Die Geschichte der Deutschen
Konzentrationslager. Damit zählt Himmler neben Hitler zu den Hauptverantwortlichen für den Holocaust. Der ehemalige Hühnerzüchter und Diplom-Landwirt schwadroniert in seinen Reden von Elite, Auslese und Weltanschauung. Seine von Komplexen und Mordfantasien getränkten Rassentheorien bilden die Grundlage seines Handelns.
Der innenpolitischen Konsolidierung der Macht folgen ab 1935 spektakuläre außenpolitische Schritte, die Hitler bald eine wachsende Zustimmung in der Bevölkerung einbringen. Innerhalb kürzester Zeit revidiert er die wehrpolitischen Bestimmungen des Versailler Vertrages. Es beginnt mit einem Glücksfall: mit der schon 1925 zwischen Deutschland und Frankreich vereinbarten Abstimmung im Saargebiet am 13. Januar 1935. 91 Prozent der Saarländer stimmen für eine Rückkehr in das Deutsche Reich. Ein Triumph für das Regime und eine große Enttäuschung für die im Exil lebende Opposition, die fest damit gerechnet hat, die Saarländer würden bei einer freien Wahl der Diktatur eine Absage erteilen. Am 7. März 1935 kündigt Deutschland den Locarno-Vertrag und Hitler lässt Truppen in das entmilitarisierte Rheinland einmarschieren. Ein klarer Bruch des Versailler Vertrages. Aber England und Frankreich schweigen. Gegen die Bestimmungen |239| des Versailler Vertrages und mit Duldung der Siegermächte führt Deutschland auch die Wehrpflicht wieder ein. Am 18. Juni schließen Berlin und London ein Flottenabkommen, das den Deutschen zugesteht, eine Kriegsflotte zu bauen, die bis zu 35 Prozent der Stärke der britischen Flotte entspricht.
Und dann beteiligt sich die deutsche Wehrmacht wieder an einem Krieg. Am 25. Oktober einigt sich Hitler mit Mussolini über ein einheitliches Vorgehen beider Staaten in Spanien. Dort hat General Franco gegen die republikanische Regierung geputscht und einen Bürgerkrieg ausgelöst. Hitler hilft dem Faschisten Franco und schickt die Fliegerstaffeln der »Legion Condor« nach Spanien. Ihre Bomben werden die Stadt Guernica dem Erdboden gleichmachen und eine weltweite, aber wirkungslose Empörung auslösen.
Am 12. März 1938 überschreiten Wehrmachtseinheiten die österreichische Grenze. Hitlers Fahrt mit dem Auto nach Linz und weiter nach Wien wird von jubelnden Österreichern begleitet. Auf dem Heldenplatz in der österreichischen Hauptstadt ruft Hitler seinen über 100 000 Zuhörern zu: »Ich melde vor der Geschichte nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich.« Frenetischer Beifall brandet auf. Die Welt blickt bewundernd und erschreckt auf die Geburt des »Großdeutschen Reiches«.
Drei Monate später greift Hitler nach der Tschechoslowakei. Im Sudetenland lebt eine starke deutsche Minderheit, die sich von der Prager Republik benachteiligt fühlt. Bei den Parlamentswahlen von 1935 stimmten 68 Prozent der Sudetendeutschen für die mit den Nationalsozialisten verbündete Partei von Kurt Henlein, die sich für einen »Anschluss« an das Reich einsetzt. Hitlers Anhänger schüren die Unruhen. Berlin stellt der Prager Regierung ein Ultimatum und droht mit einem Einmarsch. Der Welt erklärt Hitler, dies sei seine letzte territoriale Forderung. Zum ersten Mal spüren die Deutschen, dass sie dieses Mal möglicherweise nicht so leicht davonkommen werden. Die drohende Kriegsgefahr veranlasst den britischen Premierminister Arthur Neville Chamberlain einzugreifen. Er besucht Hitler zweimal in Deutschland. Am 29. September 1938 findet dann in München eine Konferenz über die Zukunft des Sudetenlandes statt, an der neben Deutschland auch England, Frankreich und Italien teilnehmen. Die Prager Regierung wird gar nicht erst eingeladen. Um den Frieden zu bewahren, verraten die Westmächte ihren Verbündeten, die Tschechoslowakei, und Hitler kann das Sudetenland dem Reich einverleiben. Chamberlain kehrt nach London zurück und verkündet seinen Landsleuten, er bringe einen »Frieden für unsere Zeit« mit. Es ist der Höhepunkt der so genannten »Appeasement«-Politik, einer Beschwichtigungsdiplomatie, mit der vor allem die britische |240| Regierung glaubt, das Dritte Reich besänftigen und einen Krieg vermeiden zu können. Eine ehrenwerte Strategie, aber im Falle Hitlers ein fataler Irrtum. Der Führer des Dritten Reiches ist nicht mit herkömmlichen diplomatischen Maßstäben zu messen. Er will den Krieg und eine noch so große Nachgiebigkeit wird ihn nicht von seinem Kurs abbringen können.
Fünf Monate später, am 16. März 1939, marschiert die Wehrmacht auch in den
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