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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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wünschte. Denn hätte er eine neue Gemeinde, würde er fortgehen und Willadee und die Kinder mit ihm.
    »Ich möchte nicht, dass du plötzlich allein mit einer riesigen Fläche Land voller Gemüse dastehst, das irgendjemand unterpflügen müsste«, fuhr er fort. »Denn ich glaube, kein Farmer im County wäre bereit, sich um einen Haufen Ringelblumen zu kümmern.«
    »Um Ringelblumen braucht man sich nicht zu kümmern, Samuel. Die wachsen ganz von selbst.«
    »Umso besser«, sagte er.
    Also setzte Samuel Kartoffeln. Eine halbe Reihe hier, eine halbe Reihe da, und dazwischen pflanzte er Kohl und Stangenbohnen. Je wärmer es wurde, desto mehr unterschiedliche Gemüsesorten baute Samuel an. Grünes Gemüse, Kürbisse, Mais, Tomaten, Zwiebeln und Okras. Und Blumen, überall Blumen. Alles wurde mal auf größeren Flächen angepflanzt, mal auf kleineren, aber nie in geraden Linien, wie es normalerweise der Fall ist. Es gab Beete in ausgefallenen Formen, die sich vermischten und ineinanderliefen oder durch gewundene Pfade miteinander verbunden waren, dazwischen ab und zu ein kurzes Stück Zaun für Kletterpflanzen. Einen Teil des Landes pflügte Samuel nicht einmal, sondern bedeckte ihn einfach mit altem Heu, Eichenblättern und Kiefernnadeln. Andere Farmer, die vorbeifuhren und sahen, wie Samuel vertrocknetes Pflanzenmaterial auf gutem Mutterboden verteilte, glaubten, er hätte nun endgültig den Verstand verloren. Die Männer hatten so ein Feld noch nie gesehen, aber für Samuel sah es vielversprechend aus.
    Am Montagmorgen der zweiten Märzwoche betrat Calvin Furlough, der zwar kein Farmer war, aber zu allem eine Meinung hatte, den Laden und sagte zu Calla, er würde sich Sorgen um Samuel machen.
    »Du machst dir keine Sorgen um Samuel«, sagte Calla, »sondern um Willadee. Warum gehst du nicht nach Hause und kümmerst dich um Donna?«
    Donna war Calvins Frau. Es stimmte, dass er sich viel zu wenig um sie kümmerte, und alle wussten das.
    »Donna geht es gut«, sagte er. »Ich hab ihr gerade einen neuen Chevy gekauft.« Mit »neu« meinte er, dass sie ihn zuvor noch nie gesehen hatte. Calvin verstand sich gut darauf, kaputte Autos zu kaufen und sie zu reparieren. Donna brauchte sich nur umzudrehen, und schon stand wieder ein neues Auto für sie da, in dessen Fenster allerdings auch immer ein Schild prangte: »Zu verkaufen«.
    »Siehst du, und Samuel geht es auch gut«, erklärte Calla ihm. Sie hatte Calvin Furlough noch nie besonders gemocht.
    »Aber er benimmt sich wie ein Verrückter. Was genau macht er eigentlich da draußen?«
    »Das wirst du schon sehen, wenn’s so weit ist«, sagte Calla.
    Doch Calvin war nicht der Einzige, der im Laden auftauchte und Fragen stellte. Noch am gleichen Tag kam Ras Ballenger vorbei und fragte nach Blade.
    »Es ist wirklich hart für seine Mama und für mich«, sagte er mit gequälter Stimme, »dass er hier und nicht bei uns zu Hause wohnt. Aber wenn er hier bleiben möchte, dann soll es wohl so sein. Zumindest wissen wir, dass sich gut um ihn gekümmert wird.«
    Calla beteuerte, Blade würde ihnen keine Arbeit machen. Alle würden sich freuen, dass der Junge hier war. Daraufhin erklärte Ras, wie erleichtert er darüber sei, denn er wolle ja schließlich nicht, dass jemand von seinem Fleisch und Blut anderen zur Last fiele, und er wisse ja, dass Blade manchmal recht schwierig sein könne.
    »Zuletzt konnten wir ihn kaum noch davon abhalten wegzulaufen«, sagte er. »Das hat er hier doch nicht etwa auch schon versucht?«
    »Nein«, sagte Calla. »Er scheint hier ganz zufrieden zu sein.«
    Ras nickte demütig, als wollte er andeuten, dass ihm die ganze Sache ein schlechtes Gewissen bereite, aber das sei wohl sein Schicksal. »Sie brauchen ihm nicht zu sagen, dass ich hier war«, sagte er im Hinausgehen.
    Keine Sorge, das werde ich bestimmt nicht tun , dachte Calla.
    Sie hatte keine Ahnung, wieso Ras Ballenger nach so vielen Monaten in ihren Laden kam und so tat, als würde er sich Sorgen um seinen Sohn machen. Eher hätte sie damit gerechnet, dass irgendwann die Mutter heulend auftauchen und den Jungen anflehen würde, mit ihr nach Hause zu kommen, oder sie ihn sich einfach schnappen und mitnehmen würde. Als Callas Kinder klein waren, hätten sie ohne Erlaubnis nicht einmal eine Nacht woanders verbringen dürfen. Allerdings hätte sie auch nie und nimmer zu einem Mann gestanden, der ein Kind verletzte. Hätte John Moses einem ihrer Kinder mit der Bullenpeitsche ein Auge ausgeschlagen,

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