Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
zu einem Nudelgericht.
Um den Laien den Zugang zur Molekulargastronomie zu erleichtern, gibt es nun eine Firma, die alle Chemikalien für diese neuen Techniken anbietet. Unter der Webpage www.diegenussformel.at finden Sie dazu einen Link. Es gibt sogar schöne, nette Bausätze, wo alles inkludiert ist, um sich am Anfang ein wenig zu spielen. Das Ganze ist zwar nicht besonders billig, aber man kommt lange damit aus, wenn man nicht gleich für ein paar hundert Personen kocht.
Möchten Sie etwa besonders stabile Schäume schaffen, so nehmen Sie sieben gestrichene Dosierlöffel (gibt es ebenfalls bei besagter Firma) Celluzoon und lösen es in 100 Milliliter warmem Wasser auf. Dieses Celluzoon ist eine spezielle Zelluloseart. Die Zellulose ist vergleichbar mit dem Kollagen, allerdings ist sie pflanzlichen Ursprungs. Zu dieser Lösung geben Sie nun eine beliebige Flüssigkeit, die Sie aufschäumen möchten. Die Flüssigkeitsmenge sollte rund 0,9 Liter betragen. Damit der Schaum besonders stabil wird, fügen Sie noch vier gestrichene Dosierlöffel Xanthazoon (das ist Xanthan, ein Verdickungsmittel, das Sie sicher auch schon verzehrt haben) zu der Mischung. Optimalerweise gibt man diese Flüssigkeit in eine Espuma-Flasche. Nachdem die Flüssigkeit auf Kühlschranktemperatur abgekühlt ist, können Sie beginnen, ihre Schäume auf den Speisen zu verteilen.
Besonders spektakulär ist die Herstellung von Kaviar oder von flüssigen Kugeln. Dazu benötigt man das Geliermittel Algizoon. Dabei handelt es sich um Zellwände von Braunalgen. Sie nehmen vier gestrichene Dosierlöffel Algizoon auf 120 Milliliter Wasser. Das Ganze wird verrührt, und am besten lässt man es noch ein paar Stunden stehen. Dann verschwinden die letzten Luftblasen. Diese Mischung verrühren Sie mit 240 Milliliter Saft oder Likör. In einer anderen Schüssel löst man fünf gestrichene Dosierlöffel Calazoon in 130 Milliliter Wasser auf. Dabei handelt es sich um Calcium-Laktat, einem Calciumsalz der Milchsäure.
Möchten Sie Likörkaviar herstellen, so ziehen Sie Ihre Liköroder Saftmischung in einer 50 ml-Spritze auf und lassen die einzelnen Tropfen in das Calazoon-Bad tropfen. Nach rund 30 Sekunden sollten Sie diese kleinen Tropfen herausholen – am einfachsten mit einem Teesieb. Die Kügelchen kurz mit kaltem Wasser abspülen und servieren. Greifen Sie zu dunklem Johannisbeerlikör, so sieht dies täuschend echt aus – am besten auf weißem Joghurt serviert.
Wollen Sie flüssige Kugeln herstellen, nehmen Sie einen Teelöffel und geben etwas von der Saft-Likörmischung darauf. Dann tauchen Sie den Löffel mit dem Saftgelee in das Calciumbad und drehen den Löffel vorsichtig um. Es löst sich ein großer Tropfen vom Löffel. Ebenfalls nach rund 30 Sekunden fischen Sie die Tropfen heraus und spülen sie mit Wasser ab. Sobald Sie einen solchen Tropfen im Mund haben, glauben Sie, dass es sich um ein Gummibärchen, allerdings mit einem anderen Geschmack, handelt. Beißen Sie jedoch hinein, so zerplatzt der Tropfen, und der flüssige Inhalt ergießt sich über die Zunge. Diese Drops sind besonders eindrucksvoll in einem Glas Sekt.
Was passiert dabei? Durch das Calciumbad beginnt das Saft-Likörgel sofort zu gelieren.
Mit diesen Effekten kann man natürlich beeindrucken, aber nur wenn sie maßvoll eingesetzt werden, zum Beispiel bei einem Aperitif oder als kreative Beilage. Aber Vorsicht, das Ganze funktioniert nicht mit besonders säurehaltigen oder stark alkoholischen Getränken – Liköre sind optimal.
Eine neue Möglichkeit besteht im Frittieren ohne Fett. Man nimmt 300 Gramm Trehalose-Zucker (erhält man in der Apotheke, vielleicht auch einmal im Supermarkt) und 100 Gramm Wasser und erhitzt beides. Dabei entstehen Temperaturen von rund 120 °C. Damit kann man schon frittieren. Der Vorteil dieses Zuckers besteht darin, dass es zu keiner Karamellisierung kommt. Der Nachteil ist aber auch, dass keine Maillard-Reaktion einsetzt. Trotzdem kann man damit Faschingskrapfen herausbacken, diese sehen jedoch ziemlich blass aus. Fettfreies Frittieren hat schon etwas, und keine Angst: Das Frittierte schmeckt nicht besonders stark nach Zucker.
Die letzte Möglichkeit besteht in der Verwendung von Alkohol. Man nimmt zwei Eier und vier Stamperl (österreichische umgangssprachliche Bezeichnung für ein Schnapsglas mit 4 cl Füllinhalt) höchstprozentigen Schnaps – mindestens 60 Prozent, besser sind 80 Prozent – und gießt ihn über die Eier. Sie müssen nur
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