Die gesandte der Köingin Tess 2
taumelte und hielt sich an mir fest, um nicht hinzufallen.
»Was zur Hölle …«, keuchte er und starrte in den klaren Himmel, aus dem ein Sturm toste. »Liebliche Mutter …«
»Er hat mich benutzt. Wegen Geld !«, rief ich, denn ich musste schreien, um den brabbelnden Wind in meinem Kopf zu übertönen. Er heulte, schwatzte, verlangte die Freiheit, doch dazu hätte ich einen Gedanken fassen müssen, und das ging nicht, denn ich war tot.
Ich hing in Kapitän Rylans Griff. Das Gift wurde aus der Bisswunde gedrückt und durchflutete meinen Körper. Meine Hände kribbelten. Meine Beine zitterten, denn das Gift begann mich zu töten. Schiere Kraft brannte sich durch meine Adern, und ich warf den Kopf zurück. »Der widerliche Bastard!«, tobte ich, und das Gift versetzte mir einen wahren Kraftstoß.
Kapitän Rylan schrie auf und krachte gegen das Geländer.
Die Pferde gingen durch, und ihr angstvolles Wiehern mischte sich mit der Ekstase des Sturms. Plötzlich frei, stand ich auf der Veranda. Der Wind in meinem Kopf toste ungehindert durch mich hindurch. Vorfreude und Wut rasten um die Wette, wer als Erster zu seinem Recht kommen sollte. Da brach es aus mir hervor, und ich schrie zum Himmel auf: »Er hat mich nie geliebt!«
Flammen leckten an den feuchten, mit grünem Schleim bedeckten Dielen. Die Kiefern neben dem Haus begannen zu qualmen. Glühend heißer Zorn ob des Verrats loderte in mir auf. Ein fernes Dröhnen hallte über die Bäume hinweg. Das war der Wind auf dem Meer. Er suchte nach mir. Er würde mich finden und mir Sinn und Verstand rauben. Und ich freute mich auf ihn. Gott steh mir bei, ich wollte vergehen vor Qual.
Das zornige Brausen, das wie ein Lebewesen klang, kam näher. Ich blickte zum Himmel auf, als der Lärm anschwoll, und mit einem Brüllen wie ein Löwe stürzte er sich auf mich herab. Sein Gewicht warf mich um. Taumelnd richtete ich mich wieder auf.
»Er hat mich nie geliebt!«, schrie ich, und die nächsten Zweige, obwohl im vollen Saft des Frühlings, loderten plötzlich auf. Ich fiel unter der Wucht der Hitze und des trockenen Windes auf die Knie.
Die von der Trockenfäule zersetzte Hütte fing schneller Feuer als Zunder. Hitze schlug mir entgegen, angetrieben vom Wind, und rollte über mich hinweg wie Sommerwärme auf einer Wiese. Der Wind plapperte und heulte. Er schlug mich und peitschte die Flammen höher auf, wirbelte sie unter Versprechungen weiter voran.
Die Luft versengte mir die Kehle, und ich schrie auf, als mir der Atem aus der Lunge gerissen und durch Hitze ersetzt wurde. Wut und Schmerz schwollen in mir an, verzehrten mich. Mit lautem Brausen gingen die nahen Bäume in Flammen auf wie eine in Öl getränkte Fackel. Das Knacken und Stöhnen der Hütte, die hinter mir brannte, vermischte sich mit den gequälten Geräuschen lichterloh brennender Bäume. Die Hitze der schwelenden Wände hinter mir traf mich von Neuem, und ich hob das tränenüberströmte Gesicht. Meine Haut spannte sich von der Wärme. In gelbe Flammen gehüllt, neigte sich die Hauswand und begann zu kippen. Sie würde mich erschlagen.
Ein Teil von mir geriet in Panik, doch der größere, gebrochene Teil sagte nein. Ich würde mich nicht bewegen. Ich würde mich dafür entscheiden, stehen zu bleiben. Ich würde es beenden. Ich hatte kein Leben mit Kavenlow mehr und jetzt auch keines mit Duncan. Und wie hätte ich je wieder genug Vertrauen fassen sollen, um einen anderen zu lieben? Und ohne Liebe konnte ich ebenso gut tot sein.
Ich neigte den Kopf, und das feuchte Holz unter meinen Händen dampfte in der Hitze. Ich tat einen letzten Atemzug, der mir die Lunge verbrannte, mit einem Geräusch wie von reißendem Papier. Die Wand knarrte erneut. Ich schloss die Augen und befahl ihr, endlich zu fallen.
Etwas prallte gegen mich, schleuderte mich gegen das Geländer und herunter von der Veranda. Ich keuchte und spürte nur leere Luft unter mir. Mit rudernden Armen klatschte ich aufs Wasser. Das Brüllen der Flammen und des Windes wurde von blubberndem Wasser übertönt. Plötzliche Kälte packte mich, und mein Schrei stieg als Strom kleiner Bläschen an die Oberfläche.
Ich wollte es nicht wahrhaben, schoss in einer Wolke von Wut durch die Oberfläche und fand mich bis zur Brust in schwarzem Matsch und trüber Brühe sitzend wieder, über mir ragten die brennenden Überreste der Hütte auf. Sie war ohne mich in sich zusammengefallen. Neben mir, ebenfalls sitzend, richtete Jeck sich im Wasser auf.
»Nein!«,
Weitere Kostenlose Bücher