Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Titel: Die Geschichte eines schoenen Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Simon

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und das wäre ihm vielleicht auch gelungen, wenn Blue nicht etwas geschrien hätte. Homan konnte nur raten, was, aber Blues Miene verriet,dass es eine Beschimpfung war. Vielleicht »Schweinebacken«.
    Wayne bremste ab, und ehe Homan sich versah, schnappten sich seine Kumpel Baseballschläger vom Rücksitz, stiegen aus und droschen mit den Schlägern auf das Auto ein, das die McClintocks gerade reparierten. Blue war so aufgebracht, dass er Wayne mit einem Bodycheck zu Boden brachte. Die McClintocks lachten. Das wird ihm eine Lehre sein , gestikulierten sie. Wayne funkelte Blue an, als er aufstand, den Schläger über die Schulter legte und sich den Staub aus den Kleidern klopfte. Er drehte sich um, wollte verschwinden, den Blick fest auf seinen Wagen gerichtet, doch kurz bevor er ihn erreichte, drehte er sich direkt vor dem Maulesel noch einmal um, schwang den Baseballschläger und zertrümmerte Ethels Kopf. Mit einem Schrei rannte Blue dem davonfahrenden Auto hinterher, aber es war zu schnell. In dieser Nacht weinte Blue in seinem Bett. Homan zitterte vor Zorn.
    Er würde nie vergessen, dass das Geißblatt in voller Blüte stand, als er und Blue am nächsten Morgen zum Haus der Sullivans gingen. Sie hatten sich weder einen Plan zurechtgelegt noch Waffen mitgenommen.
    Das glänzende neue Auto stand vor Waynes Haus.
    Homan sprintete, von Wut getrieben, zu dem Wagen, riss die Fahrertür auf und setzte sich ans Steuer.
    Blue sah ihn fragend durch die Windschutzscheibe an.
    Homan grinste, als wollte er sagen: Du wirst schon sehen. Blue deutete auf die Motorhaube. Aber Homan ließ sich nicht beirren und tat, was ihm die McClintocks beigebracht hatten. Das Auto rollte an. Er drückte den Fuß auf das Pedal, nahm an Fahrt auf und sprang heraus. Der führerlose Wagen raste vom Bordstein über den Rasen und prallte unter dem Wohnzimmerfenster gegen die Hausmauer.
    Er fühlte, wie der Boden bebte. Blues Augen wurden groß – erst vor Freude, dann vor Entsetzen. Die Haustür flog auf, Miss Vilma stürzte in einem Morgenmantel heraus, gefolgt von Wayne.
    Blue vollzog die einzige Geste, die er kannte. Lauf .
    Homan rannte außer Sichtweite, Blue blieb dicht hinter ihm. Er rannte bis zum Ende des Blocks. Blue konnte plötzlich nicht mehr mit ihm Schritt halten. Homan beschwor ihn im Geiste: Lauf schneller, schneller – so schnell wie ich!
    Er wirbelte herum, um sicherzugehen, dass Blue noch da war.
    Blue lag drei Häuser weit weg reglos auf der Erde. Ein rotes Loch in der Brust. Wayne war nirgendwo zu sehen. Es war Mr. Landis, der neben Blue stand. Offenbar hatte er die Nacht bei Miss Velma verbracht und sein Gewehr bei sich gehabt. Jetzt nahm er den Lauf von Blues Brust, schaute zum Ende der Straße und direkt in Homans Augen. Dann hob er die Waffe an …
    Homan lief los.
    Er brachte den nächsten Block hinter sich, sprang über Zäune von Hof zu Hof, lief durch Wälder, watete durch einen See, rannte über eine Tabakfarm und durchquerte Bäche. Blue war tot. Sie würden hinter Homan her sein. Mama würde ihren Job verlieren und konnte ihn nie wieder bei sich aufnehmen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als immer weiter zu laufen.
    Er rannte Tage und Nächte. Er kam durch Städte und Staaten, deren Namen er nicht kannte. Er lief im strömenden Regen, in der Hitze und bei Schnee. Er lief noch lange, nachdem er diesem Lebensabschnitt einen Namen gegeben hatte. Die Flucht . Er lief und lief, bis sie ihn in Well’s Bottom schnappten, in einem Ort, in dem niemand glaubte, dass Hände sprechen konnten.Er wachte auf, als der Wagen hielt. Es war Nacht, aber Homan hatte keine Uhr und wusste nicht, wie spät es war. Er versuchte, den Kopf so zu drehen, dass er die Sterne sehen konnte, doch der Himmel war bewölkt. Die Hintertür ging auf, und Pudding bedeutete ihm mit dem Daumen, dass er aussteigen sollte.
    Sein Bein tat immer noch weh, aber er konnte stehen. Es war kalt geworden, und er legte sich den Schlafsack um die Schultern. Ziegelbauten standen dicht an dicht und säumten die baumlose Straße. Die Gitter vor den Schaufenstern und Türen der Geschäfte waren heruntergelassen. Eine Brücke für Züge überspannte ein paar Blocks entfernt eine Straße. Er befand sich in einer Stadt, das begriff er. Aber wieso hatten sie hier haltgemacht? Und weshalb hockte die Getupfte auf der Motorhaube und spielte mit ihren Haarsträhnen, während Pudding etwas aus dem Kofferraum holte? Einen weiteren Pelzmantel. Aus Kaninchenfell. Homan erinnerte