Die gesandte der Köingin Tess 2
tröstliche Geschichte gehüllt, war sehr dumm. Du hast gerade das Spiel deines Meisters verloren, und vermutlich auch dein Leben.«
Meine Miene wurde starr vor Zorn. »Ich mag das Spiel meines Meisters verloren haben, Hauptmann, aber nicht, indem ich meinem Volk die Wahrheit gesagt habe. Sieh genauer hin«, forderte ich ihn auf, während der junge Gardist davoneilte, um uns Pferde zu holen. »Ich habe tausend Augen und Ohren gewonnen. Sie vertrauen mir, und sie werden warten, denn sie wissen, dass ich sie rufen werde, wenn sie etwas tun können. Ich war aufrichtig zu ihnen und habe sie nicht wie Kinder behandelt, die man vor der schlimmen Wahrheit beschützen muss. Ich habe ihnen Würde geschenkt, auch wenn sie mit Kummer einhergeht. Und deshalb werden sie niemanden auf diesem Schiff angreifen, aber sie werden mir jede einzelne Bewegung darauf melden, sogar, wie viele Männer sich jeden Morgen an der Reling erleichtern.«
Offensichtlich immer noch nicht überzeugt und mit einem frustrierten, verärgerten Ausdruck auf dem Gesicht folgte Jeck mir die Leiter hinunter. Die Leute um uns herum hielten einen ehrerbietigen Meter Abstand, und ich war ganz für mich, umringt von Hunderten. »Es war das gleiche Vertrauen, das es mir ermöglicht hat, dir im vergangenen Frühjahr den Palast unter der Nase wegzustehlen«, fuhr ich leise fort. »Mach die Augen auf. Vertrauen bewegt Menschenseelen stärker als Angst.«
Hufgeklapper erregte unsere Aufmerksamkeit. Ein zweiter Torwächter überprüfte ungeschickt und zum dritten Mal die Sättel seiner Garnisonspferde. Es schien ihm peinlich zu sein, dass er keinen Damensattel bieten konnte. Aber ein einfacher, hilfsbereiter Mann war mit zwei eigenen Pferden herangekommen, mitten im Frühlingsfellwechsel, fleckig, scheckig und hässlich.
»Wir leihen uns diese, Herr Offizier«, sagte ich zu dem jungen Gardisten. »Behaltet Eure für Notfälle hier.«
Der einfache Mann grinste breit und hielt voller Stolz die Zügel des zotteligen Schimmels, auf den ich mich mit Jecks Hilfe schwang. Ich legte eine Hand auf die des Besitzers und lächelte. »Vielen Dank«, sagte ich leise. »Sie warten in den Stallungen des Palastes auf Euch«, und er trat zurück, rot vor Freude.
Jeck presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und nahm sein größeres Tier an den Zügel, das vor Aufregung tänzelte. Eine Gasse tat sich vor uns auf, und mein Pferd und ich fuhren zusammen, als Jeck sein Tier anschrie.
Ein unerwarteter Stich der Angst durchfuhr mich, als wir die Menge in einem Tempo hinter uns ließen, das mir nach den quälend langsamen Tagen zu Fuß halsbrecherisch vorkam. Meine Gedanken drehten sich um meine Schwester, die Piraten, Duncans gefährliche Lage und schließlich die Frage, was ich Kavenlow sagen sollte.
Wir preschten durch die belebten Straßen, und ich blickte auf meine geborgten Stiefel zu beiden Seiten des schmutzigen Pferdes hinab, auf dem ich saß. Mein Kleid war zerrissen und starr und fleckig vom Salz. Mein Haar war wirr, Zweige und Blätter hatten sich darin verfangen. Ich hatte seit Tagen keinen Kamm und kein Wässer zum Waschen mehr gehabt. Ich trug geborgte Handschuhe und Stiefel, ich war hungrig, durchgefroren und voller Sorge. Jeck ritt schweigend neben mir her, und seine Miene bot keinen Hinweis darauf, wo er in Gedanken sein mochte.
Wenn das hier mein letztes Spiel sein soll, schwor ich mir im Stillen, dann werde ich es bei Gott gewinnen.
20
Die Decken des Palastes waren niedriger, als ich sie in Erinnerung hatte, und die Wände standen enger. Nach drei Wochen auf einem Schiff, das kleiner war als die Hauptküche im Palast, sollte man meinen, dass mir die Räume größer erschienen wären. Doch die viele Zeit, die ich draußen verbracht hatte, und der freie Blick bis zum Horizont ließen die einst so weitläufigen Gebäude beinahe klaustrophobisch eng wirken.
Ich legte eine Hand an die Wange, während ich durch die vertrauten Flure eilte, und spürte die falsche Wärme der reglosen Luft. Heather ging einen halben Schritt hinter mir. Die kurvenreiche junge Frau rannte halb, schalt mich für den Zustand meines Kleides und jammerte, weil ich mir schon wieder das Haar ruiniert hatte. Jeck folgte uns mit zwei Schritten vorgeblich respektvollem Abstand. Resh, der Hauptmann der Garde meiner Schwester, lief neben mir und hielt mein schnelles Tempo mühelos mit.
Kurz nachdem wir durch das Haupttor des Palastes geritten waren, hatte ein Bursche in den
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