Die geraubte Braut
Der Hund kollerte vom Bett, lief zur Treppe und wieder zurück zum Bett.
»Sie muss hinaus.« Rufus warf die Decken beiseite und stand auf. Als er sich streckte, spannten sich seine Muskeln an Rücken und Gesäß. Er bückte sich, um das Feuer zu schüren, legte Späne nach, und als die Flammen aufloderten, größere Scheite.
Portia genoss den Anblick seines nackten Körpers, registrierte aufmerksam, wie das helle Licht vom Fenster die feinen rotgoldenen Härchen auf den Schulterblättern, im Kreuz, auf den schlanken, kraftvollen Schenkeln betonte. Wie schön er ist, dachte sie schläfrig, und bedauerte die Sekunde, in der er nach dem Morgenmantel griff, den sie am Abend zuvor getragen hatte.
Als Juno wieder ein Winseln hören ließ, fuhr Portia hoch. Alle sinnlichen Träumereien waren vergessen. »Nein, Juno, nicht!«
»Um Himmels willen!« rief Rufus aus und drehte sich zu dem an der Treppe kauernden Hund um, unter dem sich eine Pfütze bildete. »Das blöde Vieh ist nicht stubenrein.«
»Sie kann nichts dafür«, verteidigte Portia sie vehement. »Sie war die ganze Nacht im Bett. Sicher hat sie es kaum ausgehalten.«
»Ich wollte sie eben raus setzen«, sagte Rufus grimmig. Er packte Juno am Nackenfell und hielt sie auf Armeslänge, als er sie hinuntertrug.
Portia hörte seine Stimme, ruhig, aber in unverkennbar scheltendem Ton, als er das tropfende Bündel vor der Tür absetzte. Mit Eimer und Lappen ausgerüstet, kam er wieder und wischte die Pfütze auf, alles andere als erfreut, wie Portia merkte.
»Soll ich es machen?«
»Nein.«
»Man kann nicht erwarten, dass sie schon stubenrein ist«, stellte Portia klar und verschloss die Ohren vor dem Gewinsel des Hundes, der vor der Tür im Schnee wartete. »Man wird es ihr beibringen müssen.«
»Ich war nicht darauf gefasst, dass zu meinen vielfachen Pflichten noch ein undichter Hund stößt«, erklärte Rufus trocken und wrang den Lappen in den Eimer aus.
»Du nicht. Das übernehme ich.«
Rufus stand auf. »Das wird dich wenigstens beschäftigen.«
Portia richtete sich abrupt in den Kissen auf. »Beschäftigen? Was soll das heißen?«
Rufus griff nach seinen Kleidern, die auf einer Truhe am Fußende des Bettes lagen. »Ich habe mir den Kopf zermartert, was ich mit dir machen soll«, sagte er und warf den Morgenmantel von sich.
»Mit mir? Machen?« Portia war über seinen Ton entrüstet. Die matte Glut der Nachliebe erkaltete sehr rasch.
Rufus zog Unterhose und Breeches an und drehte sich wieder zum Bett um. »Mädchen, das hier ist ein Truppenlager. Es gibt hier keine Frauen, für dich also keine Freundinnen oder Vertraute. jeder hat hier seine Pflichten, so auch ich.« Er zog sein Hemd an. »Ich kann nicht ständig für deine Zerstreuung sorgen oder …«
»Ich brauche keine Zerstreuung!« rief Portia aus. »Du tust' gerade so, als wäre ich ein unnützes Ding, das dir zur Last fällt!«
»Nein, das meine ich nicht«, beruhigte Rufus sie, der sein Hemd in den Hosenbund steckte. »Tatsache bleibt aber, dass dies kein Ort und keine Situation für eine Frau ist. Und ich weiß nicht, was ich mit dir machen soll oder wie du dich beschäftigen könntest.«
»Ach, ich könnte deine Knöpfe annähen, im Haus putzen und für dich kochen«, schnurrte Portia mit gefährlichem Unterton. »Damit wäre ich dir nicht im Weg.«
»Das ginge Josiah gewaltig gegen den Strich«, sagte Rufus ernst. »Er würde sich überflüssig vorkommen.«
Portia sah ihn fassungslos an. Er hatte tatsächlich geglaubt, es wäre ihr ernst! »Wenn es für dich ein so großes Problem ist, weiß ich nicht, warum du wolltest, dass ich bleibe.«
Ärger und Ungeduld flammten aus seinen Augen. Sichtlich um Ruhe bemüht, kam er ans Bett und beugte sich über sie. Sein Mund schwebte lockend über ihr, und seine Augen neckten sie. »Eigentlich weiß ich ganz genau, was ich mit dir machen werde. Ich werde dich an mein Bett fesseln. Die Aussicht, dass du hier untätig liegst und nur auf mich wartest, ist absolut köstlich.«
Momentan konnte Portia der sinnlichen Verheißung in seinem Ton nicht widerstehen. Sie lachte leise auf. »Angenehme Träume, Mylord.« Sie zog ein Knie an, um es spielerisch gegen seinen Schritt zu drücken.
Rufus' Augen verdunkelten sich. Seine Hände umfassten leicht ihre. Kehle, doch noch ehe er sich ihr nähern konnte, hatte Portia sich ihm entzogen. »Ganz im Ernst …«
»Ich bin ernst«, sagte er. »Halte still.«
»Nein!« Portia zerrte an seinen Händen.
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