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Die Gerechten

Die Gerechten

Titel: Die Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bourne
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gekommen, und Crown Heights gehe jetzt genau in die gleiche Richtung.«
    »Der Unterschied ist, dass die Christen immer noch auf ihn warten. Wohlgemerkt, die Christen warten auch auf seine Wiederkehr. Alle warten.«
    »Die hier tun es bestimmt. Sie warten darauf, dass ihr Anführer sich offenbart – dass er von den Toten aufersteht und ihnen sagt, dass alles gut wird.«
    »Du machst dich darüber lustig, oder?«
    »Ein bisschen. Weißt du, theologisch gesehen könnten sie Recht haben. Es stimmt: Das Judentum sagt, im messianischen Zeitalter werden die Toten wieder leben. Und es steht nirgends geschrieben, dass der Messias nicht einer von ihnen sein kann – von den Toten, meine ich. Sie könnten also Recht haben. Es ist nur … ich weiß nicht, aber mir kommt es irgendwie traurig vor. Als wären sie Kinder, die ihren Daddy verloren haben.«
    Will bemühte sich, TCs Darstellung – ein Kult, traumatisiert vom Verlust seines Oberhaupts – mit der Bande in Einklang zu bringen, die ihn wenige Stunden zuvor beinahe umgebracht hatte. Es war nicht leicht, da irgendein Mitgefühl aufzubringen.
    »Woher weißt du so viel über sie?«
    »Ich lese Zeitung«, antwortete sie sofort und mit leisem Tadel. »Es stand alles in der Times.«
    Will hätte sich am liebsten selbst getreten. Natürlich! In seiner Hast hatte er es bei Tom versäumt, sich die älteren Nachrichtenmeldungen anzusehen, die Google ausgespuckt hatte; darin hätte er das alles sicher erfahren – zumindest, dass der Rebbe tot war. Noch ärgerlicher war, dass all das, wie TC gesagt hatte, sicher in der Zeitung gestanden und er einfach darüber weggeblättert hatte: Verrückte religiöse Nachrichten, nicht weiter von Bedeutung.
    Das war letzte Nacht gewesen. Heute Morgen schlug der Blitz ein, als er das Ladegerät für das Handy neben der Kaffeemaschine gefunden hatte. Er schloss das Telefon an, und es erwachte stumm zum Leben. (Er hatte es immer »lautlos« gestellt; man wusste nie, wann ein lautes elektronisches Zirpen einen in Verlegenheit bringen würde.) Die Voicemail-Nachrichten kamen als Erste: vier von seinem Dad, drei von Harden, zunehmend sarkastisch, und die letzte lautete: »Ich hoffe nur, Sie sind an einer Story, die so gut ist, dass ich den Pulitzerpreis dafür kriege, dass ich sie bringe.« Er schloss mit dem Hinweis, Will werde »auf dem nächsten Boot nach Oxford« landen, wenn er sich nicht bald wieder zum Dienst meldete. Zwei weitere Nachrichten übersprang Will nach den ersten paar Worten, weil sie unwichtig waren.
    Dann kamen die SMS-Nachrichten. Eine von Tom, der ihm Glück wünschte.
    Und dann das:
    FOOT RUNS. B GATES.
    Er rief die Option »Details« auf, aber da war nichts. Unter »Nummer« stand nur »unbekannt«. Als Zeit wurde die Stunde, Minute und Sekunde angegeben, in der Will das Telefon eingeschaltet hatte. Nutzlos. Es war nicht festzustellen, wer diese SMS geschickt und wann er es getan hatte. Angesichts dessen, dass der Sinn der Nachricht völlig im Dunkeln lag, war seine Ratlosigkeit vollkommen.
    Inzwischen war TC aufgestanden; sie kam hinter ihrem Wandschirm hervor und streckte sich. Selbst in ihren männlichen Boxershorts und dem weißen T-Shirt sah sie hinreißend aus. Der Nabelring war jetzt entblößt. Will spürte eine leise Regung in den Lenden, und gleich überkamen ihn heftige Gewissensbisse. Gelüste nach der Exfreundin waren unter allen Umständen abscheulich. Aber sie zu bekommen, während die eigene Ehefrau entführt war und in Lebensgefahr schwebte, war wirklich verachtenswert. Er nickte TC nur knapp zu, schaute wieder auf sein Handy und zog reflexhaft den Bauch ein, als könne er so den Strom des erektionsfördernden Blutes stoppen, ehe es zu spät wäre.
    Zu seiner Erleichterung verschwand TC wieder hinter der Wand und kam wenig später vollständig angezogen heraus. Will hielt ihr das Telefon entgegen. »Sieh dir das an«, sagte er.
    TC suchte nach ihrer Brille; für die Kontaktlinsen war es noch zu früh. »Hmm«, sagte sie, als sie die SMS las.
    Will erklärte ihr kurz seine bisherigen Vermutungen. »Sie muss von ihnen kommen, von den Chassiden. Offensichtlich haben sie meine Nummer vom Telefon abgelesen, als sie meine Tasche durchsuchten.«
    »Nein, das würden sie nicht tun. Es wäre ein Verstoß gegen das Sabbatgebot. Und aus demselben Grund würden sie auch keine SMS versenden. Beides ist am Sabbat verboten.«
    »Aber einen unschuldigen Mann in eiskaltes Wasser tauchen, das ist okay?«
    »Formal gesehen,

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