Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.
Meeres zu verkriechen, gefangen zwischen Morgoth und Osse. Besser ist es da, sich für eine Zeitlang Ruhm zu erwerben, sei sie auch von kurzer Dauer; das Ende wird dadurch nicht schlimmer werden. Du sprichst von Heimlichkeit und sagst, darin liege die einzige Hoffnung; doch selbst wenn ihr jeden, auch den letzten und geringsten Kundschafter und Spion Morgoths überfallen und abfangen könntet, sodass niemals einer mit Nachrichten nach Angband zurückkehrte, würde er dadurch doch erfahren, dass ihr lebt, und sich ausrechnen können, wo. Und auch dies sage ich euch: Auch wenn sterbliche Menschen, mit dem Maßstab der Elben gemessen, nur ein kurzes Leben haben, würden sie es doch lieber in der Schlacht verlieren, als zu fliehen oder sich zu unterwerfen. Der Widerstand Húrin Thalions ist eine große Tat, und selbst wenn Morgoth den tötet, der sie vollbrachte, kann er die Tat selbst nicht ungeschehen machen. Sogar die Herren des Westens werden ihr Hochachtung zollen; und ist sie nicht eingeschrieben in Ardas Geschichte, die weder Morgoth noch Manwe ungeschrieben machen können?«
»Du sprichst von hohen Dingen«, entgegnete Gwindor, »und es ist offenkundig, dass du unter den Eldar gelebt hast. Und doch liegt ein Dunkel über dir, wenn du Morgoth und Manwe in einem Atemzug nennst und von den Valar als den Feinden der Elben und Menschen sprichst. Die Valar achten niemanden gering, am wenigsten von allen die Kinder Ilúvatars. Auch kennst du nicht alle Hoffnungen der Eldar. Es gibt bei uns eine Prophezeiung, dass eines Tages ein Bote von Mittelerde durch die Schatten nach Valinor gelangen wird, und Manwe wird ihn erhören und Mandos sich erbarmen. Sollten wir uns nicht nach Kräften bemühen, die Nachkommen der Noldor für diese Zeit zu erhalten und die der Edain ebenso? Und Círdan wohnt jetzt im Süden, und Schiffe werden dort gebaut; doch was weißt du von Schiffen oder vom Meer? Du denkst an dich selbst und an deinen eigenen Ruhm und verlangst, dass jeder von uns genauso handelt. Aber wir müssen an andere denken, nicht nur an uns selbst. Nicht alle können im Kampf ihr Leben wagen, und diese müssen wir vor Krieg und Untergang bewahren, solange wir können.«
»Dann schickt sie zu euren Schiffen, solange noch Zeit ist«, sagte Túrin.
»Sie wollen sich nicht von uns trennen«, sagte Gwindor; »auch könnte Círdan sie nicht ernähren. Solange wir können, müssen wir gemeinsam ausharren, statt den Tod herauszufordern.«
»Für all dies habe ich eine Antwort«, erwiderte Túrin. »Tapfere Verteidigung der Grenzen und harte Schläge, ehe der Feind sich sammelt: Das bietet die beste Gewähr, dass ihr lange zusammenbleiben könnt. Und lieben die, von denen du sprichst, etwa Herumdrücker in den Wäldern, die wie Wölfe versprengte Schafe jagen, mehr als den, der sich mit seinem Helm und Wappenschild rüstet und die Feinde vertreibt, seien sie auch weit zahlreicher als sein ganzes Heer? Für die Frauen der Edain gilt das jedenfalls nicht. Sie hielten ihre Männer nicht von der Nirnaeth Arnoediad zurück!«
»Aber sie hätten weniger Kummer gelitten, wenn diese Schlacht nie geschlagen worden wäre«, sagte Gwindor.
In der Zeit darauf stieg Túrin in der Gunst Orodreths immer höher und wurde dessen erster Ratgeber, und der König folgte in allen Dingen seinem Rat. In jenen Tagen hörten die Elben von Nargothrond mit ihrem heimlichen Vorgehen auf und führten offen Krieg, und große Waffenlager wurden angelegt. Auf Túrins Anraten hin bauten die Noldor vor den Toren Felagunds eine große Brücke über den Narog, um mit den Waffen schneller hinübergelangen zu können; denn der Krieg spielte sich nun hauptsächlich in der Bewachten Ebene östlich des Narog ab. Als seine nördlichen Grenzgebiete hielt Nargothrond nun das »Umstrittene Land« umdie Quellen des Ginglith und Narog und die Ränder der Wälder von Núath. Zwischen Nenning und Narog kam kein Ork, und östlich des Narog ging das Reich bis zum Teiglin und zum Rand der Moore der Nibin-noeg.
Gwindor fiel in Ungnade, denn er war nicht mehr einer der ersten im Kampf, und er war nie wieder richtig zu Kräften gekommen. Oft schmerzte ihn sein verstümmelter linker Arm. Túrin aber war jung und kam jetzt gerade ins volle Mannesalter. Und wahrhaftig war er vom Aussehen her der Sohn Morwen Eledhwens, dunkelhaarig und hellhäutig, mit grauen Augen, und sein Gesicht war schöner als jedes andere unter den sterblichen Menschen der Ältesten Tage. Seine Rede und sein
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