Die gesandte der Köingin Tess 2
Misdever Farben Jeck einen neuen Uniformrock gebracht, dazu ein Schwert, einen Gürtel, ein abgetragenes, aber sauberes Paar Stiefel und einen übertrieben feschen schwarzen Hut mit Federn, die ihm bis über den Nacken hingen. Den Hut zerdrückte Jeck nun beinahe in der Hand. Es war ein Misdever Offiziershut, und ich wusste, wie sehr Jeck das protzige Ding verabscheute.
Sein schmutziges Äußeres in den frischen Kleidern verlieh ihm eine einmalige Ausstrahlung, eine Mischung aus rau und wild, sauber und galant. Heather beäugte ihn aus den Augenwinkeln, während sie an mir herumzupfte – die arme Frau hatte immer noch nicht geheiratet, obwohl ich ihr mehrmals versichert hatte, dass sie ihren Platz an meiner Seite nicht verlieren würde, falls sie vor mir heiratete. Ich wusste, dass sie seit fast fünf Jahren keine Jungfrau mehr war. Nachdem ich so lange Zeit praktisch durch sie gelebt hatte, war ich nicht mehr sicher, ob ich Tatsachen und Fantasie bei ihr immer genau auseinanderhalten konnte.
Ich sah sie an, und meine langjährige Freundin und offizielle Kammerzofe rannte wieder ein paar atemlose Schritte, um mich einzuholen. Sie war die einzige Frau im Palast, die mich straflos schelten konnte, und sie ließ sich keine Gelegenheit dazu entgehen. »Und seht Euch nur Eure Hände an!«, rief sie aus, anscheinend ohne das eigentliche Problem – Contessas Entführung – zur Kenntnis zu nehmen.
»Was ist mit meinen Händen?«, fragte ich, entriss sie ihr und blieb abrupt stehen. Jeck fing sich gerade noch, bevor er mich umrennen konnte. Angst erfasste mich. Sie sah es. Sie wusste, dass ich meine Magie dazu benutzen konnte, mit den Händen zu töten …
Heather starrte mich an. Ihre Augen weiteten sich, als fürchtete sie, etwas falsch gemacht zu haben. »Nichts!«, entgegnete sie verwundert. »Sie sind so braun. Das ist alles.«
Erleichtert eilte ich weiter und ignorierte Hauptmann Resh, der leise auf mich einredete. Sie waren braun. Das war alles. Dem äußeren Anschein zum Trotz war Heather intelligent und scharfsinnig, und es hätte mich nicht überrascht, wenn sie tatsächlich eine Veränderung an meinen Händen bemerkt hätte, abgesehen von der Farbe. Ihre oberflächliche Koketterie war nur aufgesetzt, passend zu ihrer üppigen Figur und den tiefblauen Augen, und sie nutzte sie jenen gegenüber aus, die darauf hereinfielen.
»Und Euer Haar!«, jammerte sie, als wir durch den Haupteingang traten. Köpfe wandten sich nach uns um, und in unserem Kielwasser schlugen die ersten Gerüchte ihre Wellen. »Da soll mich doch eine Ente küssen, wo habt Ihr nur geschlafen? Im Dreck?«
»Ja«, entgegnete ich knapp, und sie schlug sich die zarte weiße Hand vor den Mund. Hauptmann Resh versuchte, meine Aufmerksamkeit zu erringen, und ich blieb im großen Empfangszimmer stehen. Von hier aus konnte man überallhin gelangen. »Wo ist Kavenlow?«, fragte ich Hauptmann Resh, und er verzog das Gesicht.
Der Mann holte tief Luft, doch ich sah ihm an, dass er mich beschwichtigen wollte, statt mir zu antworten. Heather und Hauptmann Resh hatten versucht, mich dazu zu überreden, dass ich zuerst in meine Gemächer ging und mich waschen, kämmen, stärken und prinzessifizieren ließ. Ich wollte mit den Briganten sprechen, und Kavenlow war bei ihnen.
»Wo ist Kavenlow?«, wiederholte ich entschiedener, und der Mann trat von einem Fuß auf den anderen.
»Euer Hoheit«, begann er schmeichelnd.
Heather griff erneut nach meiner Hand und musterte und streichelte sie wie ein krankes Kätzchen. »Oh, seht nur, was Ihr mit Euren Fingernägeln angerichtet habt!«, sagte sie, und mein Blick folgte ihrem. Meine Fingernägel waren tief eingerissen, die Nagelhaut hoffnungslos mit Dreck verkrustet. Als ich meine dunkel gebräunte Hand auf ihren makellosen weißen Fingern ruhen sah, zerbrach etwas in mir.
Der Zephir in meinem Kopf schwatzte und kicherte, die Bäume vor den hohen Fenstern schwankten, und der Wind schwoll in mir an. Mein Herz begann zu pochen, kribbelndes Gift durchströmte mich. Als mein Herz das spürte, tat es einen besonders harten Schlag, ich zwang mein Gesicht, einen höflichleeren Ausdruck anzunehmen, und entzog meiner alten Freundin meine Hand, ehe ich sie versehentlich ermorden konnte.
Die junge Frau blinzelte, als meine Hand von ihren Fingern wegzuckte. Sie schrak zusammen und sah mich fragend an. Ich würde mit Kavenlow sprechen, ehe ich mich um meine anderen Bedürfnisse kümmerte, und das war ihr klar. »Im
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