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Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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unbekannter Biograf. »Und sein Lieblingsspruch war immer: ›Es ist angemessener, dass ich dem Rat so vieler und so hervorragender Freunde folge, als dass sich so viele und hervorragende Freunde meinem Willen beugen, dem Willen eines Einzelnen.‹«
    Im Jahr 172 begannen die Römer die so oft verschobene Offensive gegen die Germanen nördlich des Donau-Limes. Zunächst gingen sie gegen die Markomannen vor, dann gegen die Quaden, die entgegen ihren vertraglichen Zusagen die Markomannen unterstützt hatten. Kampftechnisch hatten die Germanen seit über einem Jahrhundert viel dazulernen können. Weiterhin nicht so gut gerüstet wie die Römer, hatten sie erkennen müssen, dass ihr Sturmangriff in Keilformation an disziplinierten und kampferprobten römischen Truppen abprallen konnte. So waren sie bei der Verteidigung ihrer Heimat oft zum Guerillakrieg übergegangen, wie er bis heute geführt wird.
    Vieles vom militärischen Alltag der Markomannenkriege zeigt die Mark-Aurel-Säule auf der Piazza Colonna in Rom. Das knapp 40 Meter hohe Monument aus Marmor ist fast vollständig von einem spiralförmigen Relief-Fries umgeben, der die Feldzüge des Kaisers verherrlicht. Da wird zum Beispiel gezeigt, wie Mark Aurel durch ein Gebet bewirkte, dass, laut seinem Biografen Anthony Birley, »ein Blitzstrahl vom Himmel auf eine Kriegsmaschine der Feinde herniederfuhr«. An anderer Stelle ist ein alter Mann zu erkennen, dessen wilder Haarschopf zu Regen wird. Nach der Überlieferung des byzantinischen Mönchs Xiphilin war ein Trupp erschöpfter und verletzter römischer Soldaten durch eine Übermacht von Germanen eingekreist worden. Die Römer blieben, »in der glühenden Sonnenhitze schmachtend, in Reih und Glied stehen. Da zogen plötzlich viele Wolken auf, und ein mächtiger Wolkenbruch ging über ihnen nieder – nicht ohne göttliche Fügung«. Noch während die Römer begierig tranken, griffen die Germanen wieder an, doch »ein heftiger Hagelschauer und einige Blitze« hätten sie in Angst und Schrecken versetzt. Zunächst hieß es, ein ägyptischer Zauberer habe für den rettenden Regen gesorgt; in späteren Quellen werden die Gebete christlicher Soldaten für das Wunder verantwortlich gemacht.
    Auf Dauer konnten die Germanen nicht Sieger blieben. Die Berufssoldaten des Imperium Romanum waren taktisch geschult, erfahren und verfügten über eine unerschütterliche Kampfmoral. Hinzu kam, dass die germanischen Stämme nur temporäre Bündnisse schlossen, aber keine dauerhaften Allianzen zuwege brachten. Mark Aurel handelte mit etlichen Stämmen ein kompliziertes System von Verträgen aus und gestattete es Gruppen von Germanen auch, sich in von der Pest entvölkerten Teilen des Reiches anzusiedeln. Am 23. Dezember 176 ließen sich der Kaiser und sein Sohn Commodus in Rom mit einem Triumphzug feiern.
    Doch Ruhe war an der Donaugrenze noch längst nicht eingekehrt. So mussten Mark Aurel und Commodus am 3. August 178 zur »expeditio Germanica secunda« aufbrechen. Sie kämpften vor allem in der heutigen Slowakei gegen die Quaden. Am 17. März 180 starb Mark Aurel in Vindobona, dem heutigen Wien. Schon lange hatte er seine chronischen Schmerzen nur noch mit Opium bekämpfen können. Der Stoiker und Philosoph, der sich selbst gemahnt hatte: »Hüte dich, dass du nicht verkaiserst«, sagte auf dem Sterbebett: »Was beweint ihr mich, statt an die Pest und das Massensterben zu denken?«
    Sein erst 18 Jahre alter Sohn und Nachfolger Commodus führte den Kampf gegen die Germanen fort. Als der dritte Markomannenkrieg endlich 182 beendet war, erhielt Commodus den Ehrennamen »Germanicus Maximus«.
    Insgesamt 15 Jahre hatten die drei Feldzüge gedauert. Am Ende waren die Germanen »besiegt, vertrieben, bestraft«, wie der Militärhistoriker Gerhard Langmann schreibt. Das Imperium hatte zurückgeschlagen. Aber die mühevollen Siege bildeten letztlich nur den Vorgeschmack jener tiefen Krise, die das 3. Jahrhundert bringen sollte. Am Limes hatte sich die uralte Kriegsweisheit bestätigt, dass eine Kette nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied: Wenn Barbaren an mehreren Stellen zugleich angriffen, fehlten den Römern häufig die Ressourcen, überall angemessen zu verteidigen.
    Besonders strahlend war der Sieg von Kaiser Commodus auch nicht ausgefallen. Von mehreren Germanenstämmen hatte er sich den Frieden mit Zahlung von Subsidien erkauft. Der Sohn Mark Aurels befestigte den Limes wieder und kehrte zur alten Grenzpolitik zurück. Statt die

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