Die Gerüchteköchin
uns einen schönen Tag machen«, sagte Anna bestimmt.
»Warte nur, bis du die Kette siehst, die ich für Uroma anlege«, meinte ihr Mutter. Ihre Stimme klang ein wenig unsicher.«
Em gab auf. »Zeig mal.«
Ihre Mutter fischte die Kette aus der Tasche. Sie war wirklich hässlich, aus Falschgold mit einem dicken roten Glasklumpen als Anhänger.
Em nickte. »Sie wird ihr bestimmt gefallen. Sonst trägst du doch keinen Schmuck, oder?«
»Nichts, worauf ich Wert lege.« Ihre Mom hörte sich wieder besser an, aber Anna warf ihr einen verwunderten Blick zu, daher erklärte Maddie: »Meine Großmutter hat so eine Art an sich, einem alles abzuschwatzen, egal, was es ist. Deshalb lenken wir sie mit dem Zeug ab, was wir nicht haben wollen.« Sie wandte sich wieder an Em. »Stimmt‘s, Em?«
Sie hörte sich so an, als wolle sie unbedingt, dass Em ihr zustimmte, so, als würde es tatsächlich eine Rolle spielen, was Em sagte, auch wenn das wohl nicht der Fall war. Em nickte nur.
Ihre Mutter legte sich die Halskette um und küsste Em zum Abschied. »Viel Spaß mit Anna und Phoebe. Und hilf beim Abwasch.«
»Erzähl ihr nichts von Phoebe«, rief Em ihrer Mutter durch die Tür hinterher. »Sonst will sie sie auch noch haben.«
Anna hatte Maddie ihren alten Kombi geliehen (»Ich muss sowieso nirgends hin, nimm ihn nur«). Es war erstaunlich, wieviel besser Maddie sich fühlte, als sie wieder ein Auto hatte. Frog Point war zwar nicht so groß, dass ein Wagen notwendig war - doch vermittelte ihr ein Auto die Illusion, fliehen zu können, wenn es nötig wäre. Natürlich lag das außerhalb des Möglichen, aber ein Auto machte die Vorstellung wenigstens plausibel.
Ihrer Großmutter konnte sie definitiv nicht entkommen.
Grandma Lucille saß, in seegrünen Chiffon gehüllt, verstimmt unter pfirsichfarbenen Laken in ihrem blass pfirsichfarbenen Zimmer und sah aus wie eine schlechte Parodie des Backfischs, der sie einst gewesen war. Ihr wie schwarze Schuhcreme glänzender Kurzhaarschnitt umrahmte ihr verwelktes Koboldgesicht, in dem lediglich ihre scharfen schwarzen Augen sich nicht verändert hatten - klein, raffiniert und hart wie Obsidian. Wie sie sich in diesem Zimmer bereits tausendmal hatte anhören müssen, hatte Maddie keinen der Vorzüge ihrer Großmutter geerbt, weder deren hübsches Gesicht oder ihren Abenteurergeist noch ihre überschwängliche Energie. Seitdem Gran jedoch schon lange zur schlimmsten Nervensäge aller Zeiten in der Familie geworden war, zeige Maddie sich nicht übermäßig bestürzt über diesen Mangel an genetischer Ähnlichkeit. »Du kannst dir nicht vorstellen, was ich durchgemacht habe, als ich aufwuchs«, pflegte ihre Mutter ihr als Kind zu erzählen. »Sie hat mich gedemütigt. Das würde ich dir niemals antun.«
Als sie ihre Großmutter nun betrachtete, sandte Maddie stillschweigend ein Dankeschön an ihre Mutter und nahm sich erneut vor, ihrer Tochter ein ebenso skandalfreies Bild von sich zu vermitteln. Das letzte, was sie sein wollte, war die Großmutter ihrer Generation.
Obwohl Wesenszüge ja häufig eine Generation übersprangen. Und dann gab es da noch C.L. und den Point. Wenn sie so weitermachte, würde sie unweigerlich zur Gran der Neunziger werden. Sie musste ihr Leben in den Griff bekommen. Aber zuerst musste sie diesen Besuch hinter sich bringen. Sie durchquerte das Zimmer, das verächtliche Gebrumm ihrer Großmutter ignorierend, dass sie zugenommen habe und ihrem Alter entsprechend aussehe, und teilte die pfirsichfarbenen Vorhänge aus Leinenimitat vor der Tür, die auf den kleinen Balkon hinausführte.
»Zu hell«, ließ Gran scharf und krächzend verlauten. »Schlecht für meine Haut. Für deine auch, aber du bist ja ein hoffnungsloser Fall.«
Maddie ließ sich auf einen Kompromiss ein und zog die Vorhänge wieder halb zu, in dem sicheren Wissen, dass ihre Großmutter sich über mangelndes Licht beschweren würde, sollte sie sie ganz zuziehen.
»Na, Gran«, sagte Maddie fröhlich, als sie sich neben das Bett setzte. »Wie geht es dir?«
»Ich bin fünfundneunzig - was glaubst du wohl, wies mir geht?« antwortete ihre Großmutter schnippisch.
Du bist dreiundachtzig, wollte Maddie erwidern, unterdrückte diesen Impuls jedoch. Sich auf eine Diskussion mit Gran einzulassen, kam einem asiatischen Guerillakrieg auf persönlicher Ebene gleich. »Ich hoffe jedenfalls, dass es dir gutgeht«, sagte Maddie. »Du siehst toll aus.«
»Nur, weil ich nicht herumlaufe und mich in die
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