Die gepluenderte Republik
auskömmliches Einkommen, ein funktionierendes Gesundheits- und Rentensystem.« 42
Man mag das ja abfällig als Tagträumerei abtun. Aber schließlich hat der Ökonom und Banker Muhammad Junus aus Bangladesch für ganz ähnliche Ideen im Jahre 2006 den Friedensnobelpreis erhalten.
Festzuhalten bleibt: So viel Geld kann man den Banken gar nicht in den Rachen werfen, als dass sie nicht noch mehr erzwingen wollten. »Kreditklemme drosselt den Aufschwung«, titelt
Spiegel Online
am 29. September 2009.
»Wenn Firmen sich von Banken erpresst fühlen«, ist dies laut
Frankfurter Allgemeine
mehr als berechtigt: »In jedem Fall kommt die Bank gegenüber einem Unternehmen, das den Kreditbeziehungsweise dessen Verlängerung unbedingt braucht, in die für sie bestmögliche Verhandlungsposition – und kann das um Kredit ersuchende Unternehmen bis zur letzten Sekunde betteln lassen.« 43
Nebenbei gefragt: Wieso verlangen vor dem Hintergrund der Finanzkrise nicht auch die Bankkunden Sicherheiten für ihre Einlagen?
Bei den – welch peinlich absurdes Unwort! – »notleidenden« Banken ist die Unterscheidung zwischen privaten und zumindest teilweise staatlichen Geldinstituten nicht ganz unwichtig. Immerhin behaupten ja die Marktradikalen, nur die Privaten könnten wirtschaften, der Staat aber nicht. In Wahrheit können schon wenige Banken mehr Schaden für die Volkswirtschaft anrichten als die gesamte Bevölkerung.
Eine besonders dreiste Augenwischerei ist die Lesart, eine nicht in Anspruch genommene staatliche Bürgerschaft habe ja den Steuerzahler keinen Cent gekostet und folglich müssten die Banken auch nichts oder kaum etwas zahlen. Mit diesem Argument allerdings könnten Millionen unfallfreie Autofahrer ihr Geld von der Kfz-Versicherung zurückfordern. Oder umgekehrt: Mit einer Staatsgarantie im Rücken, könnte jedermann sich irgendwo Geld leihen, irgendeine Currybudenkette oder eine Privatschule für Schmuddeltalk gründen. Geht’s schief, zahlt ja der Steuerzahler.
Für die Banken bedeutete der Rettungsschirm schon bald explodierende Gewinne: So machte die HypoVereinsbank allein im ersten Halbjahr 2009 über 370 Millionen Euro Plus, die Deutsche Bank sogar mehr als 3,1 Milliarden. Entsprechend schossen die Börsenkurse rasant nach oben und füllten die Taschen der Aktionäre – all dies dank des vom Steuerzahler finanzierten SoFFin, der bis Ende 2009 Garantien und Eigenkapital in Höhe von 153 Milliarden vergab. Und ungeschoren kommtder Steuerzahler auch im günstigsten Falle nicht davon – Experten schätzen den von den Banken angerichteten Schaden auf bis zu 50 Milliarden Euro.
Aber selbst Banken, die formal nicht unter den Rettungsschirm krochen und daher auch nicht die ohnehin lächerlichen Gebühren zahlen müssen, profitieren von ihm.
Wäre zum Beispiel die Hypo Real Estate nicht gerettet worden, so erläutert
plusminus
, so hätte auch die Deutsche Bank die dort angelegten Milliarden verloren. Deshalb bemängeln Experten und sogar Bundespräsident Horst Köhler, dass sich die Politik nicht wirklich darum kümmere, wer die Kosten der aktuellen Krise eigentlich trage. So findet Professor Jan Pieter Krahnen, Chef des Center for Financial Studies in Frankfurt und Berater der Bundesregierung, die Banken müssten an den erwarteten Verlusten durch künftige Bankenkrisen viel stärker beteiligt werden.
Dass die dafür angeregte Börsenumsatzsteuer von der neoliberalen schwarz-gelben Regierung gleich nach der Wahl verworfen wurde, kann nicht ernsthaft verwundern. Gegenüber
plusminus
meinte die CDU: »Alle Maßnahmen müssen von der Kreditwirtschaft mitgetragen werden.« Die wiederum ließ durch den Deutschen Bankenverband erklären, es gebe »keinen Grund, das bewährte und leistungsfähige System umzubauen oder um neue Aufgaben zu erweitern«.
»Leistungsfähig« vor dem Hintergrund von HRE und 480-Milliarden-Rettungsschirm? Dummfrecher geht’s nimmer. Wobei der Krug so lange zum Brunnen geht, bis er bricht: Wird der Steuerzahler wirklich widerstandslos ganz allein die von den Wirtschaftskriminellen verursachten Kosten bezahlen?
Ironischerweise gibt es seit 30 Jahren tatsächlich eine Art Konkursversicherung für Banken, aber was für eine! In den »Feuerwehrfonds« muss jede Bank pro 100 eingenommene Euro jährlich3 Cent einzahlen. Damit sind auf dem Papier im Insolvenzfall alle Spareinlagen abgesichert, sogar mit mehreren hundert Millionen Euro je Kunde. Über die Kassenlage des Rettungsfonds
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