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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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gab noch ein paar Befehle, das Hauswesen betreffend, umarmte niemanden und bestieg gleich ihr Pferd. Sie wollte vermeiden, dass Tränen flossen und noch letzte fruchtlose Versuche gemacht wurden, sie von ihrem Entschluss abzubringen. Draußen warteten die beiden Hundertschaften. Die Torwächter schoben die Riegel zurück.
    Sie ritt hinaus.
    Sie war so von ihrer Mission erfüllt, dass sie zunächst nicht wahrnahm, was draußen vor sich ging. Überraschend erregte der Aufbruch der von allen geliebten, geschätzten Herrin, dessen Ursache und Ziel bekannt waren und auch an den Feuern vor dem Tor für heftigen Streit gesorgt hatten, kaum Aufmerksamkeit. Es gab keine Heil-Rufe und auch die üblichen Schmähungen der Römer blieben aus. Einige, die sich in unmittelbarer Nähe des Tores aufhielten, wandten sich der Reiterin zu, doch im nächsten Augenblick wieder ab. Selbst die zweihundert Männer ihres Gefolges waren mit ihren gespannten Blicken bei einem ganz anderen Ereignis.
    Aus westlicher Richtung, noch weit entfernt, doch schon gut erkennbar, näherte sich ein einzelner Reiter. Er war aus dem Wald gekommen und überquerte langsam ein frisch gerodetes Feld, im Schritt reitend, weil gefällte Stämme und ausgegrabenes Wurzelwerk zahlreiche Hindernisse bildeten. Er schwenkte beide Arme und schrie mit voller Lungenkraft. Die Worte waren noch nicht zu verstehen, doch der Haltung des Mannes war anzusehen, dass er mit einer Freudenbotschaft kam. Man rief sich seinen Namen zu, man wusste, woher er kam und bald wollten die Ersten verstanden haben, was er mit so entfesselter Fröhlichkeit meldete.
    Auch Nelda wurde nun aufmerksam.
    »Aber das ist doch… Ist das nicht…?«
    »Ja«, sagte Tammo, der mit ihr herausgekommen war, um ihr zum Abschied noch Ratschläge zu erteilen. »Bardolf ist es. Er sollte kundschaften… möglichst tief ins Gebiet der Marser vordringen. Es scheint… ja… er ruft… jetzt verstehe ich es ganz deutlich… Er schreit: ›Die Römer sind fort, sie sind abgezogen! Keine Gefahr mehr…‹«
    »Ein Wunder«, flüsterte Nelda verwirrt. »Ein Wunder. Doch was bedeutet das? Was soll ich jetzt tun?«
    Kurze Zeit später war Bardolf am Tor und seine Meldung, atemlos hervorgestoßen, war folgende: Die Legionen des Germanicus, die so schrecklich gewütet hatten, waren durch die Bergwälder westlich des Marsergebietes abmarschiert. Schnell benachrichtigte Nachbarn der Marser, die Brukterer, Tubanten und Usipeter, deren Haufen sich ebenso rasch formiert und noch auf die Nachhut gestürzt hatten, konnten sie nicht aufhalten. Sie wurden nach schweren Verlusten zurückgeworfen. Die Legionen beeilten sich dann, ihren Marsch nach Westen fortzusetzen und ihre Quartiere zu erreichen. Das alles hatte Bardolf von Zurückweichenden und Überlebenden des Gefechts erfahren. Es gab keinen Zweifel: Ein weiterer römischer Angriff war in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten.
    Erleichterung machte sich breit. Niemand konnte die Männer auf der Wiese jetzt noch hindern, ihre Trinkhörner mit Bier zu füllen. Doch gab es eigentlich keinen rechten Grund zur Freude. Die Römer hatten ihre Rache gehabt und fast keine Verluste erlitten. Man hatte gezögert, man hatte abgewartet. Vielleicht hätte man sie noch zum Kampf stellen können. Die Erleichterung schlug in Bitterkeit um. Wäre Arminius bei uns gewesen, wurde ringsum an den Feuern gegrollt, wäre Germanicus, dieser Verbrecher, nicht so billig davongekommen.
    »Ihr braucht ihn jetzt nicht weniger dringend als vorher«, sagte Nelda, nachdem sie sich mit den Stammesführern noch einmal zur Beratung in den Wehrhof zurückgezogen hatte. »Die Römer werden im Frühjahr zurückkehren, erst recht nach einem so leichten Erfolg. Deshalb bleibt es bei meinem Entschluss. Mein Vater ist unversöhnlich. Er wird ihn nicht freilassen, wenn er mich nicht zurückbekommt.«
    »Überstürze nichts, Töchterchen!«, riet der bedächtige Erkulf, der noch kurz vorher ihre Selbstauslieferung dringend befürwortet hatte. »Warte ab. Wir haben Zeit gewonnen.«
    »Ja«, stimmte Tammo zu. »Wir haben Zeit gewonnen. Zeit, die wir nutzen werden, Männer! Begreift ihr jetzt, dass ich recht hatte? Segestes wusste, dass sie die Marser angreifen würden – er wusste aber auch früher als wir, dass sie abzogen. Seine Boten sind mindestens so schnell wie die unseren, die Verbindung zu seinen alten Freunden ist längst wiederhergestellt. Als wir vor ihm am Wall standen, hatte er es schon erfahren, ganz sicher,

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