Die Gerüchteköchin
sein wollte. Die eine Woche in der Schule hatte ihr gereicht, eine Woche mit Kindern, die die Stimmen senkten, wenn sie vorbeiging, was noch schlimmer war. Auch Mel stellte nur Fragen. Zum ersten Mal in ihrem Leben wollte sie Mel nicht sehen.
Nicht, dass Em Mel nicht verstehen konnte. Sie selbst wollte Fragen stellen, aber ihre Mutter erzählte nur weiterhin Lügen. Und sie musste es endlich wissen. Deshalb hatte sie sich auf den Weg zur Farm und zu C.L. gemacht. Sie könnten angeln gehen und sich über Phoebe unterhalten, und vielleicht wären die Dinge dann für eine Weile nicht ganz so schlimm. Vielleicht würde sie sogar ein paar Antworten bekommen.
Wenn sie nur den Weg fände. Und das konnte sie nur, wenn sie sich wieder auf das Fahrrad setzte und weiterradelte. Das war ein schrecklicher Gedanke, aber schließlich konnte sie nicht den Rest ihres Lebens hier unter diesem Baum verbringen; noch dazu würde es früher oder später dunkel werden, und dann säße sie erst recht in der Klemme.
»Komm, Phoebe«, rief sie, und als der kleine Hund zu ihr getrottet kam, setzte sie ihn wieder in den Korb, den sie mit einem Handtuch ausgelegt hatte. Phoebe seufzte und suchte nach einer halbwegs bequemen Position, und Em sagte: »Ich weiß, ich habe auch keine Lust mehr, aber wir müssen.« Genau in diesem Moment hörte sie, wie sich ein Auto näherte. Sie blickte auf und sah den glänzend roten Mustang.
»Hey«, sagte er, als er neben ihnen anhielt. »Deine Mom steht kurz vor einem Herzinfarkt.«
»Tut mir leid«, sagte Em, meinte es aber gar nicht so. Wenn ihre Mom sich nicht so doof benommen hätte, müsste sie nicht tausend Meilen auf ihrem blöden Fahrrad zurücklegen.
»So bedauernd hörst du dich aber nicht an.« C.L. stieg aus dem Wagen und versuchte, streng auszusehen, was ihm aber vollkommen misslang. »Ich finde es nicht gut, wenn du deine Mom unglücklich machst.«
»Du bist nicht böse«, sagte Em, nun wirklich müde. »Lüg nicht.«
»Hey.« C.L. runzelte die Stirn. »Was ist los mit dir?«
»Ich habe mich verfahren.« Em stieg von ihrem Fahrrad, und C.L. griff danach, um es festzuhalten. »Ich wollte zu dir, um mit dir zu reden, aber ich habe mich verfahren und kann die Porch Road nicht finden. Ich habe alles vermasselt.«
»Du hast dich nicht verfahren.« C.L. hob Phoebe mit einer Hand aus dem Korb und setzte sie auf den Boden. »Du bist nur müde geworden. Bis zu der richtigen Kreuzung dauert es noch etwa eine Meile. Wärst du weitergefahren, hättest du den Weg gefunden.«
Em fixierte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Wirklich?«
»Mensch, du traust wohl niemandem.« C.L. rollte das Fahrrad zum Wagen. »Steig ein, dann zeige ich es dir.« Er hob Ems Fahrrad auf den Rücksitz und öffnete die Fahrertür, damit Phoebe ins Auto krabbeln konnte. Em spürte, wie all ihre Sorgen leichter wurden.
Sie waren noch immer da, aber sie wurden leichter.
Em ging um den Wagen herum und setzte sich auf den Beifahrersitz, froh, nicht mehr weiterradeln zu müssen, und wirklich froh, bei C.L. zu sein. Phoebe kletterte auf ihren Schoss und lehnte sich über die Türkante, so dass Em sie am Bauch festhielt, damit sie nicht hinausspringen konnte. Liebevoll drückte sie den kleinen warmen Körper an sich. Wirklich, so war alles weitaus besser. Sie entspannte sich und lehnte ihre Schultern gegen das weiche Sitzpolster, den Kopf in den Nacken und auf die Lehne gelegt.
Der Nacken tat einem wirklich weh, wenn man tausend Meilen über steinige Straßen geradelt war.
C.L. stieg ein und tätschelte ihr Knie, ehe er den Wagen auf die Straße steuerte und zwei Minuten fuhr, bevor er das Tempo verlangsamte. »Siehst du?« fragte er und deutete auf das Schild mit der Aufschrift Porch Road. »Du warst auf dem richtigen Weg.«
Die Straße war tatsächlich da. Beinahe hätte sie es geschafft. Nichts hatte sie vermasselt. C.L. bog in die Straße ein, und Em seufzte und entspannte sich nun völlig. »Fürs Fahrrad war der Weg zu lang.«
»Das ist wahr«, meinte C.L. »Aber das konntest du nicht wissen. In einem Auto kommt er einem viel kürzer vor. Jetzt hör schon auf, sauer auf dich selbst zu sein. Das einzige, was falsch war, ist, dass du deiner Mom einen Schrecken eingejagt hast. Und mir auch.«
Em sah ihn schräg von der Seite an. »Du hast dir Sorgen gemacht?«
»Ja.« C.L. wandte den Blick nicht von der Straße, aber er sagte es ernsthaft genug - ein richtiges »Ja«, kein einfaches Kopfnicken oder so etwas -, also
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