Die Gerüchteköchin
dass es weggeht.«
»Ich glaube nicht, dass es weggeht«, sagte Em und musste an ihre Mom und an ihren Dad am Tag zuvor im Vorgarten denken, an die Art, wie ihre Mutter geschaut und ihre Fäuste gegen die Brust gepresst hatte. »Da passiert wirklich etwas Schlimmes.«
Mel starrte auf den Bildschirm. »Vielleicht hat Mrs. Meyer deinen Dad gebissen und ihn zu einem Vampir gemacht, und dann hat er meine Mom gebissen, und sie will nicht, dass es irgend jemand erfährt.«
»Mel, hör auf damit«, sagte Em. »Das hier ist wirklich.«
Mel starrte weiter auf den Fernseher. »Ich will nicht, dass es wirklich ist. Ich will, dass es weggeht.«
»Ich auch«, sagte Em. »Aber ich glaube nicht, dass es das tut.«
Der Bildschirm verwandelte sich in summenden Schnee, und Mel richtete sich auf. »Ich glaube es nicht.« Ihre Stimme klang schrill vor Anspannung. »Mom! So ein Scheiß. Mom! Die Sender sind weg!«
»Eine Ausdrucksweise«, sagte Tante Treva, als sie ins Zimmer kam.
»Ich kann es nicht glauben«, fuhr Mel fort, während ihre Mutter an der Kabeldose rüttelte. »Es ist kein Bild mehr da. Was ist passiert?«
»Sieht so aus, als wäre die Leitung gestört.« Tante Treva richtete sich wieder auf. »Ich werde morgen die Fernsehleute anrufen und ihnen sagen, dass sie dein Leben ruiniert haben. In der Zwischenzeit könntest du ein bisschen lesen.«
»Das soll wohl ein Witz sein, oder?« meinte Mel.
»Es wäre eine gute Übung«, erwiderte Tante Treva. »Nächsten Dienstag fängt die Schule wieder an.«
»Erinnere mich bloß nicht daran«, sagte Mel. »Können wir uns ein Video anschauen?«
Tante Treva zuckte mit den Schultern. »Klar. Verderbt euch den Verstand. Wie ihr wollt.«
Mel wartete, bis ihre Mutter wieder gegangen war, bevor sie Em ansah. »Kannst du das glauben ? Jedes Video, das wir wollen? Was auch immer faul ist, es muss wirklich faul sein. Seit einer Woche ist meine Mom nun schon ohne Verstand. Ich konnte es gar nicht glauben, dass sie uns gestern Abend erlaubt hat, Die verlorenen Seelen zu sehen. Das ist kein jugendfreier Film. Der ist wirklich schlimm.«
Em dachte darüber nach. »Du hast recht. Ungefähr seit einer Woche hat mein Dad schlechte Laune. Irgend etwas muss da passiert sein. Was sollen wir jetzt tun?«
»Wir werden wohl ein bisschen herumschnüffeln müssen«, meinte Mel. »Erzählen werden sie es uns bestimmt nicht. Also müssen wir es selbst herausfinden.«
Em ließ sich das durch den Kopf gehen. Am Tag zuvor hatte sie nichts vom Spionieren gehalten, aber da waren die Dinge auch noch nicht so schlimm gewesen. »Du hast recht. Wir müssen etwas tun, um sie zu retten. Ich weiß nur nicht, was. Ich habe noch nie herumgeschnüffelt. Wie stellen wir das an?«
»Nun, zunächst werden wir jedes Telefongespräch belauschen«, antwortete Mel. »Das ist doch klar.«
6
Das Läuten der Türglocke weckte Maddie kurz nach sieben an diesem Abend auf. Sie fühlte sich betäubt und verwirrt. Warum klingelte Brent an der Tür? Er hatte doch einen Schlüssel. Vor sich hinfluchend ging sie die Treppe hinunter und öffnete die Tür.
»Ich habe dich geweckt.« C.L. lehnte im Türrahmen, und seine dunklen Augen schienen ihr bewundernde Blicke zuzuwerfen, was allerdings nicht sein konnte, weil sie vom Schlaf noch ganz zerzaust war und abgeschnittene Hosen und ein uraltes rotkariertes T-Shirt trug. Er zog den Kopf ein. »Tut mir leid.«
Maddie schloss die Augen vor seiner realen Präsenz und überließ sich statt dessen ihren Phantasien von ihm. Sie hatte ihn aus diesem Türrahmen zerren und sich über ihn hermachen wollen, und nun stand er hier in Fleisch und Blut mit seinem muskulösen Körper, der, in ein Karohemd und alte Jeans verpackt, unglücklicherweise äußerst ansehnlich aussah. Es war einfach peinlich. Sie schlug die Augen wieder auf und bemühte sich, höflich zu sein. »Kein Problem. Was willst du?«
»Anna hat von deinem Unfall gehört. Sie hat dir Schokoladenkuchen gebacken.« Er hielt ihr einen mit Plastikfolie umwickelten Teller hin, und sie nahm ihn entgegen, darauf bedacht, ihm nicht in die Augen zu sehen. Augenkontakt wäre nicht gut.
Den Blick starr geradeaus gerichtet, eröffnete sich ihr ein großartiger Anblick auf seine breite Brust unter dem Karohemd. Der Stoff sah weich und frisch gewaschen aus, und Maddie musste sich zurückhalten, um nicht die Hand auszustrecken und darüberzustreicheln. Männer neigten dazu, so etwas misszuverstehen. Sie war ziemlich sicher, dass C.L. es
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