Die Geschichte der Deutschen
könnten sich bei einem Kampfe auf die Seite stellen, die sie für die gerechtfertigte halten ... Ebenso unrichtig finde ich es, wenn ein Deutscher oder Franzose sein Volk stur verteidigt, nur weil es sein Volk ist.«
Großen Einfluss auf die Geschwister Scholl und ihren Kreis hat der Psychologieprofessor Kurt Huber. Zwischen Juli 1942 und dem 18. Februar 1943 legt die Gruppe heimlich insgesamt sechs »Flugblätter der Weißen Rose« in den Universitätsräumen aus. Sie rufen darin ihre Kommilitonen zum »passiven Widerstand« auf. Im ersten Flugblatt heißt es: »Ist es nicht so, dass sich jeder ehrliche Deutsche heute seiner Regierung schämt, und wer von uns ahnt das Ausmaß der Schmach, die über uns und unsere Kinder kommen wird, wenn einst der Schleier von unseren Augen gefallen ist und die grauenvollsten und jegliches Maß unendlich überschreitenden Verbrechen ans Tageslicht treten?« Im letzten Flugblatt, das Hans und Sophie Scholl am 18. Februar in mehreren hundert Exemplaren in den Lichthof der Universität werfen, fordern sie nun vor allem auch mit Blick auf die unmenschliche Kriegsführung in Stalingrad die Befreiung von der Diktatur: »Es gärt im deutschen Volk: Wollen wir weiter einem Dilettanten das Schicksal unserer Armeen anvertrauen? Wollen wir den niedrigsten Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest unserer deutschen Jugend opfern? Nimmermehr! Der Tag der Abrechnung ist gekommen, der Abrechnung der deutschen Jugend mit der verabscheuungswürdigsten Tyrannis, die unser Volk je geduldet hat.« Von einem Haumeister beobachtet und denunziert, werden sie noch am gleichen Tag verhaftet. Alle Mitglieder der »Weißen Rose«, insgesamt |251| sind es 16, werden vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet. Hans Scholl ist 25 und seine Schwester Sophie 21 Jahre alt, als ein Nazi-Richter ihr Todesurteil fällt.
Claus Graf Schenk von Stauffenberg: Der schwäbische Adlige wird 1907 geboren und tritt 1926 in die Reichswehr ein. Zunächst befürwortet er die Entwicklungen im Dritten Reich und nimmt am Polenfeldzug teil. Nach dem Sieg über Frankreich bezeichnet er Hitler sogar als den »größten Feldherrn aller Zeiten«. Dann aber ändert er seine Meinung. Die Nachrichten über die Vernichtungslager im Osten haben seine Entscheidung mitbeeinflusst, ebenso wie sein Bruder und enger Vertrauter Berthold. 1943 wird er als Stabschef einer Panzerdivision schwer verwundet und verliert ein Auge, die rechte Hand sowie zwei Finger der linken Hand. Im Sommer desselben Jahres tritt er mit oppositionellen Kräften in der Armee in Verbindung. Am 1. Juli 1944 wird er Oberst und Stabschef des Befehlshabers des Ersatzheeres. Damit hat er Zutritt zu den Besprechungen bei Hitler im Führerhauptquartier.
Stauffenberg und seine Mitverschwörer beschließen, Hitler bei einer der Konferenzen durch einen Sprengstoffanschlag zu töten. Am 20. Juli 1944 fliegt Stauffenberg von Berlin aus in das ostpreußische Rastenburg, wo sich das Führerhauptquartier befindet. In seiner Aktentasche hat er eine Bombe. Bevor er den Besprechungsraum betritt, schärft er einen der beiden Zünder und stellt dann die Tasche unter den großen Konferenztisch. Die Bombe explodiert um 12.45 Uhr, kurz nachdem Stauffenberg den Raum wieder verlassen hat. Durch den Schutz des schweren Holztisches wird Hitler nur leicht verletzt
Stauffenberg fliegt nach Berlin zurück und dort wird erst jetzt, im Glauben, dass Hitler tot sei, die Operation »Walküre« ausgelöst. Ziel der Verschwörer ist es, nach dem Attentat eine neue Regierung unter dem ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler auszurufen, die den Westmächten Friedensverhandlungen vorschlagen soll. Wenige Stunden später spricht Hitler im Radio. Der Aufstand ist gescheitert. Stauffenberg wird sofort im Hof des Bendlerblocks standrechtlich erschossen. In den kommenden Wochen verhaftet die Gestapo im Zusammenhang mit dem Attentat 7 000 Menschen. Vor dem Volksgerichtshof findet eine Reihe von Schauprozessen statt, zu denen junge Frontoffiziere als Zuhörer hinbefohlen werden. Die zum Tode Verurteilten werden auf ausdrückliche Anweisung Hitlers an Fleischerhaken erhängt. Der Führer lässt die Hinrichtungen filmen und sich vorführen. Viele der Attentäter und Mitwisser des 20. Juli haben erst im Verlauf des Krieges erkannt, welchem Regime sie dienen. Erst als deutlich wurde, dass der Krieg verloren ging, entschlossen |252| sie sich zur Tat. Ihre Zukunftspläne waren
Weitere Kostenlose Bücher