Die Geschichte der Deutschen
Geld, um die Aufrüstung in Gang zu halten. 1933 betragen die Ausgaben für die Wehrmacht 4 Prozent der gesamten öffentlichen |237| Ausgaben. 1939 sind es dann 50 Prozent. Das Regime hat eine Scheinkonjunktur geschaffen. Hitlers Staat wäre in den vierziger Jahren in eine schwere Geld und Wirtschaftskrise gerutscht. Aber der Führer weiß, dass vorher ein Krieg kommen wird. Dann, so Hitlers Planung, wird Deutschland von der Arbeit der slawischen Sklaven und den Reichtümern der besiegten Staaten leben können.
1935 hat Hitler seine Machtergreifung abgeschlossen. Zwei gesellschaftliche Gruppen hätten ihm diese schnelle Errichtung der Diktatur erschweren können: die Reichswehr und die bis 1934 auf 4,2 Millionen Mitglieder angewachsene SA. Das Militär steht Hitler zunächst keineswegs euphorisch gegenüber. Für das preußische Offizierskorps, in dem immer noch der Adel den Ton angibt, ist er ein Emporkömmling und militärischer Dilettant. Schon im Frühjahr 1933 aber lässt der Reichskanzler vor einem ausgewählten Führungskreis der Reichswehr durchblicken, dass seine Politik auf eine starke Aufrüstung zielt. Hitler spricht auch einen Eroberungskrieg im Osten an. Drei Jahre später, am 5. November 1936, teilt er einem kleinen Kreis mit, dass er definitiv einen Krieg gegen die Sowjetunion plane, durch den das Reich sich neuen »Lebensraum« erobern werde. Seine Zuhörer, darunter Reichskriegsminister von Blomberg und Heeresoberbefehlshaber Werner von Fritsch, reagieren mit dem skeptischen Hinweis, die Wehrmacht, so heißt die Reichswehr seit 1935, sei für eine solche Auseinandersetzung noch nicht bereit. Wenig später stürzen sowohl Blomberg als auch Fritsch. Beide fallen einer von der Nazi-Führung inszenierten schmierigen Intrige zum Opfer. Blomberg muss zurücktreten, weil er in zweiter Ehe eine ehemalige Bardame geheiratet hat. Fritsch werden homosexuelle Kontakte angedichtet, die von bezahlten Belastungszeugen bestätigt werden. Schon bald stellt sich heraus, dass nichts davon stimmt. Das Offizierskorps schweigt. Hitler bildet die Militärspitze um und das neu geschaffene Oberkommando der Wehrmacht wird mit willfährigen Offizieren besetzt. Der ehemalige Gefreite hat der Militärspitze das Rückgrat gebrochen.
Die SA ist unzufrieden. Sie fühlt sich um den Preis des Sieges gebracht und bei der Verteilung von Posten und Macht benachteiligt. SA-Chef Ernst Röhm, einer der wenigen alten Kampfgefährten, den Hitler duzt, verlangt für seine Truppe einen der Reichswehr vergleichbaren militärischen Status. Die Armeeführung ist empört. Der Reichskanzler zögert lange. Im Sommer 1934 spitzt sich die Situation zu. In der SA rumort es immer stärker und die Generalität fordert von Hitler eine Entscheidung: Reichswehr oder SA. Der Führer holt zu einem mörderischen Schlag aus: Am 30. Juni 1934 lässt er nahezu die gesamte SA-Führung verhaften und hinrichten. Auch Röhm wird erschossen. Hitler nutzt die |238| Gelegenheit, um gleich auch mit einigen Gegnern aus der Vergangenheit abzurechnen. So werden der ehemalige Reichskanzler Kurt von Schleicher und seine Frau in ihrer Wohnung ermordet. Bis zum 2. Juli werden 85 SA-Angehörige und Vertreter des konservativen Lagers umgebracht.
Die Niederschlagung des »Röhm-Putsches«, der nie einer gewesen ist, sondern von Hitler im Nachhinein als ein solcher bezeichnet wird, stößt in der Öffentlichkeit auf Beifall. Endlich, so die allgemeine Meinung, haben die Randalierer und Schläger der SA die längst überfällige Quittung bekommen. Um die Mordkampagne zu decken, wird am 3. Juli ein Gesetz erlassen, das nur einen einzigen Satz enthält: »Die zur Niederschlagung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni, 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens.« Hitler hat den Machtkampf innerhalb seiner »Bewegung« für sich entschieden. Die Armee dankt dem Urheber des Staatsterrors. Seit dem August 1934 gilt das Treuegelöbnis der Offiziere und Soldaten nicht mehr der Verfassung oder dem Vaterland, sondern dem Führer.
Durchgeführt hat die Aktion die unter dem Befehl von Heinrich Himmler stehende SS. Damit beginnt der Aufstieg der schwarzuniformierten Totenkopfverbände zur mächtigsten Terrororganisation des Dritten Reiches. Sie ist das ausführende Organ für Hitlers Mordbefehle und der Reichsführer-SS Himmler gehört zu den furchtbaren Vollstreckern des Nazi-Regimes. Der SS untersteht die Organisation und Bewachung der
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