Die Geschichte der Deutschen
In der Regierungszeit Heinrich IV. ruft Papst Urban II. dann auch auf der Synode von Clermont zur Befreiung des heiligen Grabes in Jerusalem auf. Daraus entsteht mit dem Ruf »Gott will es!« eine Massenbewegung. Der Salier steht zu diesem Zeitpunkt unter Kirchenbann und beteiligt sich daher 1096 nicht am ersten Kreuzzug. Dabei sind vor allem normannische und französische Ritter. Das Heer von über 20 000 Mann führt der Herzog von Niederlothringen, Gottfried IV. von Bouillon.
In Goslar gründen die Salier den Mittelpunkt ihres Königtums. Auch sie treten immer wieder den Gang nach Italien an, wo die Herrscher die Kaiserkrone durch den Papst in Empfang nehmen. Überhaupt zieht die Macht der Kirche immer weitere Kreise – durch ganz Europa bis nach Jerusalem, das die Kreuzritter in Schutt und Asche legen.
Aber noch etwas ändert sich unter den ersten Saliern. Die Nachbarn im Süden und im Westen beginnen nun ganz selbstverständlich vom Regnum Teutonicum, also vom deutschen Reich, zu sprechen. Sie meinen damit das nördlich der Alpen gelegene Land, zu dem politisch auch Italien und Burgund gehören. Ihre Bewohner nennen sie Teutonici.
Hildegard von Bingen (1098–1179)
In den Regierungsjahren des letzten Salierkönigs Heinrich V. wird eine der wenigen Frauen des Mittelalters geboren, deren Leben und Wirken nicht vergessen worden ist: Hildegard von Bingen. Jenseits der Machtpolitik plädiert sie für ein Gott zugewandtes, klösterliches Leben nach strengen Regeln und ohne weltliche |46| Genüsse. Als Tochter eines Grafen kommt sie in Bermersheim, Kreis Alzey, zur Welt. Mit acht Jahren wird sie in das in der Nähe von Bingen gelegene Kloster Disibodenberg geschickt. Hier hat die Nonne Jutta von Sponheim eine Frauenklause für Mädchen eingerichtet und das Kind kommt in die Obhut der von ihr bewunderten und verehrten Mentorin. Mit 16 entscheidet sich Hildegard, nach den Regeln des Benediktinerordens zu leben und wird Nonne. Nach dem Tod ihrer Lehrerin tritt sie im Alter von 38 Jahren deren Nachfolge an und steigt zur Äbtissin auf. 1147 gründet Hildegard in der Nachbarschaft das Kloster Rupertsberg. Wenig später wird das Kloster Eibingen von ihren Nonnen übernommen.
Als Äbtissin unterhält sie eine ungewöhnlich umfangreiche Korrespondenz mit Papst und Bischöfen, Kaiser und Fürsten, Äbten und Nonnen. Ihr Rat und ihr Zuspruch ist begehrt, eine Fülle von Anfragen aus vielen Ländern Europas erreicht sie. Etwa 300 Briefe Hildegards sind erhalten geblieben. Sie ermahnt ihre Briefpartner, ein gottgefälliges Leben zu führen, übt Kritik am Ordensleben, das vielerorts nur noch wenig mit Keuschheits- und Armutsgelübden zu tun hat, und fordert die weltlichen und geistlichen Herren zur inneren Umkehr auf. Wie damals üblich unternimmt Hildegard mehrere Predigerreisen, die sie in deutsche, französische oder italienische Klöster führen. In ihren Werken schreibt sie über die Schöpfung, die Folgen des Sündenfalls oder die Erlösung durch Christus. Sie veröffentlicht Singspiele und Lieder und macht sich mit ihren medizinisch-heilkundlichen Büchern einen großen Namen.
Hildegard von Bingen wird in der katholischen Kirche als Heilige verehrt. In einer Zeit, in der es in den Klöstern häufig sehr weltlich zugeht und die Kritik am Machtanspruch der Kirche wächst, ist sie ein Vorbild für ein gläubiges und dienendes Nonnenleben. Für ihre Kirche ist sie bis heute Prophetin, Predigerin und Künstlerin. Sie ist die erste deutsche Mystikerin, von der wir wissen. Sie verkörpert bewundernswert diese religiöse Glaubensrichtung, deren Anhänger versuchen, durch innere Hingabe und Versenkung zu einer persönlichen Vereinigung mit Gott zu kommen.
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Alle Macht den Päpsten?
Die Kreuzzüge, zu denen die römischen Päpste die Christenheit im 11. und 12. Jahrhundert insgesamt sieben Mal aufrufen, tragen Feuer und Schwert bis in das |47| Heilige Land. Ein wilder Mob aus aller Herren Länder sammelt sich unter der Führung von Kaisern, Königen und Ritterschaft, um Jerusalem von der »heidnischen« Herrschaft der Muslime zu befreien. Die besetzen 1070 die Stadt, die Pilgerreisen zu den heiligen Stätten scheinen damit unmöglich, der Kaiser in Byzanz fühlt sich bedroht und sendet einen Hilferuf aus. Das ist das Signal zum Aufbruch für die christlichen Kämpfer. Armut, Abenteuerlust und religiöser Fanatismus treibt sie vorwärts. Ein Brennen und Morden begleitet die im Namen des Christentums
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