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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Hand, ein Stück Brot und Käse in der anderen. Er wirkte sorglos und entspannt, und sein Blick war von beunruhigender Sanftheit, als sei ihr Tun für ihn ohne Interesse.
    »So rasch brecht Ihr auf?« Er führte den Humpen an die Lippen.
    Portias taube Finger glitten am Riegel des Gatters aus. Sie fluchte.
    »Ich muss mich entschuldigen, falls die Gastlichkeit nicht dem Granville-Standard entsprach«, sagte er. »Ein Mangel, an dem der Bruder Eures Vaters die Schuld trägt.«
    Er hatte keinen Schritt getan. Vielleicht würde er sie nicht aufhalten. Portia sagte nichts. Schließlich bekam sie den Riegel zu fassen und stieß das Gatter mit dem Knie auf.
    »Wenn Ihr Castle Granville erreicht, könnt Ihr Cato von Rufus Decatur Grüße bestellen«, sagte der Earl of Rothbury freundlich. »Außerdem könnt Ihr ihm ausrichten, dass er zur Hölle fahren soll.« Hinter ihm schloss sich die Tür, und Portia war auf dem Hof allein.
    Als sie mit Patches das schmale Gatter passierte, schloss sie es hinter sich, zu vertraut mit ländlichen Gepflogenheiten, als dass sie es offengelassen hätte, obwohl sie in Eile war.
    Sie erreichte die Straße, die sie im Schneesturm freilich nur schwer ausmachen konnte. Ihr Pferd kam im hohen Schnee nur mühsam weiter und schien nicht gewillt, schneller zu gehen. Mit einem Anflug von Angst erkannte Portia, dass es ein Fehler gewesen war, den sicheren Hort des Hauses zu verlassen. Sie hätte ihren dummen Stolz schlucken und Decaturs Geschwätz übergehen sollen. Immer noch besser, als sich in einem Schneesturm zu verirren.
    Um sie herum regte sich kein Zeichen von Leben. Sie schien im wirbelnden Weiß verloren. Da hörte sie Hufschlag hinter sich, und der große Fuchshengst tauchte als grauer Schatten im Weiß auf. Sein Reiter trug eine Schneeschicht. Seine leuchtenden blauen Augen waren das einzige Lebendige und Farbige in der einförmigen Düsterkeit.
    »Guter Gott! Habt Ihr denn den Verstand verloren?« schalt Rufus sie aus und bückte sich, um nach ihrem Zaum zu fassen. »Aber ich selbst bin auch nicht viel besser.« Er verwünschte nicht nur Portia, sondern sein irregeleitetes Verlangen, sie vor ihrem Eigensinn zu retten. Er zog ihr Pferd an die Seite seines Fuchses. »Ich führe Euer Pferd; es wird hinter Ajax leichter gehen, als wenn es sich selbst einen Weg spuren müsste.«
    »Aber was ist mit Sergeant Crampton?« fragte Portia. Ihre ursprüngliche Besorgnis hatte ihre momentane Angst verdrängt. Sie schluckte Schnee, als er ihr in den geöffneten Mund wehte. »Ihr könnt sie nicht draußen …«
    »Sie sind nicht im Freien«, sagte er knapp. »Sprecht nicht, und haltet den Kopf gesenkt.«
    Portia tat, wie ihr geheißen, da es das einzig Sinnvolle war. Sie hatte erwartet, sie würden zurück zum Haus reiten, stattdessen aber ritten sie zum Schauplatz des Überfalls zurück. Um sie herum war gestaltloses Grauweiß, in dem man nichts erkennen konnte und das durch die Stille, die sie umgab, noch gespenstischer wirkte. Sogar ihr eigener Hufschlag war nur gedämpft zu hören.
    Plötzlich sah sie vor sich das kahle Waldstück. Rufus lenkte sein Pferd vom Pfad weg, und Patches folgte. Kaum waren sie ein Stück ins Dickicht eingedrungen, als Rufus anhielt.
    Er deutete mit seiner Gerte nach vorne. »Haltet Euch geradeaus, bis Ihr einen Felsen mit einer Höhle erreicht. Darin befinden sich Granvilles Leute.« Ehe Portia etwas erwidern konnte, ließ er seine Gerte auf die Flanken ihres Pferdes niedersausen, und das Tier sprengte davon.
    »Vergesst meine Botschaft für Cato nicht!« Die Worte waren nur einen Augenblick deutlich zu hören und verloren sich dann. Portia wandte den Kopf, dem Wind entgegen. Sekundenlang sah sie einen grauen Schatten zwischen den Bäumen, dann war auch dieser verschwunden. Sie war ganz allein und bekam es wieder mit der Angst zu tun.
    Da sich ihr Pferd von selbst den Weg zwischen den Bäumen suchte, gab sie ihm die Zügel frei. Es war immerhin möglich, dass es wusste, wohin es ging. Portia wusste es jedenfalls nicht, bis sich in der weißen Düsternis ein Felsen und eine Öffnung abzeichneten, die sie im ersten Moment gar nicht erkennen konnte. »Halt!« Sie zügelte ihr Pferd, das bebend anhielt, als sie die leere Wand vor sich in Augenschein nahm. Da hörte sie leises Gewieher aus dem Inneren des Felsens.
    Sie trieb Patches weiter, und allmählich wurde im Schneetreiben ein dunkler Schatten im Fels sichtbar. Sie hielt direkt darauf zu und trat Patches in die Flanken,

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