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Die Gerechten

Die Gerechten

Titel: Die Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bourne
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Monroe« zeichnen? Aber er wollte auf eigenen Füßen stehen, und das bedeutete, dass er auch seinen eigenen Namen haben musste. Also: Will Monroe.
    Er warf einen Blick auf die Seite eins des Lokalteils und blätterte dann nach vorn zum Hauptteil, um zu sehen, wer unter seinen neuen Kollegen – und somit Rivalen – erfolgreich war. Er checkte die Namen unter den Artikeln und ging dann duschen.
    In seinem Kopf nahm eine Idee Gestalt an; sie wuchs und wurde konkreter, als er sich anzog und auf die Straße ging, vorbei an den jungen Paaren, die Buggys schoben oder gemütlich in einem der Cafés an der Court Street frühstückten. In Cobble Hill lebten viele Leute wie Beth und er: Berufstätige um die dreißig, die das einst heruntergekommene Viertel von Brooklyn in einen kleinen Yuppie-Himmel verwandelten. Als Will zur U-Bahn-Station Bergen Street ging, merkte er, dass sein Schritt schneller und zielstrebiger war als der der anderen. Auch für ihn würde es ein Arbeitswochenende werden.
    In der Redaktion angekommen, ging er geradewegs zu Harden, der gerade die New York Post durchblätterte. Das Tempo, mit dem er es tat, ließ seine Geringschätzung erkennen.
    »Glenn«, sagte Will, »wie wär’s mit ›Anatomie eines Mordes – das wahre Leben hinter der Verbrechensstatistík‹?«
    »Ich höre.«
    »So ungefähr: ›Auf den ersten Blick scheint Howard Macrae nur eine weitere Kurzmeldung auf den hinteren Seiten zu sein, eins von vielen Mordopfern in New York City. Aber was für ein Mensch war er? Wie sah sein Leben aus? Warum wurde er ermordet?‹«
    Harden hörte auf, in der Post zu blättern, und blickte auf. »Will, ich wohne in einem Vorort in South Orange, und meine größte Sorge besteht darin, meine beiden Töchter morgens in die Schule zu kriegen.« Das entsprach nicht nur seiner Vorstellung des Durchschnittslesers; es war die Wahrheit. »Was interessiert mich da ein toter Zuhälter in Brownsville?«
    »Schon klar. Er ist ein Name aus den Polizeiakten. Aber meinen Sie nicht, dass unsere Leser wissen möchten, was wirklich passiert, wenn in dieser Stadt jemand ermordet wird?«
    Er sah, dass Harden unschlüssig war. Er war knapp an Reportern; heute war das jüdische Neujahrsfest, und die Redaktion der Times war selbst für Wochenendmaßstäbe entvölkert. Aber er wollte auch nicht gern zugeben, dass er inzwischen so blasiert, so angeödet war, dass selbst ein Mord ihn nicht mehr interessierte.
    »Na schön. Rufen Sie ein paar Leute an, fahren Sie rüber. Mal sehen, was Sie zusammenkriegen. Wenn was dran ist, können wir darüber reden.«
    Will bat den Taxifahrer, sich zur Verfügung zu halten. In den nächsten paar Stunden musste er mobil sein, und deshalb brauchte er den Wagen. Wenn er ehrlich war, fühlte er sich auch sicherer, wenn er das beruhigende Gehäuse eines Autos in der Nähe wusste. Auf den Straßen dort war er ungern völlig allein.
    Kurze Zeit später fragte er sich schon, ob die Fahrt der Mühe wert gewesen war. Officer Frederico Penelas, der erste Polizeioffizier am Tatort, war ein wortkarger Gesprächspartner und lieferte nur einsilbige Antworten.
    »Als Sie dort ankamen, gab’s da einen Menschenauflauf?«
    »Nein.«
    »Wer war da?«
    »Nur ein, zwei Leute. Die Lady, die uns angerufen hatte.«
    »Haben Sie mit ihr gesprochen?«
    »Nur im Einzelnen aufgenommen, was sie gesehen hat und wann sie es gesehen hat. Und ihr für ihren Anruf beim New York Police Department gedankt.« Auch das stammte offensichtlich aus dem Skript der Beratungsfirma.
    »Ist es Ihre Aufgabe, eine Decke auf das Opfer zu legen?«
    Penelas lächelte zum ersten Mal, aber es wirkte eher spöttisch als freundlich. Da hast wirklich keine Ahnung. »Das war keine Polizeidecke. Die Polizei benutzt Leichensäcke mit Reißverschluss. Die Decke lag schon auf ihm, als ich ankam.«
    »Wer hat sie dann hingelegt?«
    »Keine Ahnung. Schätze, derjenige, der den Toten gefunden hatte. Aus Pietät oder so was. Sie hatten ihm auch die Augen zugedrückt. Das machen die Leute: Sie sehen’s im Kino.«
    Penelas wollte den Namen der Frau, die den Leichnam gefunden hatte, nicht herausrücken, aber die DCPI, die Will gleich darauf anrief, war zugänglicher – natürlich, ohne dass er sie zitieren durfte. Jetzt hatte er den Namen, wenn auch keine Adresse. Das war zumindest ein Ausgangspunkt.
    Er musste die Umgebung des Tatorts nach ihr absuchen. Als eins fünfundachtzig großer Upper-East-Side-Typ in Chinos und blauem Leinenjackett kam er sich in

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