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Die Geschichte der Deutschen

Die Geschichte der Deutschen

Titel: Die Geschichte der Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Sternburg
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als eine Geschichtsepoche von vielen einordnen.
    Wir haben die Geschichte des Dritten Reiches und seiner Verbrechen in den letzten Jahrzehnten intensiv aufzuarbeiten versucht. Das war für uns, aber auch für die Erinnerung an die Millionen Opfer wichtig. Was wir dabei über uns selbst erfahren mussten, ist schrecklich.

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|254| Aus BRD und DDR wird Deutschland
    Deutschland ist zerstört. Seit Mai 1942 haben die amerikanische und die britische Luftwaffe nahezu alle Großstädte in Schutt und Asche gelegt. Nach Schätzungen sind bei den Luftangriffen 609 000 Zivilisten gestorben, 917 000 wurden verletzt. Beim Bombardement auf Hamburg vom 24. bis zum 30. Juli 1942 kamen 30 428 Menschen ums Leben. Bei der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 waren es 60 000 Menschen. Wer aus den Luftschutzkellern wieder ans Tageslicht kroch, den erwartete ein Bild des Grauens. Der Bombenkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung gehört aus deutscher Sicht bis heute zu den umstrittensten Punkten der alliierten Kriegsführung. Aber es waren nicht die Engländer, Amerikaner, Russen und Franzosen, sondern die Deutschen, die mit ihren schweren Bombenangriffen auf Warschau, Rotterdam, London und Coventry diese Form des Luftkrieges begonnen haben. Das Hitler-Reich hinterlässt eine Ruinenlandschaft. Auf Deutschland liegen 400 Millionen Kubikmeter Schutt. 7 Millionen Deutsche – und 48 Millionen Nichtdeutsche – sind Opfer des Krieges geworden. Die Überlebenden hausen in Kellern oder fassadenlosen Häusern und sind Wind und Wetter schutzlos ausgesetzt. Die Tagesrationen der Menschen erreichen im Schnitt zwischen 900 und 1 500 Kalorien. Zum Vergleich: Das Existenzminimum liegt bei 2 500 Kalorien. Wer überleben will, muss sein Glück auf dem Schwarzmarkt suchen. Schmuck, Möbel, Haushaltsgegenstände, Kleidung – es gibt nichts, was nicht getauscht und gehandelt wird. Wer Zigaretten besitzt, ist reich. Junge »Fräuleins«, die einen Besatzungssoldaten ergattern können, werden zu Retterinnen ihrer Familien. Das »Fraternisierungsverbot«, das für die englischen und amerikanischen Armeeangehörigen gilt und ihnen Kontakte mit den Deutschen untersagt, steht bald nur noch auf dem Papier. Im Winter fehlt das Heizmaterial. Tausende erfrieren, als Anfang 1947 eine Kältewelle über das Land hereinbricht.
    Bei Kriegsende befinden sich etwa 20 bis 25 Millionen Menschen weit weg |255| von zu Hause. Zwei von fünf Deutschen sind unterwegs. Deutschland erlebt eine Wanderungswelle von nie da gewesener Größe. Aus Ostpreußen, Pommern, Schlesien und dem Sudetenland strömen Millionen Flüchtlinge zu Fuß, auf verbeulten Fahrrädern, mit Handkarren oder mit dem letzten verbliebenen Pferdefuhrwerk in den Westen. Wer Glück hat, erkämpft sich einen Platz in den überfüllten Zügen, in denen die Menschentrauben noch auf den Trittbrettern hängen. Flüchtlingsschiffe, die sich über das Haff in Richtung Westen durchzuschlagen versuchen, werden von feindlichen Kräften angegriffen. Am 30. Januar 1945 treffen das ehemalige Passagierschiff »Wilhelm Gustloff« die Torpedos eines russischen U-Bootes. 9000 Menschen ertrinken in der eiskalten Ostsee. 700 000 Überlebende aus den Konzentrationslagern, insgesamt 8 bis10 Millionen so genannte »Displaced Persons«, die nach Deutschland verschleppt worden sind, ziehen durch das Land. Es sind vor allem ehemalige Zwangsarbeiter. Bis Herbst 1945 kehrt erst die Hälfte in die Heimat zurück. Schon bald verlassen auch immer mehr Menschen die sowjetische Zone in Richtung Westen. Im April 1947 sind es bereits 900 000. Der Menschenstrom verschärft die Ernährungslage und die Wohnungsnot. Flüchtlinge werden zwangseinquartiert. In manch einem Einfamilienhaus leben plötzlich mehrere Familien nebeneinander, die sich in jeweils ein oder zwei Zimmern notdürftig einrichten, sich Küche und Badezimmer ebenso wie die kümmerlichen Vorräte an Holz und Kohle teilen müssen. In der drangvollen Enge wachsen die Aggressionen der Einheimischen gegen die Zuwanderer. Arbeit gibt es kaum. In zahlreichen Familien fehlt der Vater, Ehemann oder Sohn. Die Zahl der Waisen liegt weit über 100 000.
    Die Industrie hat durch den Bombenkrieg stark gelitten. Überraschenderweise allerdings nicht in einem solchen Ausmaß, wie die zerstörten Städte es zunächst vermuten lassen. Aber die Siegermächte befehlen die Demontage von einzelnen Maschinen und ganzen Fabrikanlagen. Diese werden mitsamt der Rohstoffe nach

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