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Die Geschichte der Deutschen

Die Geschichte der Deutschen

Titel: Die Geschichte der Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Sternburg
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Auditorium Maximum der Universitäten oder bei den Straßendemonstrationen, seine Diskussionen mit Hochschullehrern oder Journalisten werden |281| zum Ereignis. Seine brillante Rhetorik und hohe Intelligenz machen ihn zu einem glänzenden und mitreißenden Redner. Dutschke argumentiert marxistisch. Der Vietnamkrieg und das Elend in den ehemaligen Kolonialstaaten in Afrika und Asien sowie die Menschenrechtslage in den südamerikanischen Diktaturen haben ihn zu einem scharfen Kapitalismuskritiker werden lassen. Von »Macht kaputt, was euch kaputt macht« bis zum »Marsch durch die Institutionen« – die spöttischen Kampfparolen der Zeit werden nicht von Dutschke erfunden, aber kaum ein anderer weiß sie so prägnant vorzutragen.
    Geboren in der DDR als Sohn eines Postbeamten geht er 1960 nach Westberlin, weil er wegen der Wehrdienstverweigerung im Osten nicht zum Studium zugelassen wird. Schon bald schließt er sich dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) an und wird 1966 sein führender theoretische Vertreter. Die Boulevardpresse, allen voran die Bild-Zeitung, hetzt gegen die Studentenbewegung. Aus dem bekanntesten unter den Studentenführern macht sie mit Schlagzeilen wie »Stoppt Rudi Dutschke« einen »Volksfeind«. Ostern 1968 wird er auf der Straße von einem 23-jährigen Hilfsarbeiter mit drei Schüssen in den Kopf lebensgefährlich verletzt. Nach seiner Genesung lebt Dutschke mit Frau und Kind in England und Dänemark. Es verbindet ihn eine späte Freundschaft mit dem Philosophen Ernst Bloch, öffentlich aber tritt er kaum noch auf. 1980 stirbt er an den Spätfolgen der Attentatsverletzung.
    In der Bundesrepublik wird sich aus der Studentenbewegung ein radikaler Flügel entwickeln, der schließlich zur Gewalt greift. Er stilisiert sich zu einer »Stadtguerilla« und verkündet in seinen gedanklich kaum noch nachvollziehbaren Flugblättern eine gesellschaftliche Revolution. Die Geschichte der Rote-Armee-Fraktion (RAF) beginnt am 3. April 1968 mit einem Kaufhausbrand in Frankfurt. Die Brandstifter kündigen an, »viele kleine Vietnams« zu schaffen. Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin werden zum Bürgerschreck und bald zu Mördern. Sprengstoffanschläge, Entführungen und Morde stehen auf der langen Liste ihrer »Nachfolger«. Führende Repräsentanten der bundesrepublikanischen Gesellschaft werden wie der Generalbundesanwalt Siegfried Buback oder die Bankiers Jürgen Ponto und Alfred Herrhausen auf offener Straße umgebracht. Die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer erschüttert die Republik. Die Polizei, die den »Gefangenen der RAF« befreien will, erweist sich als machtlos. Im Oktober 1977 wird Schleyer tot aufgefunden. Ein weiterer Tiefpunkt ist etwa zeitgleich die Entführung eines |282| deutschen Flugzeugs nach Mogadischu, mit der die Freilassung der inzwischen inhaftierten RAF-Mitglieder erpresst werden soll. Eine bundesdeutsche Spezialeinheit überwältigt die Kidnapper und im Gefängnis Stammheim begehen Baader, Ensslin und Meinhof Selbstmord.
    Bonn reagiert mit verschärften Sicherheitsgesetzen und strengen Urteilen. Wie herausgefordert sich die Politik fühlt, zeigt der so genannte Radikalen-Erlass von 1972, nach dem jeder Bewerber für den öffentlichen Dienst seine »Verfassungstreue« nachweisen muss. Rund 3 Millionen Bewerber werden überprüft und etwa 10 000 wegen politischer Bedenken abgelehnt. Der Radikalen-Erlass entwickelt sich eher zu einer ideologischen Hexenjagd auf vermeintliche Kommunisten als zu einer selbstbewussten Abwehr gegen demokratiefeindliche Kräfte. Wer einmal einen Aufruf für eine linksorientierte Gruppierung unterschrieben hat, muss unter Umständen mit Berufsverbot rechnen.
    Die Achtundsechziger haben die westdeutsche Gesellschaft verändert. Toleranz und Liberalität haben in den Jahrzehnten danach einen neuen Stellenwert erhalten. In den Schulen und Universitäten überwinden reformierte Lehrpläne und junge Pädagogen den »Muff« des 19. Jahrhunderts. Es gibt viele laute und überhebliche Selbstdarstellungsversuche von den Protagonisten dieser Bewegung. Ihre marxistischen Verirrungen finden weder bei den Arbeitern noch bei den Intellektuellen ein nennenswertes Echo. Aber es hat eine Kulturrevolution stattgefunden. Und auch den von Dutschke geforderten »Marsch durch die Institutionen« haben manche erfolgreich absolviert. Einige wie Joschka Fischer oder Gerhard Schröder sind sogar bis ins Außenministerium oder ins

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