Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
höchsten Güteklasse „nativ extra“ frei von Schadstoffen war. (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe wurden in jedem Produkt, Weichmacher in jedem zweiten Produkt gemessen.)
Anteil der Fettsäuren in Fetten
Fette
gesättigt
ungesättigt mehrfach
einfach ungesättigt
Ente
33,2
49,3
12,9
Gans
27,7
56,7
11,0
Rind
49,8
41,8
5,0
Schwein
39,2
45,1
11,2
Somit wollen wir uns wieder mit der „Verpackung“ von Fleisch beschäftigen. Man kann ein Schweinsschnitzel mit Mehl und verschlagenen Eiern umhüllen. Beim sogenannten Pariser Schnitzel hat das Ei eine interessante Aufgabe. Die Panier aus Mehl und Ei bildet eine Schutzschicht für das Fleisch. Die Wärme kann nicht so leicht durch die Panier zum Fleisch vordringen. So wird das Fleisch im Inneren langsamer erwärmt. Eine langsame Erwärmung hat den Vorteil, dass sich die Kollagenfasern, die dem Fleisch Stabilität geben, nicht so schnell zusammenziehen. Trotzdem werden die Proteine des Fleisches dazu veranlasst, zu denaturieren. Dadurch wird kein Fleischsaft herausgedrückt, und das Schnitzel bleibt im Inneren schön saftig.
Für diesen Effekt sind zwei Reaktionen erforderlich. Einerseits leitet das verquirlte Eiklar mit dem Dotter nur schlecht die Wärme weiter. Andererseits bilden sich in der Panade aus Ei bei höheren Temperaturen Dampfblasen. Während Dampfblasen entstehen, steigt die Temperatur im Inneren des Fleisches nicht so rasch an. Das Fleisch wird etwas langsamer erhitzt. Nun steht das im Widerspruch zum vorigen Kapitel: Fleisch muss bei höchst möglichen Temperaturen für möglichst kurze Zeit angebraten werden. Diese Aussage stimmt immer noch, aber das Problem liegt darin, zu erkennen, wann das Ende der Bratzeit erreicht ist. Durch die Panade wird die Bratzeit etwas verlängert. Normalerweise spricht man von einer klar definierten Koch-oder Bratzeit. Das Schnitzel braucht, wie man so schön sagt, zum Beispiel fünf Minuten. Diese Aussage ist aber so nicht richtig. Es gibt Speisen, die nach fünf Minuten und 30 Sekunden perfekt sind. Trotzdem kenne ich kein Kochbuch, das die Zeit in Sekunden anführt.
Der Grund ist ganz einfach. Es gibt einen Zeitbereich, in dem man das Fleisch aus der Pfanne herausnimmt. Oft wird hier sehr intuitiv gearbeitet und die Bratdauer auf die anderen Prozesse in der Küche abgestimmt. Sind die Kartoffeln bereits fertig, nimmt man das Fleisch vielleicht schon etwas früher heraus. Wartet man noch auf die Erbsen, so werden aus fünf schnell einmal sechs Minuten. Obwohl Sie die Bratdauer um eine Minute verändern, werden Sie in der Regel kaum einen geschmacklichen Unterschied feststellen. Es gibt keine klar definierte Kochdauer, aber eine Kochdauer mit einem Intervall. Wird dieses Intervall unter-oder überschritten, so führt dies zu einem anderen Geschmackserlebnis. Das Intervall kann eine Größe von einer bis zu einigen zehn Minuten haben. Die Panade hat nun den Vorteil, dass dieses Intervall vergrößert wird. Die Bratdauer verlängert sich, aber auch das Intervall wird größer. Das bedeutet, dass wir etwas großzügiger mit der Kochdauer umgehen können. Viele Methoden in der modernen Küche versuchen Einfluss auf das Kochintervall zu nehmen. Gerade bei Keksen (Plätzchen) im Backrohr ist es wichtig, das Intervall massiv zu vergrößern. Dadurch erhalten wir Kekse, die sicher fertig gebacken, aber auch nicht verbrannt sind. Aber das bespreche ich erst im Kapitel „Im Wendekreis der Torten“.
Die Panade hat freilich auch den Vorteil, dass der Fleischsaft, wenn das Fleisch zu lange gebraten wurde, nicht so leicht in die Pfanne rinnen kann. Deshalb sollte das Fleisch nicht zu dick geschnitten sein. Denn sonst würde die Panier verbrennen, und das Innere wäre noch nicht durch. Verwenden Sie daher möglichst heißes Fett und dünnes Fleisch.
Um den Vorgang zu perfektionieren, gibt man zum verrührten Ei auch noch Brösel. Diese haben den Vorteil, dass sie saugfähig sind und diese Saugfähigkeit auch noch im verrührten Ei besitzen. Durch die Brösel können ebenfalls die Maillard-Reaktionen leichter ablaufen, die zu einer knusprig goldgelben Panier führen. Es steht mehr Zucker (Stärke) zur Verfügung. Das Fleisch ist nun durch die Panade geschützt, aber um ganz sicher zu gehen, dass sich das Kollagen nicht zusammenzieht, sollte man auf Kollagen verzichten. Dies ist der Grund, warum man bei einem echten Wiener Schnitzel Kalbfleisch verwendet. Es enthält weniger Kollagen. Damit bleibt es saftiger,
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