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Die Geschichte der Deutschen

Die Geschichte der Deutschen

Titel: Die Geschichte der Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Sternburg
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Sowjetunion den Zugriff auf das wirtschaftlich wichtige Ruhrgebiet zu erhalten. Amerika hat die Erfahrungen der zwanziger Jahre nicht vergessen, als der undiplomatische Frieden von Versailles und eine Wirtschaftskrise die positive Entwicklung in Deutschland vereitelten. Hinzu kommt, dass man zwar gemeinsam gegen Hitler zu Felde zog, sich hinter den Kulissen aber nicht einig ist und in Bezug auf die Weltordnung nach dem Krieg durchaus andere Vorstellungen hegt. In Washington bildet sich daher ab 1946 der Gedanke heraus, dass ein wirtschaftlich starkes und mit den USA verbündetes Deutschland ein Bollwerk gegenüber den unkalkulierbaren Ansprüchen der Sowjetunion sein kann.
    |261| Das ist der allerfrüheste Anfang des »Kalten Krieges«, der die Politik der Weltmächte in den kommenden vier Jahrzehnten bestimmt. Der Streit um Berlin, der 1948 mit der Blockade der Stadt durch die Sowjets seinen ersten Höhepunkt erreicht, und die Eroberung Chinas 1949 durch die kommunistischen Truppen Mao Tse Tungs führen dann zum völligen Bruch der einstigen Kriegspartner. Die sowjetische Besatzungszone verschwindet hinter dem »Eisernen Vorhang«, der Ost- und Westeuropa für über vierzig Jahre teilen wird. Die Zonen im Westen profitieren davon.
    Die Deutschen haben sich den Anweisungen und Befehlen der Besatzungsmächte zu fügen. In den Städten und Gemeinden werden Oberbürgermeister, Bürgermeister und Stadträte eingesetzt, die den Mangel verwalten. Nahrungsmittel und Wohnraum für die hereinströmenden Flüchtlinge müssen geschaffen werden. Die Not wird durch die von den Besatzern organisierte Schulspeisung oder die aus Amerika kommenden Care-Pakete gelindert, aber nicht aufgehoben. In den Großstädten beginnen die Aufräumarbeiten, Trümmerberge werden beseitigt. Die Besatzer verpflichten die deutschen Einwohner zu dieser Arbeit. Es schlägt die Stunde der Trümmerfrauen, die in langen Reihen auf den gewaltigen Schutthalden stehen und die ersten Schritte zum Wiederaufbau unternehmen. Die Strom- und Energieversorgung bleibt ein kaum zu lösendes Problem.
    Die Ämter werden wieder arbeitsfähig gemacht, die Polizei wird aufgebaut, um die Sicherheit zu gewährleisten. Schulen und Universitäten öffnen wieder ihre Türen. Auch die ersten Zeitungen erscheinen. Die Besatzungsbehörden vergeben die Presse-Lizenzen an Männer, die nicht in das NS-Regime verwickelt waren. Das von den Engländern organisierte Radio Hamburg nimmt den Betrieb auf. Begierig stürzen sich die deutschen Leser und Hörer auf die nicht mehr von den Nazis manipulierten Nachrichten. Glenn Millers unverwechselbares Swing-Orchester und die Großen des amerikanischen Jazz, Louis Armstrong oder Cole Porter, finden nach all den Jahren, in denen Hitler die »Niggermusik« verboten hatte, ein großes, vor allem jugendliches Publikum.
    Bald werden die ersten Filme produziert, die sich kritisch mit dem Dritten Reich auseinander setzen: Wolfgang Staudte dreht schon 1946 den Spielfilm Die Mörder sind unter uns, der von den NS-Verbrechen an der Ostfront erzählt. In Hamburg wird im November 1947 das erschütternde Heimkehrerdrama Draußen vor der Tür von Wolfgang Borchert uraufgeführt, das die Sinnlosigkeit des Krieges offen legt. Die amerikanischen und französischen Stücke von Thornton Wilder, Jean Paul Sartre oder Jean Anouilh – sie setzen sich höchst aktuell mit dem Überleben in Schreckenszeiten, mit dem Konflikt zwischen Individuum |262| und Staat auseinander – werden an den noch unter sehr provisorischen Bedingungen arbeitenden Theatern gespielt. Die Deutschen entdecken eine intellektuelle Welt, die ihnen lange verschlossen geblieben ist.
    Aber die Propaganda der Nationalsozialisten wirkt noch lange nach. An die Verbrechen der Wehrmacht oder den organisierten Mord an den Juden wollen viele nicht glauben. Ende der vierziger Jahre zeigen Umfragen, dass eine Mehrheit der Deutschen die Politik des Nationalsozialismus bis zum Kriegsausbruch nach wie vor gut heißt. Die Zeit ist ausgefüllt mit dem Kampf ums Überleben. Die meisten Deutschen sind mit sich selbst beschäftigt. Nie wieder Krieg, aber auch nie wieder Politik – so empfinden es wohl die meisten. In den Hörsälen sitzen Studenten, die im Krieg gekämpft haben. Aus den einst fanatisierten Hitlerjungen ist eine desillusionierte, skeptische Generation geworden. Sie will nach den Schrecken und Enttäuschungen, die hinter ihr liegen, nichts mehr hören von Staat und Nation, sondern zieht sich

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