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Die gepluenderte Republik

Titel: Die gepluenderte Republik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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Gerade die Ärmeren sehen ihre große und häufig letzte Chance in einemLottogewinn, und gerade die klammen Gemeinden hoffen auf eine Blitzsanierung ihrer hoffnungslos überschuldeten Haushalte.
    Nun ist das Gejammer groß. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), befürchtet denn auch schon »die nächste Krise der Kommunen«.
    Besonders beliebt sind die
Spread Ladder Swaps
: Man tippt – wie beim Fußball HSV gegen Bayern – gegen die Bank auf eine bestimmte Wirtschaftsentwicklung: Rohölpreise, Aktienkurse und vor allem Zinsen. So tauschen etliche Städte ihre langfristigen Kredite mit hohen Zinssätzen gegen kurzfristige Kredite mit niedrigeren Sätzen und wetten zusätzlich darauf, dass die Differenz zwischen den Zinssätzen wächst.
    Aber sie schrumpfte – und die Bank hatte den Kommunen Steuerzahlers Geld abgeknöpft. Dies war meist die Deutsche Bank, und auch die größten Leidtragenden wie Hagen (57 Millionen Euro Verlust), Remscheid (13) oder Neuss (10) wurden bereits genannt. Andererseits behaupten einige Gemeinden, Gewinne erzockt zu haben, das niederrheinische Hückelhoven zum Beispiel von 2004 bis 2006 immerhin 250 000 Euro. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, so bleibt die Aktion immer noch so unverantwortlich wie die Autofahrt eines Betrunkenen, der heil sein Ziel erreicht.
    Da auch die Darlehen immer teurer werden, trifft die Krise die Kommunen gleich doppelt. Rund 800 Millionen Euro an Krediten schulden sie den Banken bereits, und da die sich angeblich nicht mehr gegenseitig trauen, verleihen manche gar kein Geld mehr oder zu deutlich höheren Zinsen. Zudem verlangen manche Institute »Liquiditätsrisikozuschläge« von bis zu zwei Prozentpunkten.
    Die Kreditklemme aber betrifft auch die Investoren, so dass viele potenzielle Käufer kommunaler Grundstücke oder Immobilienkalte Füße bekommen. Diese fest eingeplanten Verkaufseinnahmen fehlen jetzt natürlich den Kommunen.
    In Esslingen bei Stuttgart gibt es angesichts leerer Kassen kaum noch Tabus: Sollen das Freibad und die Sport- und Veranstaltungshalle geschlossen, die öffentliche Entsorgung der Weihnachtsbäume abgeschafft, zwei Bürgerämter aufgelöst, beim Stadtmuseum, beim Denkmalschutz und beim Straßenausbau gespart werden? Die Gewerbesteuereinnahmen gingen von 70 Millionen Euro im Jahre 2007 auf 17 Millionen in 2009 zurück. Ergebnis: ein Haushaltsloch von 50 Millionen Euro. »Der gesamte baden-württembergische Wohlstand wird plötzlich in Frage gestellt«, bemerkt Anne Seith in
Spiegel Online
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    Makabrerweise ist den Stadtoberen, die übrigens ebenfalls bei den
Lehman Brothers
Geld angelegt hatten, vor allem der vom Bund beschlossene Ausbau der Kinderbetreuung ein Dorn im Auge; 1,2 Millionen Euro solle das kosten. Allein beim Gedanken an die Vorgabe, dass ab 2013 tatsächlich 35 Prozent aller Kinder einen Kita-Platz haben sollen, werde Finanzbürgermeister Bertram Schiebel (SPD) laut
Spiegel Online
»richtig wütend«. Nicht nur die Erzieher seien teuer, »es kommen ja auch noch Raumkosten, Sachkosten, Brandschutzkosten dazu«. So viel vorbildliches Sparsamkeitsdenken zu Lasten der Jüngsten hätte man seinen sozialdemokratischen Parteifreunden bei den diversen Steuergeschenken für die Reichen gewünscht.
Die naiven Cleveren
    Dieses Buch ist keine offizielle Anklageschrift einer Staatsanwaltschaft. Daher bleibt die Beantwortung der Frage, ob die Beihilfe der politisch Verantwortlichen zur enthemmten Ausplünderung der Kommunen durch teilweise hochkriminelle »Investoren« auf Naivität oder Korruption zurückzuführen ist,der Phantasie oder dem klardenkenden Menschenverstand des Lesers überlassen.
CBL – Genialer Coup der Bauernfänger
    Cross Border Leasing (CBL) heißt das Zauberwort seit Ende des vorigen Jahrtausends: Vor allem Kommunen in ständiger Geldnot sollen sich eine goldene Nase verdienen können, wenn sie windigen US-Investoren beim Ausnutzen eines Steuerschlupflochs helfen. Es klingt wie die Erfolgsgeschichte von Dagobert Duck: Städte und Gemeinden verkaufen ihre Kanalisationen, Trinkwasser- und Schienennetze, Messehallen, Müllverbrennungsanlagen und sogar Schulen an Geldmacher aus Übersee, das nötige Geld können die wiederum zum großen Teil dem Zugriff des US-Fiskus entziehen. Nun mieten die Kommunen alles wieder zurück und sanieren mit dem Erlös ihren Haushalt. »Kämmerer und Oberbürgermeister flogen frohgemut auf Investorenkosten über den großen

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