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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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glaube, sie ist mit dem Auto gefahren. Worüber hatten Sie gesprochen?«
    »Was?«
    »Worüber haben Sie sich unterhalten?«
    Der Rauch des Feuers umgab uns. Schwaden umwaberten die Krempe seines Huts und ließen ihn düster und geisterhaft wirken.
    »Über Ihren Plan«, erwiderte ich. »Die Albert Hall. Ihren komplizierten Plan.«
    Er lächelte seltsam bitter. »Der Plan ist kompliziert, weil die Atmosphäre kompliziert ist.« Und dann verschwand er im Rauch wie ein Beschwörer oder Bühnenzauberer.
     

16.
    Nach diesem sonderbaren Zwischenfall ging ich den Rymans eine Weile aus dem Weg. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Genug zu tun hatte ich auch so. Von Whybrow hatte ich immer mehr Arbeit bekommen. Eine Flut von Nachrichten kam aus Dunoon, und Whybrow wurde ziemlich ungemütlich, wenn man nicht sofort an die Arbeit ging. Neben meinen regulären Beobachtungen, Barometerablesungen und so weiter musste ich Flugpläne für einen Flugplatz in der Nähe ausarbeiten. Gelegentlich sollte ich auch Vorberechnungen für den Einsatz von Rauchgranaten zum Schutz von Artilleriestellungen durchführen.
    Es frustrierte mich, dass ich so viel Zeit auf diese Zusatzarbeit verwenden musste, aber ich konnte sie auch nicht einfach ablehnen. Whybrow versuchte, mich seiner Autorität in diesem kleinen Reich zu unterwerfen, aber das war nur einer der Gründe. Die Natur des Krieges - und des Wetters - bedeutete, dass diese Arbeit schon deshalb wichtig war, weil sie überhaupt anfiel, auch wenn sie wahrscheinlich nicht ganz so entscheidend war wie der eigentliche Grund meines Aufenthalts in Kilmun. Trotzdem machte ich es mir hier und da manchmal etwas einfach, worüber Whybrow hin und wieder an die Decke ging.
    Ich hatte also nicht viel Zeit, Ryman zu besuchen, obwohl Sir Peters Instruktionen für mich immer noch oberste Priorität hatten. Das glaube ich wenigstens ... Ein anderer Teil von mir träumte vor sich hin und konnte nicht viel weiter denken als über die Dorfgrenzen von Kilmun hinaus. Trotz all der Soldaten und Schiffe schien die Invasion des europäischen Festlands unvorstellbar weit weg.
    Mir kam die Idee, Ryman einfach noch einmal – ganz direkt - zu bitten, mir die Anwendung seiner verdammten Zahl genau zu erklären. All die Listen und Täuschungen lagen mir psychologisch einfach nicht. Ich war fast dankbar für die viele Arbeit, da ich so wenigstens nicht ständig darüber nachdachte, dass ich Sir Peters Auftrag immer noch nicht erfüllt hatte. Bisher hatte ich ihm nur einen ziemlich allgemein gehaltenen Brief geschickt, in dem ich ihm von bescheidenen Fortschritten erzählte.
    Die ganze Situation war eigenartig. Ich war zu dem Schluss gekommen, dass Gills Versuch, mich zu verstümmeln, definitiv Absicht gewesen sein musste - aber ich konnte mir beim besten Willen keinen Grund dafür vorstellen. Und wenn sie wirklich schwanger war, warum hatte sie die reife Verführerin gespielt? Und was hatten all die Patronenhülsen im Haus eines Pazifisten zu suchen? Im Angesicht all dieser Rätsel war ich dankbar für die raubeinige Einfachheit Mackellars.
    Es wurde zur Gewohnheit, dass wir uns am Ende des Arbeitstages an der Trockenmauer am Rand des Feldes trafen, auf dem die Kate stand, und gemeinsam rauchten und manchmal einen Schluck Whisky tranken. Ich rauchte Zigaretten. Mackellar hatte seine Pfeife, eine schöne aus Kirschenholz, wie auch ich sie heute rauche, nachdem ich den Zigaretten im hohen Alter abgeschworen habe.
    Manchmal gesellten sich ein oder zwei der Waldarbeiter auf dem Weg den Hügel hinab zu uns. Bärtige, wortkarge Männer mit knochigen Gesichtern in grünen Overalls voller Sägespäne, die einen anderen Akzent hatten als Mackellar, wenn sie denn überhaupt sprachen. Er sagte, dass die meisten von ihnen aus den Highlands kamen und aus Familien stammten, die schon seit Generationen Waldarbeiter waren.
    Die langgliedrigen und irgendwie bedrohlich wirkenden Männer - sie wirkten, als könnten sie einem die Kehle aufschlitzen, ohne mit der Wimper zu zucken - machten ihre mangelnde Gesprächigkeit mit Fläschchen voll Schnaps wieder wett, den sie oben in den Lagern selbst brannten. Diese Zusammenkünfte zeichneten sich durch eine beruhigende, entspannte Stimmung aus, und bei ihnen wurde nie etwas gesagt, was es wert war, aufgeschrieben zu werden. Wir saßen alle nur da und machten oft ohne Rückmeldung unzusammenhängende Bemerkungen - über das Wetter und das Holz, Tiere, die Landschaft oder Werkzeuge -, bis

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