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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Unbeweglich, nass und zitternd musste sie bis zum Morgengrauen ausharren.
    Rufus durchschritt das Lager, blind und taub, isoliert in seiner eigenen Welt, in der sein Zorn wie ein Vulkan loderte und der Schmerz ein schwarzes Loch war, so kalt wie der Zorn heiß. Aber schließlich durchbrach etwas die Trance, und er hörte seine eigene Stimme ständig sagen: ›Ich kann für dich nichts tun.‹ Es war wie eine eintönige Litanei, die alles andere übertönte. Schließlich blieb er stehen und machte kehrt, um Will zu suchen.
    Was immer Portia getan hatte, er konnte sie nicht dem Entsetzlichen ausliefern, das sie in York erwartete. Rasende Wut hatte' ihn zu diesen Worten getrieben, nun aber hatte er sich wieder in der Gewalt. Gewiss, der Zorn loderte noch immer, und der Schmerz ließ sein Innerstes erstarren, doch seine Vernunft setzte sich durch und rief ihm in Erinnerung, was sie ihm gewesen war, was sie ihm bedeutet hatte. Er konnte nicht tatenlos zusehen, wenn man ihr Schmerz zufügte, und er konnte ihren Tod nicht zulassen. Sie war voller Falschheit und verdiente, was man ihr antat, aber er konnte es nicht zulassen.
    Will hörte fassungslos, was sich zugetragen hatte, verkniff sich aber eine Bemerkung, da er erkannte, dass der Herr von Decatur seine Dämonen nur mit Mühe bezwungen hatte. Nachdem er seine Befehle entgegengenommen hatte, schlich er verstohlen davon.
    Portia lehnte den Kopf gegen den Baumstamm. Ihr Gesicht glühte und hämmerte, und ihre Hände waren taub. Als Will zwischen den Bäumen hinter ihr auftauchte, sah sie ihn nur an. Ihre Lippen waren zu wund, als dass sie ein Wort herausgebracht hätte, selbst wenn ihr danach zumute gewesen wäre.
    Er kniete nieder und durchschnitt hastig ihre Fesseln. »Kommt. Ihr müsst fort, ehe man Euch holt.«
    »Ich weiß nicht, ob ich gehen kann«, brachte sie heraus. Sie wusste ja nicht einmal, ob sie aufstehen konnte. Ihr Verstand war nicht mehr imstande, mit den Geschehnissen Schritt zu halten, und ihr Körper schien sich aufgegeben zu haben.
    Will gab keine Antwort. Er hob sie hoch und trug sie halb rennend zu Rufus' Zelt. Rufus erwartete sie bereits. Seine Augen blickten kalt und distanziert, als Will sie auf ihre Pritsche setzte und davoneilte.
    »Raus aus dem nassen Zeug«, befahl Rufus, auf die trockenen Sachen deutend, die er vorbereitet hatte. »Wenn du bei Tagesanbruch noch da bist, kann ich dich nicht retten. Beeil dich also.«
    Benommen zog Portia sich aus, zog mühsam die sauberen Sachen an und schlüpfte in ihre Reservestiefel. Die Stille zwischen ihnen war beklemmend. Sie ertrug es nicht, in sein Gesicht zu sehen und die Verachtung über den Verrat in seinen Augen zu lesen. Seine ärgste Wut war zwar verraucht, doch waren Kälte und Verachtung viel schlimmer zu ertragen, so dass sie kein weiteres Wort zu ihrer Verteidigung wagte.
    George kam herein, als sie ihre Stiefel angezogen hatte. »Die Pferde sind bereit«, meldete er und schien Portias Blick mit Absicht auszuweichen.
    »Du musst ihr in den Sattel helfen. Sie ist völlig erschöpft.« Es war das erste Mal, dass er ihren Zustand zur Kenntnis nahm, und in Portia flammte Hoffnung auf. Doch als sie zu ihm aufsah, schaute er durch sie hindurch, als sei sie Luft.
    George hob sie hoch, wie Will es getan hatte, trug sie hinaus und setzte sie in Pennys Sattel. »Ich werde das Pferd führen. Haltet Euch am Sattelknauf fest«, riet er ihr.
    Portia gehorchte. Rufus war ihnen nicht vor das Zelt gefolgt, und sie brachte nicht einmal so viel Energie auf, um George zu fragen, wohin er sie brachte. Als er mit einem Zungenschnalzen die Pferde antrieb, schoss Juno aus dem Unterholz, aufgeregt japsend und auf den Hinterbeinen tänzelnd, weil sie in den Sattel gehoben werden wollte. George schenkte dem Hund keine Beachtung und trieb die Pferde zum Trab an.
    »George, bitte.« Portia sagte es unter Tränen. »Juno …«
    George fluchte. »In meinem Befehl war von einem Hund nicht die Rede.«
    »Bitte.«
    Nun schien er sie zum ersten Mal richtig anzusehen, und der Zug um seinen Mund wurde weicher. Er zügelte sein Pferd und als Juno hochsprang, beugte er sich hinunter, packte sie am Nackenfell und hob sie hoch. »Hier.« Er reichte den jungen Hund Portia, die es ihm mit einem zitternden Lächeln dankte. Sie wusste nicht, wohin man sie brachte, aber Juno bei sich zu haben bedeutete sofortigen Trost.
    Die nächsten Stunden verlebte sie wie in Trance. Sie wusste nicht, ob sie schlief oder hin und wieder das Bewusstsein

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