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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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Kinder waren zutiefst unglücklich. Manchmal »malte« Blade dem Onkel »einen Brief«, in dem er versuchte, ihm mit Bildern statt mit Worten etwas mitzuteilen. Die Briefe legte er vor die Tür des Schuppens. Am nächsten Morgen waren sie zwar verschwunden, doch Toy verlor über sie kein Wort.
    Swan schlich häufig um den Schuppen herum und versuchte mehrmals durch die Wände mit Toy zu reden, doch Willadee nahm sie zur Seite und riet ihr, ihn in Ruhe zu lassen. Er arbeite schließlich die ganze Nacht und dürfe nicht geweckt werden.
    »Er braucht noch eine Weile«, erklärte sie den Kindern, wenn sie sie mal wieder mit der Frage quälten, warum der Mann, den sie so gern hatten, sich so verändert hatte.
    »Aber er mag uns überhaupt nicht mehr!«, jammerte Swan.
    »Doch, natürlich tut er das«, sagte Willadee. »Er liebt euch mehr als alles andere. Und ihr solltet euch besser darauf vorbereiten, denn eines Tages wird er aus dem Schuppen kommen und euch zeigen, wie sehr er euch liebt.«

36
    Es wurde Februar, und Gott hatte Samuel noch immer nicht gezeigt, was er tun sollte. Also fragte er Calla, was sie davon halte, wenn er ein paar Kartoffeln anpflanzen würde.
    »Nun ja, ich denke, dass jeder Mann, der ein Stück Land zur Verfügung und am Valentinstag noch keine Kartoffeln gepflanzt hat, seine Aufgabe nicht erfüllt hat«, erklärte sie ihm. »An wie viele Kartoffeln dachtest du denn?«
    »Etwa einen Hektar«, sagte Samuel.
    Calla machte ein überraschtes Gesicht.
    »Aber das ist doch nichts Halbes und nichts Ganzes. Mehr, als eine Familie essen kann, aber zu wenig für eine ordentliche Ernte.«
    »Eigentlich wollte ich ja auch eher drei bis fünf Hektar anpflanzen«, sagte Samuel.
    Calla sah aus, als verstünde sie die Welt nicht mehr, also erklärte er ihr, er habe im Laufe der Jahre beobachtet, wie sie ihren Garten anlege, und er glaube, man könnte ihr System auch in größerem Maßstab anwenden.
    »Du bepflanzt nie ein großes Stück Land mit nur einer einzigen Sorte«, sagte er. »Du mischst alles bunt durcheinander und setzt ein paar Blumen dazwischen, wo man sie am wenigsten erwartet. Auf diese Weise hast du auf kleinem Raum im Vergleich zu anderen eine ziemlich hohe Ernte, weil es praktisch keine Schädlinge und Pflanzenkrankheiten gibt. Anscheinend ist das Ungeziefer so verwirrt von der Abwechslung in deinem Garten, dass es nicht mehr weiß, wo und was es fressen gehen soll.«
    »Genau das habe ich mir beim Pflanzen immer dabei gedacht«, sagte Calla, »aber du bist der Erste, dem das auffällt.«
    Samuel wusste, dass es viel Geld kosten würde, ernsthaft eine Landwirtschaft zu betreiben. Zuerst einmal brauchte man Geld für Saatgut – doch Calla bewahrte jedes Jahr mehr Saatgut auf, als sie in zehn Jahren säen konnte, also würde er dafür wohl nichts ausgeben müssen. Dann Geld für Düngemittel – doch Callas Hühner produzierten mehr Dung, als sie selbst jemals verbrauchen könnte. Außerdem lag im Kälberpferch jede Menge alter, verrotteter Kuhmist, und Lady lieferte jeden Tag neuen Dünger dazu, also würde auch dieser Kostenpunkt entfallen. Und Geld für Geräte – doch Samuel brauchte keine schicken Maschinen, die das Land schädigten. Nicht für das, was er vorhatte. Johns alter Traktor und ein paar Handgeräte würden genügen. In seiner Jugend hatte Samuel bei seinem Vater miterlebt, wie es ist, auf Landwirtschaftskredite angewiesen zu sein. Er selbst wollte diesen Weg nicht gehen. Denn sobald die Ernte eingebracht, verkauft und alles abbezahlt war, musste man bereits wieder einen neuen Kredit für das nächste Jahr aufnehmen. Samuel hingegen wollte die Erde mit getrocknetem Dung, Fischabfällen und Holzasche glücklich machen und abwarten, ob sie bei einer solchen Behandlung nicht eine Extraportion hergeben würde. Er glaubte, dass seine Theorie funktionieren könnte.
    »Fischabfälle sind aber nicht das Einzige, was du verwenden kannst«, sagte Calla. »Den ganzen Winter über grabe ich draußen alle möglichen Essensabfälle ein. Bis zum Frühjahr haben die Regenwürmer den Boden dann so gut bearbeitet, dass ich nur noch mit den Fingern Löcher hineinzudrücken und den Samen reinfallen zu lassen brauche. Warum willst du dich überhaupt mit drei bis fünf Hektar begnügen?«
    »Weil ich noch immer hoffe, dass Gott mir eine Gemeinde schenkt.«
    Calla nickte. Sie wollte nicht einmal daran denken, dass Gott Samuel eine Gemeinde schenken könnte, obwohl sie wusste, dass er sich das sehr

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