Die gepluenderte Republik
US-Hypothekenkrediten, die Darlehens- und Mietforderungen verbrieft und verkauft, und auf die Depots werden Wertpapiere ausgegeben.
PPP – Die kurzen Löffel der politischen Stümper
»Wer mit dem Teufel aus einem Teller essen will«, sagt ein Sprichwort, »muss einen langen Löffel haben.« Und wer schon einmal das Vergnügen hatte, die abgefeimten Abzocker – auchhier wieder wohlklingend »Investoren genannt – live zu erleben, der wird den Teufelsvergleich eher als verharmlosend empfinden.
»Public Private Partnership« (PPP) heißt das nicht zufällig USamerikanische Fremdwort: Der Staat überlässt irgendeinem dahergelaufenen privaten Investor Planung und Ausführung von vormals öffentlichen Aufgaben, wie etwa die Sanierung von Messehallen, Schulen oder Rathäusern, aber auch Straßenreinigung, Müllentsorgung oder Wasserversorgung, ja sogar das Betreiben von Kliniken und Kindergärten. 133 Den mittlerweile internationalen Trick, nämlich die »heftigste Privatisierung in der EU ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse«, erläutert der emeritierte Bremer Wirtschaftsprofessor Jörg Huffschmid: »Indem die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen ausgelagert und an private Unternehmen vergeben wird, die aus dem öffentlichen Haushalt bezahlt werden.« 134
Wie der Kölner Sozialwissenschaftler Tim Engartner zurecht bemerkt, sind von derlei Machenschaften der Marke »Der Staat zahlt – Privat kassiert« am meisten die Menschen ohne eigene Lobby betroffen, vor allem Schüler und Studenten, Arbeitslose und Geringverdiener sowie Behinderte. 135
Die »seriöse« Geldgier
Aber auch scheinbar »seriöse« Geldgier erweist sich als fatal. Gut 50 Gemeinden legen wegen hoher Zinsen bei der deutschen Lehman-Tochter in Frankfurt Millionenbeträge zumeist in Festgeld an, Frankfurt zum Beispiel 95 Millionen Euro, Köln 90, Freiburg 47, der Kreis Euskirchen 35, Karlsruhe 10, Mannheim 6 sowie Lörrach und der Kreis Frechen je 5 Millionen Euro. Auch München, Paderborn und Münster sollen bei Lehman-Kunden investiert haben. Zwar ist das Geld durch den Einlagensicherungsfonds der Banken geschützt, da Lehman alsdeutsches Geldinstitut gilt und damit dem deutschen Sicherungssystem unterliegt. Dennoch sind die Gelder monatelang blockiert, die die Gemeinden so nötig brauchen.
Finanzkollaps und Privatisierung
Laut einer Umfrage der
Welt am Sonntag
unter 20 großen Städten rechnen Deutschlands Metropolen bereits im Juli 2009 mit einem massiven Einbruch der Gewerbesteuer, der Haupteinnahmequelle von Städten und Gemeinden.
In Hannover zum Beispiel, wo diese Steuer fast ein Drittel aller Einnahmen ausmacht, sind es nur noch 350 Millionen statt 502 Millionen Euro im Jahre 2008, also 30 Prozent weniger. Mannheim erwartet ein Minus von 17 Prozent. Dresden von 20 Prozent, München von 24 Prozent, Duisburg von 30 Prozent und das Finanzzentrum Frankfurt am Main befürchtet gar ein Minus von 40 Prozent. Damit übertreffen die Gewerbesteuerverluste fast überall die Einnahmen aus dem Konjunkturpaket II. So stehen in München einem Steuerminus von 400 Millionen Euro nur 53 Millionen aus dem Konjunkturpaket II gegenüber. Der Deutsche Städtetag rechnet bundesweit mit einem Rückgang um sechs Milliarden Euro, also einem Minus von fast 15 Prozent gegenüber 2008. 136
Aber auch andere Einnahmequellen wie der kommunale Anteil an der Einkommensteuer verringern sich in oft zweistelliger Millionenhöhe. Die Kommunen müssen bis Ende 2010 mit weiteren Einbußen rechnen. 137
»Erst hatten sie kein Glück, und dann kam noch Pech dazu«, könnte man über die Bürgermeister, Kämmerer und andere Verantwortliche lästern. In Wahrheit haben sich die Ortsfürsten ein Beispiel an der »großen Politik« genommen, also auf die neoliberale Karte gesetzt – und verloren. Und dies ist unabhängig von der strafrechtlichen Relevanz – wenn ein AngestellterFirmengeld verzockt, landet er wegen Untreue im Gefängnis – extrem verantwortungslos.
Nun kann man sicher sein, dass kein Bürgermeister und kein Stadtkämmerer auch nur auf einen Cent seines Einkommens verzichten wird. So selbstverständlich, wie im Luxusrestaurant »dem Herrn« und nicht seiner Begleitung die Rechnung präsentiert wird, so zahlt auch der kleine Mann die Zeche für die Eskapaden »seiner« Volksvertreter: Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe warnte bereits, dass die Gemeinden ihre Angebote demnächst reduzieren, Einrichtungen schließen und Leute entlassen müssten. 138
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