Die Gerüchteköchin
Auf dem Namensschild an dem Schalter stand June Webster. Vielleicht war June ja Brents außerplanmäßige Aktivität. Sie sah aus, als könnte sie teuer sein.
Harold Whitehead kam aus seinem Büro und ging zu Candaces Schreibtisch hinüber. Er nickte Maddie im Vorbeigehen zu. Ihr Gesicht musste ihm entgangen sein, da er keinerlei Reaktion zeigte. Typisch Harold.
Als er wieder in seinem Büro verschwunden war, blickte Candace auf und lächelte ihr zu, bevor sich ihre Augen plötzlich weiteten. In der kühlen Eleganz ihres beigen und blassgoldenen Kostüms kam sie durch die Halle zu ihnen und flüsterte: »Geht es Ihnen gut?«
Maddie lächelte. »Bin gegen eine Tür gelaufen.«
Candace sah nicht sehr überzeugt aus, fragte jedoch nicht weiter nach. »Haben Sie sich etwas wegen Ihres Girokontos überlegt?«
»Das Schließfach.« Maddie hielt ihren Schlüssel in die Höhe. »Und könnten Sie mir bitte einen Kontoauszug ausdrucken, damit ich sehen kann, was falschgelaufen ist?«
»Selbstverständlich.« Candace streckte Em ihre Hand entgegen. »Emily, ich habe ein paar Stempel, mit denen du spielen kannst, während deine Mutter nach unten geht. Möchtest du ein paar Blätter stempeln?«
»Danke«, antwortete Em höflich und nahm ihre Hand ohne große Begeisterung. Ems Toleranz gegenüber Erwachsenen war offenkundig überstrapaziert.
»Mrs. Faraday?«
Das Kindchen vom Schalter wartete auf sie. »Mr. Webster hier wird Ihnen weiterhelfen.«
Noch ein Webster? Sie sahen wie Bruder und Schwester aus, blass und blond und gönnerhaft. Mr. Webster war älter, dennoch höchstens Mitte Zwanzig, aber seriös, sehr seriös. In Anbetracht ihres Gesichts runzelte er die Stirn, ließ sie dann die Formalitäten durch eine Unterschrift erledigen und führte sie schließlich in einen abgeteilten Raum.
»Ich lasse Sie allein«, sagte er, was Maddie ein verschwörerisches Gefühl bereitete.
»Gute Idee«, sagte sie. »Dann kann ich Sie nicht mit hineinziehen, wenn‘s auffliegt.«
Mr. Webster sah sie verständnislos an. »Wie bitte?«
»Kleiner Scherz, machen Sie sich nichts daraus. Danke.«
Er ließ sie allein, um ihre Privatsphäre nicht zu stören, und es war so still in dem Raum, dass Maddie mit dem Gedanken spielte, den Rest ihres Lebens dort zu verbringen. Kein Telefon. Sie öffnete das Schließfach und traute ihren Augen nicht.
Es war vollgestopft mit Hundertdollarscheinen.
»Oh, mein Gott«, sagte sie, als Mr. Webster wieder in den Raum trat.
»Alles in Ordnung?« fragte er, und sein Blick fiel auf das Bargeld.
»Bestens«, antwortete Maddie schwach und wimmelte ihn mit einer Handbewegung ab. »Sie können gehen.«
Mr. Webster sah sie verunsichert an und verschwand dann.
Schnell ging sie den Inhalt des Schließfachs durch. Unter dem Geld lagen der Schmuck, Ems College-Sparbriefe und die Sparbriefe, aber den meisten Platz nahmen die in Bündel gepackten Geldscheine ein. Sie zählte hundert in einer Papierbanderole, zehntausend Dollar. Es waren achtundzwanzig Päckchen: zweihundertachtzigtausend Dollar. Keine Cents. Noch nie in ihrem Leben hatte sie so einen Haufen Geld gesehen, und sie war ziemlich sicher, dass sie nicht soviel besaßen. Jedenfalls nicht legal.
Denk nach , sagte sie sich, aber angesichts des vielen Geldes vor ihr fiel das schwer.
Offensichtlich hatte Brent, abgesehen von seiner Affäre, auch noch andere Sachen getrieben. Es sei denn, er ließ sich für seine Dienste bezahlen. Aber selbst dann war immer noch etwas faul, weil keine Frau soviel Geld für Sex mit Brent bezahlen würde. So toll war er nicht.
Das konnte kein gutes Ende nehmen. Sie sollte es jemandem erzählen, Henry Henley vielleicht. Nur, dass sie nicht wusste, woher das Geld kam. Was, wenn es ehrlich verdient war? Was, wenn Brent wirklich soviel Geld besaß, und sie schwärzte ihn bei der Polizei an? Frog Point wäre begeistert davon. Nein. Sie musste erst mit Brent sprechen. »Entschuldige, aber nachdem ich die Unterhose gefunden hatte, habe ich einen Haufen Geld gefunden, und ich beginne, mich aufzuregen. Bist du ein Ehebrecher und Dieb oder nur ein Ehebrecher? Meine Scheidungsanwältin würde das sicher gerne wissen.«
Es war zu verwirrend. Sie wollte das Fach wieder schließen, hielt dann jedoch inne. Bei dem Verlauf der Dinge war es besser, das ganze Fach zu leeren und sicherzustellen, dass nicht noch weitere Überraschungen darin auf sie warteten. Sie holte Ems Sparbriefe, die Schmuckschatullen und das Geld heraus und fand
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