Die Gerüchteköchin
darunter einen braunen Briefumschlag.
Ich will ihn nicht aufmachen , dachte sie, aber wie viel schlimmer konnte es noch werden?
Ihr Mann war ein ehebrecherischer Frauenschläger, noch dazu wahrscheinlich ein Dieb, und ihr Auto war kaputt. Sie hatte so ziemlich den Tiefpunkt erreicht. Und schließlich war es nur ein Umschlag. Reiß dich zusammen , ermahnte sie sich, öffnete das Kuvert und schüttelte den Inhalt heraus: zwei Flugtickets und zwei Pässe.
Die Tickets waren für einen Flug nach Rio am Montag, dem 19. August, also übermorgen. Er wollte mit jemandem nach Südamerika fliegen. Noch vor zwei Tagen hätte sie das schockiert; jetzt allerdings dachte sie nur, dass es viel einfacher sein würde, sich von ihm scheiden zu lassen, wenn er außer Landes war. Wenn man es richtig betrachtete, war diese Neuigkeit also gar nicht so schlecht. Er könnte Em Postkarten schicken, und sie könnte die Briefmarken sammeln.
Schlagartig wurde ihr die Bedeutung der beiden Pässe klar. Jetzt würde sie zumindest die Identität der Blondine erfahren. Der erste Ausweis, den sie aufschlug, war Brents, und sie warf ihn in das Schließfach zurück. Dann klappte sie den zweiten Pass auf, und ihr wurde kalt. Das Blut rauschte in ihren Ohren, und sie dachte: Ich habe Kopfverletzungen. Ich muss die Nerven behalten. Lass mich auch hier die Dinge im richtigen Licht sehen.
Die gute Nachricht war, dass er nicht irgendein Flittchen mit nach Südamerika nahm.
Die schlechte war, dass der zweite Pass Emily gehörte.
9
Wieder ergriff Maddie ein Schwindelgefühl. Tief durchatmen , ermahnte sie sich, aber der Sauerstoff auf der gesamten Erde hätte nicht ausgereicht.
Brent wollte mit Emily nach Brasilien. Er hatte ihr einen Pas besorgt und wollte sie nun mit nach Brasilien nehmen.
Sie stopfte alles außer Ems Ausweis in das Schließfach zurück und schlug die Klappe zu. Vor dem abgetrennten Raum rauschte sie an Mr. Webster vorbei und rannte die Stufen zur Bankhalle hinauf.
Keine Spur von Em.
Brent hatte sie gefunden. Die Panik, die sie überfiel, schnürte Maddie die Luft ab. Er war in die Bank gekommen, hatte Em gesehen und »Mom?« Mit von Stempelfarbe verschmierten Fingern schlüpfte Em hinter Candaces Schalter hervor. »Candace hat wirklich ein paar sehr schöne Stempel.«
Maddie musste sich zurückhalten, um sich Em nicht zu schnappen und aus der Bank hinauszuhasten. »Wir müssen jetzt gehen. Danke, Candace.« Sie ergriff Ems Hand, und die Wärme von Ems Umklammerung ließ sie auf die Knie sinken. »Ich liebe dich, Em«, sagte sie und drückte ihre Tochter fest an sich.
»Ich dich auch, Mom.« Du benimmst dich komisch , war als Unterton aus ihrer Stimme herauszuhören.
Candaces verdutzten Gesichtsausdruck ignorierend, richtete Maddie sich auf. »Lass uns was essen gehen, okay?«
In ein Restaurant konnte Brent nicht hineinspazieren, um Em zu entführen. Dort wäre sie in der Öffentlichkeit.
Früher oder später müssten sie nach Hause zurück, aber im Moment war später besser. Später bedeutete, dass sie Zeit hatte nachzudenken. »Burger King.«
Sie überquerten die Straße, und Maddie ris im Gehen die Seiten aus Ems Pas und warf sie auf dem Weg in zwei verschiedene Abfalleimer. Der Einband war zu hart, um ihn zu zerreißen, daher schleuderte sie ihn in den Müllcontainer hinter dem Restaurant. Sie war ziemlich sicher, dass ein zerrissener Ausweis nicht gültig war, aber falls doch, müsste Brent drei verschiedene Mülleimer durchforsten, um ihn wieder zusammenzukleben.
Er hatte sie hintergangen und ihrem gemeinsamen Kind einen Ausweis ausstellen lassen, um es ihr wegzunehmen.
Den Teufel würde er tun.
Ems Passfoto bewahrte sie auf und steckte es in ihre Geldbörse. Niemals würde er Em mitnehmen.
Em sagte die ganze Zeit kein Wort.
»Ich weiß, dass ich mich komisch benehme«, sagte Maddie zu ihr, als sie in dem Restaurant saßen. »Ich glaube, ich muss mich gleich noch einmal hinlegen.«
Em nickte und aß schweigend ihren Cheeseburger und ihre Pommes frites, während sie jede Bewegung ihrer Mutter beobachtete. Das Schweigen tat gut; es gab Maddie die Gelegenheit, sich selbst davon zu überzeugen, dass Brent Em nicht einfach mitnehmen konnte, und sich soweit zu beruhigen, dass sie einen einwandfreien Gesundheitszustand vorspielen konnte. Sie musste Em lediglich nach Hause bringen und die Kette vor die Tür legen, so dass Brent nicht hereinkam, und bis Montag warten. Wenn sie es schaffte, bis Montag auf Em aufzupassen
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