ja keine Knicke, die bei der Ordnung stören. Fette, die bei Raumtemperatur fest sind – bei ihnen kann sich leichter eine Kristallstruktur bilden –, bestehen in der Regel zu einem größeren Anteil aus gesättigten Fettsäuren, während bei den geknickten Molekülen eine Ordnung nur schwer herstellbar ist. Die ungesättigten Fette sind in der Regel bei Raumtemperatur und darunter immer noch flüssig.
     

    Das obere Molekül ist eine gesättigte Fettsäure. Die untere Fettsäure hat eine Doppelbindung, dadurch entsteht ein Knick – es handelt sich um eine ungesättigte

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